Monday, May 30, 2011

The Descent: Part 2, Jon Harris, GB

Für das Genrefilmpublikum ist das Sequel nur ein Sonderfall einer allgemeinen Regel: es hat immer einen vorherigen Film gegeben, immer ein vorheriges Monster, immer vorheriges Blut, vorherigen Schrecken, vorherige Angst. Trotzdem geht man wieder ins Kino (oder wie in diesem Fall: legt eine neue Bluray ein und verdunkelt das Zimmer). Was zuerst nach einem easy paycheck für einen faulen Drehbuchschreiber aussieht, ist vielleicht eher eine Reflektion auf diese Situation: Die eine Frau, die mit Müh und Not dem Höhlensystem und ihren untoten Verfolgern entkommen ist (wobei der erste Teil eher ambivalent war, was das Entkommen angeht), leidet unter Amnesie und wird gleich im Krankenhaus zwangsrekrutiert, wird wieder unter die Erde geschickt, mit einigen Helfern, schließlich könnte es weitere Überlebende geben. Das funktioniert großartig: eine Hauptfigur, die schon von Anfang an völlig verängstigt, traumatisiert ist, die hinter jeder Ecke einen neuen Schrecken vermutet, ohne genau zu wissen, worin der bestehen könnte und die dann gleichzeitig von ihrer Erinnerung und von der realen Wiederkehr der Monstren heimgesucht wird. Auch in anderer Weise schreibt der Film seinen Vorgänger direkt in sich ein (stellt sich selbst dadurch offensiv als abgeleitet, als bloßen Nachhall aus): Andere Mitglieder der Expedition finden eine Videokamera, auf der Szenen der vorherigen Attacke aufgezeichnet sind, sie erschauern doppelt, vor dem Filmbild und vor dessen Materialisierung. The Descent: Part 2 ist ein Film, der sich seine eigene Nachträglichkeit als ästhetisches Prinzip setzt (zumindest in der ersten Stunde, danach will er selbst eine Geschichte erzählen, das ist, wiewohl weiterhin effektiv, weit weniger interessant). Die einzelnen Mitglieder der Expedition sind bald in alle Himmelsrichtungen verstreut, allein in engen Gängen, werden heimgesucht von etwas, das gleichzeitig inner- und außerhalb des Films bleibt, sie sind doppelt gefangen, in einem anderen Film und in ihrem eigenen. Ein sonderbares Halbdunkel, das Orientierung nicht ganz verunmöglicht, aber doch demobilisierend wirkt, prägt The Descent: Part 2 in visueller Hinsicht; eine Ausleuchtung wie im Kinosaal, da ist die einzig relevante Lichtquelle das Leuchten der fiktionalen Welt, die doch erst der Grund ist, sich von der realen abzusondern. Woher das Licht in The Descent: Part 2 kommt, vor dem sich bald schemenhaft die blinden Unholde abzeichnen, wie es sich in das düstere Höhlenlabyrinth verirrt hat, ist nicht immer ganz klar. Manchmal scheint es, als sei es das Licht des ersten Films selbst, das auf den Gesichtern und von den engen Wänden widerscheint.

Sunday, May 29, 2011

Sylvie, Klaus Lemke, 1973 (Filme gegen Deutschland 2)

