Ein Film über crippled america. Mir hat gefallen, dass es in diesem Fall nicht, wie zum Beispiel im kurz zuvor gesehenen Cutter's Way, ausschließlich das Vietnam-Trauma ist, das verkrüppelt. Statt dessen gibt es eine Kontinuität der Schmerzen, ein weit aufgefächtertes "Kino der Verletzten" (Peter Kern). Die Figuren in Donners Film haben ihre Wunden in ganz unterschiedlichen Jahrzehnten und auf ganz unterschiedlichen Schlachtfeldern erlitten; es gibt alte Männer, die möglicherweise Veteranen des zweiten Weltkriegs sind, es gibt eine heroinsüchtige junge Frau, der die Gegenkultur der Siebziger arg mitgespielt hat und die nun ihrerseits einen selbstmitleidigen verhinderten Basketballprofi heimsucht. Die Verletzung, die im Zentrum des Films steht, ist völlig kontextfrei. John Savages Selbstmordversuch gleich zu Beginn wird lange überhaupt nicht thematisiert, erst kurz vor Schluss kommt er selbst darauf zu sprechen und führt seine Handlung auf "eine Art Leere" zurück.
Am Anfang also geht der noch adrett frisierte Savage mit seltsam hart, paranoid schwingendem Schritt auf ein Hochhaus zu, er tritt ein, fährt mit dem Aufzug nach oben, springt (beziehungsweise, so zeigt es die Kamera: schwebt) herunter und überlebt mit Müh und Not. Den restlichen Film über hinkt er durch Los Angeles, während seine Frisur eine Typologie der 80ies-Matte erstellen zu versuchen scheint:
Wie an einigen anderen Filmen, die ich in den letzten Wochen für das 1980er-Projekt gesehen habe, gefällt mir auch an Inside Moves vielleicht in erster Linie eine Art Inkonsequenz. Der Film ist mal halb reflexiv gewordene Sozialromantik (in "Max's Bar", wo weite Teile des Films spielen, kann sich das auseinandergebrochene Amerika noch einmal versöhnen, aber nur für die Dauer von Frank Sinatras "Put Your Dreams Away"), mal doch wieder ganz klassische Aufsteiger/Durchhaltestory und irgendwann (genauer gesagt: ebenfalls zu "Put Your Dreams Away") beginnt dann aus heiterem Himmel eine Liebesgeschichte. Was an ihm stimmt, ist nicht eine Kritik an den Verhältnissen, die er leisten würde, sondern die Art, wie er sich einem Auseinanderfallen, einem schwer fassbaren Wegdriften von der geschlossenen Form und den unbedingten Sinnzuschreibungen der Gesellschaft ergibt.
Inside Moves ist konservativer (und besser) inszeniert als Roadie oder Caddyshack, aber der Film macht eine ähnliche Form von Freiheit spürbar; eine, die sich selbst nicht groß inszenieren muss, als autorenfilmerischer Nonkonformismus zum Beispiel. Ganz lässig schlüpft der Film von einer Tonlage in die andere, er lässt einen Gangsterplot (und die Rekonvaleszenz des Junkie-Mädchens) im Hintergrund mitlaufen, ohne, dass alles kommuniziert, alles bis ins letzte erklärbar gemacht werden müsste.
Der Film kommt auch deswegen mit seiner unaufdringlichen Freiheit durch, weil er einen wundervollen Hauptdarsteller hat. John Savage, bleibt, nachdem er vom Hochhaus geschwebt ist, lange außen vor in seinem eigenen Leben, fast sogar in seinem eigenen Körper (er ist schon mit sich selbst beschäftigt, aber nur mit seiner Motorik) er ist der, der, nachdem alle in die Kneipe gegangen sind, noch einen Moment vor der Tür bleibt und orientierungslos durch die Gegend humpelt. Der sich erst einmal lange ein wenig ungeschickt ins Leben der anderen mischen muss, bevor er wieder zu sich selbst finden kann - oder auch nur zu einem Selbst, sein altes, "eigenes" ist es eher nicht. Daraus folgt dann eine Kollision mit dem Basketballspieler, die ganz am Ende, in der letzten Einstellung, in einer rührenden Splitscreen-Aufnahme aufgehoben, filmsprachlich bewältigt wird.
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