When the Tenth Month Comes, Dang Nhat Minh, 1984
Ist das ein Klassiker des vietnameischen Kinos oder nur zufällig einer der wenigen Filme, die mit englischen Untertiteln versehen auch außerhalb des Landes bekannt geworden sind? So oder so ist das wieder mal ein Film, der mir ein ganz neues Kino eröffnet. Ein sehr poetischer, trauriger, kleiner Film in schwarz-weiß und Academy ratio, der Vietnamkrieg hallt in einem Dorfmelodram nach, weit ausgreifende Melodiebögen und intime Großaufnahmen überschwemmen den Dorfklatsch und dessen engstirniges Regime. Weit weg von sozialistischen Realismen jeglicher Coleur; das Handeln mag der Staatsraison entsprechen, das Gefühl tut es nie. Am Ende weht die Nationalflagge, aber wichtiger sind die Tränen im Gesicht in der Einstellung vorher.
The Deserted Station, Alirezan Raisian, 2002
Auch wenn der Film kein besonders guter ist, erlaubt er es nachzuvollziehen, wie eindeutig weite Teile des iranischen Kinos den italienischen Neorealismus als Muster nehmen; und noch genauer: den Neorealismus Roberto Rossellinis. Die Bewegung des bourgeoisen Paars aufs Land, die erzwungene Stillstellung (das Reißen des sensomotorischen Bands noch einmal nachvollzogen in der Autopanne), das Mäandernde, die reinen Opto- und Sonozeichen. Die intensivste optisch-akustische Situation ereilt die Frau während der (Tot-)Geburt eines Lamms. Die spiegelt wiederum ihre eigenen beiden Fehlgeburten und auch der etwas fragwürdige (Un-)Fruchtbarkeitsdiskurs, den der Film nicht nur hier führt, ist bei Rossellini, glaube ich, nicht immer ganz weit weg. Ansonsten ist das Skript von Kiarostami zwar ambitioniert (es geht nicht nur um die Ennui des iranischen Eindringlings, sondern unter anderem auch um den Wirklichkeitsbezug der Photografie, es gibt einige interessante Szenen um eine Gruppe von Kindern und deren Selbstverständnis als Gruppe etc), aber so richtig bekommt Raisian sein Süjet nicht in den Griff. Das resultiert dann in der Sorte Zeitbild, die allzu oft nichts anderes ist als der Weg des geringsten Widerstands.
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Friday, April 30, 2010
Thursday, August 04, 2005
Greetings, Brian De Palma, 1968
Mit irgendetwas muss ich diesen Blog beginnen, warum dann nicht mit einem frühen De Palma Film.
Greetings steht irgendwo zwischen dem New Yorker Underground von Warhol, Ron Rice etc und New Hollywood, allerdings sicher näher bei ersterem. Begonnen mit dem haarstäubend hippieesken Titelsong (von einem dämlichen imdb Rezensenten sehr clever beschrieben als "sounds like the Beatles on drugs") bis zu zahlreichen Verbeugungen vor Godard ist dieser Film von Anfang bis Ende erfreulich kommerzresistent. Als Vergleich liegt aber weniger der französische Dauerrevoluzzer nahe, sondern eher Morrissey/Warhols Flesh-Trilogie, deren erster Teil im selben Jahr entstand. Allerdings spielt Greetings nicht im Junkie-Transen Milieu sondern beschreibt das Leben dreier Möchtegern-Bohemes, die in der Stadt herumstolpern und über Frauen und Vietnam philosophieren. In der zweiten Hälfte des Films finden sich dann gehäuft typische De Palma Motive: Verweise auf andere Filme (Blow Up) sowie voyeuristische Obsessionen, die in einer Schlusspointe gipfeln, die in der Filmgeschichte ihresgleichen sucht und die Verbindungen zwischen Sex und Gewalt, Privatem und Politischem radikaler fasst als alles, was ich bisher gesehen habe. Diese Schlussszene entschädigt auch für den Leerlauf, der zwischendurch aufkommt, wenn es zum Beispiel um blödsinnige Kennedy-Verschwörungstheorien geht.
Sicherlich gibt es an Greetings einiges auszusetzen, De Palma hatte ganz offensichtlich sein Genre noch nicht gefunden und die Schauspieler können mit Außnahme von De Niro ihren Rollen wenig Interessantes verleihen. Doch wenn man wie ich kurz zuvor einen gelackten europäischen Kunstfilm wie Bertoluccis Il Conformista gesehen hat, der ebenfalls eine Verbindung zwischen Sex und Politik sucht, aber das Ganze ausschliesslich auf ausgetreten Pfaden abhandelt und dann auch noch Platons Höhlengleichniss vermantschen muss, erscheint De Palmas Werk fast wie eine Erlösung.
Ist der Unterschied zwischen De Palmas experimenteller Filmsprache und Bertoluccis übergrandiosen Bildern der zwischen Kunst und Kunsthandwerk? Naja, wahrscheinlich nicht...
Greetings steht irgendwo zwischen dem New Yorker Underground von Warhol, Ron Rice etc und New Hollywood, allerdings sicher näher bei ersterem. Begonnen mit dem haarstäubend hippieesken Titelsong (von einem dämlichen imdb Rezensenten sehr clever beschrieben als "sounds like the Beatles on drugs") bis zu zahlreichen Verbeugungen vor Godard ist dieser Film von Anfang bis Ende erfreulich kommerzresistent. Als Vergleich liegt aber weniger der französische Dauerrevoluzzer nahe, sondern eher Morrissey/Warhols Flesh-Trilogie, deren erster Teil im selben Jahr entstand. Allerdings spielt Greetings nicht im Junkie-Transen Milieu sondern beschreibt das Leben dreier Möchtegern-Bohemes, die in der Stadt herumstolpern und über Frauen und Vietnam philosophieren. In der zweiten Hälfte des Films finden sich dann gehäuft typische De Palma Motive: Verweise auf andere Filme (Blow Up) sowie voyeuristische Obsessionen, die in einer Schlusspointe gipfeln, die in der Filmgeschichte ihresgleichen sucht und die Verbindungen zwischen Sex und Gewalt, Privatem und Politischem radikaler fasst als alles, was ich bisher gesehen habe. Diese Schlussszene entschädigt auch für den Leerlauf, der zwischendurch aufkommt, wenn es zum Beispiel um blödsinnige Kennedy-Verschwörungstheorien geht.
Sicherlich gibt es an Greetings einiges auszusetzen, De Palma hatte ganz offensichtlich sein Genre noch nicht gefunden und die Schauspieler können mit Außnahme von De Niro ihren Rollen wenig Interessantes verleihen. Doch wenn man wie ich kurz zuvor einen gelackten europäischen Kunstfilm wie Bertoluccis Il Conformista gesehen hat, der ebenfalls eine Verbindung zwischen Sex und Politik sucht, aber das Ganze ausschliesslich auf ausgetreten Pfaden abhandelt und dann auch noch Platons Höhlengleichniss vermantschen muss, erscheint De Palmas Werk fast wie eine Erlösung.
Ist der Unterschied zwischen De Palmas experimenteller Filmsprache und Bertoluccis übergrandiosen Bildern der zwischen Kunst und Kunsthandwerk? Naja, wahrscheinlich nicht...
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