Schon von Undercover Ibiza ziemlich begeistert gewesen vor ein paar Tagen, dann ein wenig genervt von Das Flittchen und der Totengäber (Wolfgang Fierek und Cleo Kretschmer wiederverheiraten sich in Vegas, aus der Lemke-Insiderperspektive hat das natürlich trotzdem was), jetzt mit einem unglaublichen Film zurück in die frühen Siebziger. Da ist noch alles möglich, es gibt schon die völlige Freiheit und Offenheit, das Unbehauene im Schauspiel der späteren Filme, aber gleichzeitig gibt es auch noch echte Kinoträume im Fernsehen, vor allem ein Fotoshooting auf dem World Trade Center, wahnwitzige Hubschrauberaufnahmen drehen sich an Sylvie und den Fotografen heran, die trotzdem winzig klein bleiben vor der Weltstadtkulisse; so etwas habe ich in einem deutschen Film noch nie gesehen und überhaupt, die ersten zehn Filmminuten in New York: ein reines Delirium, nach dem Shoot geht es mitten rein in die Straßen, ein schwarzer Prediger wird verhaftet, dazwischen posiert schon wieder Sylvie, nicht mehr auszumachen, was da los ist, was inszeniert ist und was nicht, ob es da überhaupt noch eine Instanz Regie gibt, oder ob das nur noch ein paar Verrückte sind, von denen einer zufällig eine Kamera dabei hat (Lothar E. Stickelbrucks dreht heute u.a. Forsthaus Falkenau). Etwas später in der U-Bahn fast wieder etwas zuviel "echtes Kino", stilisierte Großaufnahmen, im Hintergrund rauscht unscharf die U-Bahn durch, so etwas hat Lemke später nicht ganz zu Unrecht aus seinem Repertoire verbannt. Aber trotzdem ist es schön, dass es hier noch einen direkten Bezug zur Cinephilie der Sechziger gibt, zu Filmen wie Strategen, 48 Stunden bis Acapulco, Thomes Rote Sonne.
Sylvie Winter und Paul Lys (aus Paul und Rocker) spielen so etwas ähnliches wie sich selbst, sie tragen die eigenen Vornamen und werden auseinander und aus ihren jeweiligen wilden Erzählungen und Geständnissen nie so recht schlau. Beide bekommen gelegentlich in Voice-Over-Kommentaren zu Wort, aber es ist nicht etwa so, dass sie dann zu einer überlegenen Perspektive fänden, das bleibt alles genau so unsicher und tastend. Einmal beobachtet Paul Sylvie während eines Fotoshootings (mehrere Shootings gibt es im Film, eines aggressiver als das andere, eines geht beinahe in eine Vergewaltigung über), man hält seine Stimme erst für einen Voice-Over, aber dann schwenkt die Kamera und man sieht, dass er tatsächlich redet, halb vor sich hin, halb in Richtung Sylvie und Fotograf, derartige Überschreitungen gibt es immer wieder, nie geht es da um Distanznahme oder gar Verfremdung, es gibt einfach eine Energie in diesem Paul, die irgendwohin muss, die sich nicht in klassische, auf Zurückhaltung, Aufschub ausgerichtete Szenenauflösungen kanalisieren lassen kann (Sylvie dagegen kann auch mal eine ganze Weile still stehen und von der Großaufnahme beobachtet werden, sie gehorcht da aber auch keiner Drehbuchökonomie, es sind einfach nur Pausen, die als Pausen schön und richtig sind oder gar nicht).
Der Film ist zu diesem Zeitpunkt schon längst wieder in Deutschland, aber auch da kommen Sylvie und Paul nie zur Ruhe, es geht von Hamburg nach Frankfurt und München und wieder zurück, fast ausschließlich spielt Sylvie auf Flughäfen (Paul mit winzigem Blumenstrauß), in Zügen (Sylvie schaut in die Abteile, entgegen blickt ihr bundesdeutsche Spießigkeit, genauer gesagt blickt diese gerade nicht entgegen, sie schaut auf den Boden, zur Seite, weg von der Kamera, weg vom Kino, in dem sie nichts zu suchen hat), in Taxis (eine Taxifahrt Hamburg-Frankfurt), in Hotelzimmern. Überall will der Film hin, nur nicht in die Wohnzimmer (Pauls Mutter ruft zwar an, aber der Film folgt ihm nicht beim Besuch), das ewige und unbedingte Unbehagen am Hier und Jetzt, der ungeordnete, unberechenbare, ganz und gar vortheoretische Widerstand gegen die erdrückende Macht des Faktischen (die in den Eisenbahnwagons lauert) ist die einzige Form von Kritik, die diesem Film zugänglich ist und vielleicht auch die einzige, die mich voll und ganz mitnimmt. Keine Haltung eines Autoren ist das, die sich da durchdrückt, keine Position, eher steckt ein Ungenügen in den Bildern selbst und treibt sie an; keine existenzielle Verzweiflung auch in den Figuren, schon weil: Frankfurter Würstchen zum Beispiel gibt es wirklich (wenn auch nicht im Luxushotel) und sie schmecken gut; aber das kann nicht alles gewesen sein. Dann fährt man eben woanders hin, mit dem Zug, mit dem Taxi, am Ende mit dem Schiff und man fühlt sich dabei vorsichtig in Hollywoodmelodramen hinein, kuschelt sich im Schlafwagen sanft aneinander, auch wenn der Schaffner schon mehrmals an der Abteiltür geklopft hat. Die Abschiedstränen am Ende wären auch noch als falsche echter als das Leben, das jenseits des von Kinobildern heimgesuchten ewigen Transitraums wartet.
Die schönste Szene spielt aber noch in New York. Sylvie lässt sich von Paul anrufen (der Anruf kostet 80 DM, genau so viel, wie Paul an einem Tag als Taxifahrer verdient), sie reden ein bisschen miteinander, fordern sich gegenseitig auf, zu reden, den Anfang zu machen, eine Beziehung zu gründen auf nichts als diesem einen Anruf, den beiden Stimmen und dem Geld, das mit jeder Sekunde Sprechen anfällt. Am Ende des Gesprächs hält Sylvie den Telefonhörer aus dem Fenster in die Straßen New Yorks: "Das ist hier wie im Krieg!". So funktioniert Liebe im Lemke-Kino. Sie gibt den Hörer frei, überantwortet ihren Liebsten dem aufregenden Lärm, ermöglicht ihm für einen Moment eine ungerichtete, völlig freie Erfahrung.


Saturday, May 28, 2011

Ip Man & Ip Man 2, Wilson Yip, 2008 & 2010

Am Ende des ersten Films stehen Fotografien des realen Ip Man mit seinem Schüler Bruce Lee, am Ende des zweiten nimmt der Lehrer den jungen Lee unter seine Fittiche. Wenn der dritte Film die Geschichte fortgesetzt hätte (anstatt sich in die Sicherheit der Geschichte und das Prequel zu flüchten), wären die Produzenten vor der schwierigen Aufgabe gestanden, die Rolle des erwachsenen Bruce Lee zu casten. Da wäre es dann nicht nur um Ähnlichkeit gegangen, schon deshalb nicht, weil Kampfsport zunächst Körpertechnik ist, vor allem aber, weil so etwas automatisch die Behauptung eines Erbschaftsantritts nach sich gezogen hätte. Bruce Lee ist nicht nur Teil des Mythos des Martial-Arts-Kinos, sondern, nicht nur aufgrund seiner Lehrjahre bei Ip Man, auch Teil des Mythos, den dieses Kino verhandelt. Man kann das mit einem anderen Genre vergleichen, das, zumindest in seiner klassischen Phase, an einem Mythos partizipiert hat: die ersten Western (die den offiziellen Beginn des Kinos ein Jahr zuvorkamen), waren dokumentarische Aufnahmen der Buffalo Bill Wild West Show, auch da gab es einen direkten Kontakt, freilich einige Jahrzehnte früher (und Buffalo Bill selbst wurde, was ja durchaus möglich gewesen wäre, in seinen letzten Lebensjahren nicht zum Filmstar). Inzwischen ist sich natürlich auch das Martial-Arts-Kino selbst Mythos genug. Im zweiten Film gibt es ein Duell zwischen Donnie Yen und Sammo Hung, da wird so viel Genrefilmgeschichte aufgerufen, dass ein "unreiner Filmstar" wie Bruce Lee selbst als Fiktionalisierung nur stören würde. Mit Wong Kar-wais The Grandmaster wird Ip Man vermutlich demnächst endgültig in der posthistoire eingemeindet werden.
Die Filme selber, im Grunde beides patriotische Rührstücke, sind unterhaltsam, aber etwas steif. Wie gemächlich Wilson Yip inszeniert, bemerkt man vor allem, wenn man zum Vergleich das dynamische Prequel Ip Man Zero ansieht, dessen Regisseur Herman Yau zwar auch kein Meister ist (Anmerkung Jahre später: ist er doch), aber zumindest mit historischen Settings um einiges mehr anfangen zu können scheint. Die Kämpfe selber sind von Sammo Hung choreografiert und dementsprechend toll, es gibt eine sehr genaue Idee davon, wie Körper durch antrainierte Bewegungsfolgen mobilisiert werden, wie sie bestimmte Situationen sozusagen durch Selbstformalisierung (abrollen nach bestimmten Mustern etc) meistern. Allerdings sind fast alle Kämpfe als Wettkämpfe angelegt: zu Beginn wird festgelegt, wer wo gegen wen kämpft und welche Waffen verwendet werden. Überschreitungen dieser Ordnung gibt es nur selten.

Tuesday, May 24, 2011

Die Siedler (Erinnerte Computerspiele 1)

Das Deutsche am Deutschtum kann man durchaus bestimmen (zum Beispiel als einen Traditionszusammenhang und den spezifischen Modus seiner Aktualisierung, wobei letzterer möglicherweise das größere Problem darstellt); aber was ist das Tümelnde am Deutschtum? Vielleicht zeigt es sich in der deutschen Computerspielserie Die Siedler als "Wuseln". Das "Wuseln" auf dem Bildschirm, von dem damals die Computerspielkritik sehr angetan war und das unbestritten ästhetischen Reiz hat, ist kein ungeordnetes, auch kein kreatives Chaos, sondern Effekt einer wohlgeordneten Strukturierung. Das gilt in mancher Hinsicht für alle Strategiespiele, schon wegen des zugrundeliegenden Codes, doch Die Siedler weißt einige Besonderheiten auf. Zum einen sind die Spielfiguren ganz eindeutig zunächst als Menschen ausgewiesen, erst hinterher werden sie ausdifferenziert und verschiedenen zivilen und militärischen Berufungen zugeführt. Nicht einfach Spiel-, sondern Menschenmaterial ist verfügbar. Zum anderen gibt es allerdings eine spezifische Form der Verfügbarkeit. Man kann die Figuren (mit Ausnahme der Militärs in Die Siedler 3, spätere Versionen kenne ich nicht) nicht direkt anwählen und steuern. Die Figuren werden als Menschen, aber nicht als Individuen gedacht, unter anderem fällt dadurch die identifizierende Rückmeldung ("Yes, Sir!", "Zu Befehl") weg, die viele Echtzeitstrategiespiele prägt. Statt dessen werden die Figuren anhand einer manipulierbaren Prioritätenliste einzelnen Funktionen zugewiesen, denen sie dann vollautomatisch nachgehen. In Die Siedler 2 musste man den Figuren noch Wege bauen, im dritten Teil entstehen diese von alleine: oft begangene Strecken wechseln durch Abnutzung ihre Farbe und erleichtern damit ihre eigene Benutzung. Ein selbstverstärkendes System.
Die Eigenart des "Wuselns" liegt in dieser Doppelfigur: unbedingte, auf cuteness ausgelegte Vermenschlichung der Figuren auf der einen Seite, komplette Entsubjetivierung der Figuren durch indirekte Steuerung auf der anderen. Der Siedler-Spieler verfügt über Menschen, aber er spricht sie nicht an, muss sich nie vor einem (und sei es noch so fiktiven) Individuum rechtfertigen; statt dessen lässt er die Gesamtheit der Figuren zu dem volksgemeinschaftlich wuselnden Ornament werden, das dem Deutschtum als Projektionsfläche zugehörig ist (gut, über den letzten Punkt muss ich mir wohl noch einmal genauer Gedanken machen).
(Das exakte Gegenteil wäre die großartige Civilizations-Reihe, die auf der Ebene der Systemelemente vom Menschen radikal abstrahiert, aber jedes einzelne Element dem Spieler direkt - und eben auch nicht in der immer grenzfaschistischen Echtzeit, sondern mit der Möglichkeit der Reflektion des rundenbasierten Strategiespiels - unterstellt.)

Sunday, May 22, 2011

Low Heights, Ebrahim Hatamikia, 2002

Populäres Kino aus dem Iran: Es geht nicht um Neorealismus und Selbstreflexion, sondern um gut geöltes, intelligent aufbereitetes Entertainment mit politischen Untertönen. Ein Mann wird von Frau und Kind am Flughafen erwartet. Als er eine Waffe am Körper des Kindes verstecken möchte, um die Sicherheitsvorkehrungen zu umkehren, reagiert die Frau panisch und verspricht, die Waffe selbst mitzunehmen. Als sie sich samt weiterer Verwandschaft zum Gate bewegen schwenkt die Kamera auf einen Fernseher: die kollabierenden Türme des World Trade Center in New York, Low Heights spielt am 11.9.2001. Bis auf diese Anfangsszenen situiert sich der gesamte Film im Flugzeug. Der Protagonist möchte den Iran in Richtung Dubai verlassen, er entführt den Flieger, ein krankhaft nationalistischer Sicherheitsbeamte macht ihm zu schaffen, die Lage eskaliert, die Machtverhältnisse wechseln mehrmals, es geht auf engem Raum hoch her. Der Film basiert auf dem ersten verfilmten Drehbuch Asghar Farhadis. Noch stärker als in den Farhadis Regiearbeiten merkt man dem vom Routinier Ebrahim Hatamikia inszenierten Werk an, dass der Autor über das populäre Theater und das Fernsehen zum Kino gekommen ist. Das Setting ist unmittelbar Bühnenartig, die Regie geht konventionell vor, hat aber ein gutes Auge gleichzeitig für soziologische Details und melodramatische Zuspitzungen. Ein auch in seiner boulevardesken Überzeichnung durchaus ambitioniertes Gesellschaftspanorama, das dessen räumlicher Logik Dank der exakten historischen Datierung um eine interessante Verzeitlichung ergänzt.
Farhadi ist ein sonderbarer Fall: ohne Zweifel ein guter Regisseur (auch ein besserer als Hatamikia) und ganz offensichtlich auch ein guter Drehbuchautor. Nur: Wenn er beides vereint, passt alles nicht so recht zusammen, die Bilder verlangen nach offeneren Büchern (Fireworks Wednesdays wagte sich in die richtige Richtung, die beiden neuesten Filme leider ganz und gar nicht mehr), die Bücher nach formalisierterer Mise-en-scene (wie in Low Heights, wo die Kamera über weite Strecken einfach im Mittelgang des Flugzeugs steht und wo dann immer mal wieder um 180° geschnitten wird; alle anderen Einstellungen leiten sich von dieser Achse ab).
Die DVD steht demnächst im Videodrom.

Friday, May 20, 2011

Noch ein Moment in Nestlers Ödenwaldstetten:

Die Frau in der Flaschenfabrik am Fließband. Die Flaschen ziehen vor ihrem Gesicht (vor ihren Augen) vorbei, das Fließband zerlegt den Film wieder in die Einzelbildfolge, aus der er besteht.



Gleich die nächste Einstellung: nur noch die Flaschen vor weißem Hintergrund, die Frau wurde geframt und dann entfernt. Die Kamera kann (wenn sie nicht lügen will) nicht anders, als zur Komplizin der Entfremdung zu werden.

Wednesday, May 18, 2011

Ödenwaldstetten, Peter Nestler, 1964 (Filme gegen Deutschland 1)

Ödenwaldstetten liegt 30 Autominuten von Reutlingen entfernt in der Schwäbischen Alb, lerne ich. Auf google maps finden sich einige Fotografien, auf denen man zumindest den Kirchturm wiederfinden kann, der auch im Film zu sehen ist. Außerdem gibt es zwei Aufnahmen eines Gebäudekomplexes, das traditionell-bäuerlich geprägte Architektur (funktional noch in dem Sinne, dass die Gebäudebestandteile tatsächlichen, lebenswirklichen Funktionen zugeordnet sind) und die im banaleren Sinne funktionale (=möglichst unspezifische) Bauweise der Gegenwart vereint. Das Alte ist nur noch als Pittoreskes vorhanden bzw auch nur als soches vorstellbar (das zeigen die Kommentare zu den Fotos auf google maps), hat keinen Gebrauchs-, nur noch Ausstellungswert; tatsächlich steht heute in Ödenwaldstetten ein Bauernhausmuseum. Heute müsste man, das suggeriert das google-maps-Bild, das ist aber auch meine eigene Erfahrung, wenn ich derartige Orte besuche, tatsächlich Archäologie betreiben, wollte man in der materiellen Welt der Gegenwart etwas von dem wiederfinden, was Peter Nestler 1964 auf 16mm-Material festgehalten hat. Nach meiner Erinnerung war das noch in den Achtziger Jahren etwas anders; einen mir wichtigen Zugang zum Film finde ich über diese Achtziger Jahre, über die Erinnerung an Sommer- und sonstige Ferien, die ich damals in einem anderen, aber in vieler Hinsicht ähnlichen Dorf bei meinen Großeltern verbracht habe (und genau in den Achtziger Jahren, genauer 1986, also ungefähr zu dem Zeitpunkt meiner frühesten bewussten Erinnerungen, hat Nestler eine Fortsetzung gedreht: Ödenwaldstetten 2, irgendwann werde ich mir den Film anschauen müssen, im Moment habe ich fast Angst vor ihm). Natürlich hatte das Dorf in den zwei Jahrzehnten seit den Sechzigern, analog zu Ödenwaldstetten und gemäß dem Untertitel des Nestler-Films, sein Gesicht massiv verändert. Keine Gemeindebäckerei mit Holzofen mehr, keine Lastpferde, keine Gemeindeschule. Aber es gab damals noch: die Milchkannen, die alten Traktoren, die Sensen, die Scheunen (genau diese Scheunen), die hölzernen Gartenzäune.
Und es beschränkt sich nicht auf die bloßen Verbindungslinien, die die Erinnerung erzeugt. Der Film trifft mich auch als Erkenntnis, dass ich vom Dargestellten lediglich eineinhalb Generationen entfernt bin und zwar sowohl "historisch" betrachtet (also wie jeder andere Bewohner dieses Landes meines Alters), als auch in Bezug auf meine eigene Familiengeschichte. In den spielenden Mädchen (in allen, aber dann wieder in jedem Einzelnen, in jeder Frisur und in jedem Kleid, auch in dem zielgerichteten Ehreiz, der sich in den wilden Bewegungsdrang mischt - und dann, aber erst auf den zweiten Blick, in manchen mehr als in anderen) erkenne ich meine Mutter wieder. (Und großartig ist dieses Kinderspiel gefilmt, es wird nie so ganz klar, wie das Geschlechterverhältnis aufgelöst ist, ob die Jungs gemeinsam mit den Mädchen spielen, oder ob es eine Trennung gibt, es scheint, als würden da gerade Grenzziehungen neu ausgehandelt). Vermittelt über Familienfotos ist mein Erkennen, natürlich, trotzdem hat das Wiedererkennen eine derart unmittelbare Evidenz, dass es da nicht nur um piktoriale Ähnlichkeit gehen kann, da spielen auch meine eigenen Erfahrungen bestimmter Orte und Situationen eine Rolle (als ein "elastisches Gewebe, das sich nur langsam ändert" beschreibt Kracauer bestimmte Dimensionen des Alltagslebens, in Filmen wie dem Nestlers, kann man, glaube ich, die spezielle Zeitlichkeit dieses Gewebes sehr direkt erfahren).
Die Erfahrungsdimensionen (das Brot im Holzofen), die der Film erschließt, sind Vorbedingungen für alle Diskursivierungen, ja schon für die starke Formung, der Nestler sein Material unterwirft. Ob sich das eine organisch aus dem anderen ergibt, der Diskurs aus der Erfahrung,ist eine andere Frage, vielleicht keine besonders wichtige, weil eine zu ungenaue. Ob es das überhaupt tun sollte, wäre eine dritte, vielleicht eine wichtigere, aber ein Film alleine kann darauf keine Antwort geben. In Ödenwaldstetten weichen die dialektgefärbten Bauernstimmen mehr und mehr der hochdeutsch artikulierten Sprecherstimme (wobei Reste des Dialekts mitgenommen, aber sozusagen lexikalisiert werden, als bloße Silbenauslassungen zum Beispiel, die nicht mehr Sprache-als-sedimentierte-Erfahrung sind), es gibt noch genug Wirklichkeit in den Bildern, aber keinen zwingenden (nicht-zeichenhaften) Zusammenhang mehr zwischen Sprache, Arbeit und Welt. Später fällt ein einfacher Satz: "Kehren tut man nur am Samstag, damit's am Sonntag sauber aussieht" direkt nach Aufnahmen jüdischer Grabsteine und gnadenlosen Ton-Bild-Verschränkungen, die die Präsenz des Holocausts in der Schwäbischen Alb der Sechziger verorten. Der Satz ist auch deshalb so hart, weil er von Aufnahmen fegender Hausfrauen begleitet ist und weil es da nicht um eine zynische Pointe geht, sondern um eine Metapher, die sich der Kamera sozusagen von selbst darbietet. Ähnliches gilt für die Schlusseinstellung und den Satz, der sie begleitet.
(Verbindungen sehe ich zu dem gleichermaßen großartigen Cheyenne Autumn: John Ford findet psychotische Massenmörder am Ort der Tradition und zwar genau in dem Moment, in dem dieselbe - als historische, aber auch als Genretradition - aufbricht. Trotzdem benötigt er erst einmal Bilder von sinnlicher Erfahrung, von Gemeinschaft, von gelebtem Leben, auch deshalb gibt es diese ausführliche, mit dem Rest der Handlung nicht tonal und nicht narrativ kompatible Wyatt-Earp-Sequenz.)

Wednesday, May 11, 2011

Genesung, Konrad Wolf, 1956

Der Zigarettenrauch im Bildvordergrund; der Lokomotivendampf im Bildhintergrund; der Weichzeichner über dem Bild; die anschwellende Musik hinter dem Bild; der Wellenschlag in den Montagesequenzen zwischen den (erzählenden) Bildern; der Pathos des plötzlich eingeschobenen subjektiven Bildes: nichts davon ist bloßer Exzess, bloße Manipulation eines basalen, narrativ ausformulierten Bildrealismus. Genau anders herum: Die melodramatischen Gesten sind das Eigentliche dieses Films, sie zerren von allen Seiten nicht nur an den ideologischen Elementen des Arzt-Weltkriegs-Wiederaufbaudramas, sondern auch an den spröden, nüchternen Ursache-Wirkungs-Prinzipien der Spielhandlung insgesamt. Der Plot braucht viele Handlungsorte, der Films selber eigentlich sehr viel weniger (und es sind dann nur noch Orte, keine Handlungsorte mehr): das Krankenhausbett, in dem der Nebenbuhler dahin siecht als Ort der moralischen Entscheidung, den Bahnhof und den davonfahrenden Zug als Antriebskraft und Schaltzentrale, das schäumende Meer als innere Landschaft. (Manchmal schneidet Wolf auf den bewölkten Himmel, das wäre dann ein vierter, ein metaphysischer Ort.) Vielleicht muss man, um diesen Film, an dem manches öde ist, richtig gut finden zu können, seine Aufmerksamkeit auch einmal gezielt abschweifen lassen, dem Film dabei helfen, sein vermeintliches Gerüst zu vernachlässigen; man kann dann, mit einem zweiten Blick, der nicht auf das Werk als Ganzes, sondern auf einzelne Intensitäten, Bewegungen und Stillstellungen ausgerichtet ist, umso mehr finden, in, zwischen und neben den Bildern.

Thursday, May 05, 2011

Suit Yourself or Shoot Yourself 1-6, Kiyoshi Kurosawa, Japan

Yuji (mit Mütze; ernsthaft; moralisch; bereit, sich zu verlieben; gespielt von Sho Aikawa, der zuletzt für Miike den "Zebraman" gab) und Kosaku (ohne Mütze; spontan; sprunghaft; zu jedem Blödsinn bereit) hängen irgendwo im urbanen Nirgendwo ab (immer wieder dieselben engen Gassen, dieselben Autobrücken, dieselben anonymen Hochhäuser im Hintergrund, dieselbe gezähmte Natur in denselben komplett duchgeplanten Parks). Die beiden sind Schuldeneintreiber, ihre Auftraggeber (ein Mann in wacky Kleidung, eine unnahbare Frau) tauchen immer und ausschließlich in einer düsteren Kneipe auf.
Sechs Filme lang begleitet Kiyoshi Kurosawa Yuji und Kosaku, sechs mal 80 sind 480 Minuten, ungefähr die Länge einer Quality-TV-Staffel auf einem Kabel/Pay-TV-Sender. Die Suit Yourself or Shoot Yourself-Serie ist allerdings an einem ganz anderen Ort entstanden, im V-Cinema, dem japanischen Äquivalent zum amerikanischen Direct-to-DVD Markt. In den Neunzigern wurde im V-Cinema noch auf 16mm gedreht, auch wenn die einzige derzeit auffindbare Version der Filme vermutlich aus einem VHS-Transfer stammt, sehen die Bilder nach Kino aus. Die Filme, entstanden in dichter Folge zwischen Mitte 1995 und Mitte 1996, hatten denn auch tatsächlich kleine Kinostarts.
Die Ausgangssituation ist in jedem Film identisch: Yuji sitzt in aller Ruhe in oder vor der gemeinsamen Wohnung, Kosaku kommt angerannt, scheucht ihn auf, aktiviert ihn; ein exaktes Ziel, oder gar ein Plan, um dasselbe zu erreichen, hat er nicht, all das ist Yujis Aufgabe (wobei auch Yuji ungern um mehr als zwei Ecken herum denkt). Der durchgeknallte, völlig unreflektierte Kosaku liefert die Grundenergie, den puren Bewegungsdrang. Schon in diesen ersten Einstellungen, die von der eingängigen Titelmusik, komponiert vom deutschen Musiker Torsten Rasch, unterlegt sind, schlägt das strukturalistische Konstruktionsprinzip dieser Filme, die alles mögliche sind, aber sicherlich keine naiven B-Movies, durch: Das Framing dieser ersten Einstellung ist jeweils in zwei aufeinanderfolgenden Episoden (also 1/2, 3/4, 5/6) identisch. (In den ersten beiden Episoden sind auch die Schlusseinstellungen identisch; das setzt sich dann aber nicht fort.)
Die Geschichten, in die die beiden geraten, entwickeln sich nicht geradlinig entlang einer Dreiaktstruktur, eher anhand struktureller Pattern, Wiederholungen und Variationen. In manchen Episoden ist ein Thema vorgegeben ("Glück / Pech", "Schatzsuche"), andere organisieren sich anhand fast abstrakter mathematischer Muster (insbesondere die grandiose Nummer fünf "The Nouveau Riche": aus einem Beutel Heroin werden zehn, die alle in eine Tüte passen; aus einer Tüte werden zehn, die wiederum alle in einen Kofferraum passen; dann schrumpfen die 100 Beutel wieder auf einen einzigen zusammen). Im Zuge dieser, aller Mathematik zum Trotz, ganz und gar nicht berechenbaren Erzählungen, stößt zu den beiden jeweils mindestens eine Frau, in die sich mindestens Yuji auch prompt verliebt. Die Männer, die im Schlepptau der Frau auftauchen, sind meist noch derangiertere Gestalten als Yuji und Kosaku.
Auffällig ist, dass in fast jedem Film die Idee auftaucht, Japan - oder zumindest die japanische Großstadt - zu verlassen. Der gesamte zweite Teil dreht sich um eine geplante Emigration nach Australien, aber auch in den anderen Episoden zieht es die Hauptfiguren nach Russland, in die USA, nach Okinawa etc. Das Verschrobene an den Figuren ist nicht nur Effekt, sondern verbunden mit einer tiefen Unzufriedenheit mit der eigenen Biografie sowie im weiteren Sinne mit der Gegenwart, über die sich die Filme keine Illusionen machen: Die Frau, in die sich in der ersten Episode ausnahmsweise gleich beide Freunde verlieben ist Kindergärtnerin; mit unschuldiger Mine erklärt sie Yuji ihre Erziehungsphilosophie. Kinder sind nicht unschuldig und rein, sondern selbstsüchtig und böse, sie müssen "trainiert" werden, wie Hunde. Später beobachtet der Film die Abrichtung, als fröhliches Kinderspiel.
Kurosawa lässt seinem Cast viel Raum für stets etwas derangiert anmutende Interaktionen, die Kamera hält gerne Abstand, einzelne Einstellungen dauern schon einmal mehrere Minuten lang; tote Zeit gibt es freilich nicht, irgendetwas passiert immer. Immer wieder tauchen Dreiecksvariationen auf: zwei Figuren auf einer Linie in gleicher Entfernung zur Kamera, ein dritter zwischen ihnen in Bewegung. Besonders in Innenräumen schichtet Kurosawa das Bild, im Vordergrund eine Personengruppe, im Hintergrund, in einem anderen Zimmer, gefilmt durch eine Schiebetür, eine zweite. Insbesondere, wenn man die Filme mit kurzen Abständen hintereinander weg schaut, bemerkt man, wie derartige Anordnungen und geometrische Muster die Filme vorantreiben und organisieren, wie die Handlungslogik sich direkt und ausschließlich aus ihrer Verräumlichung ergibt.












Verkauft wurde Suit Yourself or Shoot Yourself vermutlich als Yakuza-Serie, mit den Genrevorgängern von Fukazaku bis Kitano haben diese avandgardistischen Slacker-Komödien allerdings nicht das Geringste zu tun, die entsprechenden Schauwerte tauchen höchstens in homöopathischen Dosen auf. Es ist erstaunlich, wieviel Freiheit die Low-Budget-Produktionslandschaft für diejenigen Regisseure gewähren kann, die wissen, wie man mit ihr umgeht. Ich kenne wenig Vergleichbares und das wenige kommt meistens ebenfalls aus Japan, für einiges davon zeichnet ebenfalls Kiyoshi Kurosawa verantwortlich (u.a. das Yakuza-Diptych Eyes of the Spider / Serpent's Path sowie den experimentellen Pinku The Excitement of Do-Re-Mi-Fa Girl, dessen Misserfolg allerdings ein paar Jahre berufliche Zwangspause zur Folge hatte). Endgültig alle Erwartungen sprengt die letzte Episode ("The Hero"). Die erste Hälfte verläuft mehr oder weniger wie die anderen fünf, nur, dass sich um die beiden prekären Existenzen Yuji und Kosaku herum zum ersten Mal etwas ähnliches wie eine sozial ausdifferenzierte community sichtbar wird. Ohne Vorankündigung verwandelt sich der Film in seiner zweiten Hälfte in eine abstrakte Agitprop-Dystopie, die spätindustrielle Brache hat sich in einen Polizeistaat verwandelt, die Slacker in Rebellen, aus heiterem Himmel tauchen Godardsche Zwischentitel auf. Im revolutionären Nebel, der, wenn er sich lichtet, vermutlich eine von Grund auf neue Welt zum Vorschien bringen wird, endet eine der außergewöhnlichsten Filmserien, die ich kenne.

Wednesday, May 04, 2011

Step Up 3D, Jon Chu, 2010

"You're a filmmaker!" sagt Natali zu Luke, als sie sieht, wie der an seinem Laptop Tanzvideoclips mithilfe stylischer Videoschnittechnik ineinander schraubt. Und natürlich hat sie recht. Jon Chu (Step Up 2: The Streets, Step Up 3D, Justin Bieber: Never Say Never) ist ein "filmmaker", warum also soll nicht auch der "Tänzer" Luke einer werden. Ein wenig später gelingt ihr der endgültige Beweis: Ein Flyer des UCLA-Filmprogramms ziert ein schicker Jungregisseur mit Kamera im Anschlag. "Look at that, he looks almost like You!". Damit ist alles klar; Luke verlässt die drecken Straßen New Yorks und bricht am Ende des Films auf in Richtung LA, wird filmmaker. Because they all look alike, anyway.
Dass die Karriereplanung durch die Ähnlichkeit mit einem Werbefoto determiniert und dann nicht mehr hinterfragbar ist, passt sehr gut in diesen Film. Die zweite Hauptfigur neben Luke ist ein College-Freshman namens, auch das denke ich mir nicht aus: Moose. Moose ist auf der Welt, um ihre bunteren Betandteile awesome zu finden, er gerät auf dem ersten Gang über das Campus in ein dance battle (awesome) und bleibt darin einen Film lang stecken. Die Jugendfreundin, die er darüber vernachlässigt, kann ihm dies schon deshalb nicht übel nehmen, weil selbst sie erkennen kann, dass da keine Innerlichkeit ist, die es zu teilen gäbe.
Gesehen habe ich den Film als 3D-Blu-Ray. In diesem Modus wird der Film endgültig zum antihumanistischen Pamphlet. Die "Tanzszenen" möchte man so schon nicht mehr wirklich nennen, es sind halt choreografierte Bewegungen im Raum, aber bereits zu der Musik, die ihr unterlegt ist, haben sie nicht das geringste Verhältnis, schon gar nicht zu irgendeiner Idee von innerem Ausdruck, körperlicher Kommunikation oder Erotik. Die 3D Technik wird auf den Körper losgelassen und entmenschlicht ihn, absurd lange Gliedmaße recken sich Richtung Kamera und Zuschauer, Köpfe bouncen vom Körper weg, aus dem Fernseher heraus. Eher unbeholfen wirkt zwischendurch eine Hommage ans klassische Musical (genauer gesagt: an die Müllkorbdeckelnummer aus It's Always Fair Weather), viel wohler fühlt sich der Film bei seinen underground street battles; da beobachtet er eine Spezies, die ganz eine des Kinos ist.
Es lohnt sich doch immer wieder, ganz tief ins postmoderne Popkino hinein zu gehen, dahin, wo sich hinter den smarten, opportunistischen Hippster- und Nerdfilmen wieder naive Autorenpositionen formulieren (siehe auch: Resident Evil: Afterlife und Ninja Assassin). Jon Chu wird man im Auge behalten müssen, der Mann weiß, was er will und er findet sogar Raum für eine "filmtheoretische" Szene, in der er seinen Begriff von Kino vergegenständlicht. Ein romantisches Date auf einem Hausdach mit Blick über den East River auf New York. Beide stehen über einem Schacht, der heiße Luft nach oben bläst. Sie haben jeweils ein farbstoffgesättigtes Zuckergetränk in der hand und lassen die Flüssigkeit in die Höhe entschwinden. Da fließt dann pure Farbe aus Strohalmen, verharrt ein paar Augenblicke in der Schwebe und schwirrt dann in Richtung Himmel. Moose findet's awesome (oder war es Luke? Aber das ist nun wirklich völlig egal).