Eigentlich lassen die Voraussetzungen das schlimmste befürchten: Drehbuch Paul "Crash" Haggis, Hauptdarsteller Zach "Garden State" Braff und auf der Soundspur tonnenweise Indierock. Dass das ganze dann doch nicht nur erträglich geworden ist, sondern sogar tatsächlich als halbwegs gelungen bezeichnet werden darf, gehört sicher zu den Überaschungen dieses Kinojahres. Vielleicht liegt es an der mir unbekannten Vorlage (möglicherweise drehen die Italiener so gute Schnulzenfilme, dass sie nicht einmal vom amerikanischen Indiekino in den Sand gesetzt werden können). Vielleicht lässt sich der verhältnismäßige Erfolg des Films auch damit erklären, dass Filmemacher und Milieu perfekt zusammen passen. Zumindest wird schnell deutlich, dass Haggis kleinstädtische WASPler mehr liegen als das multiethnische LA. So umschifft The Last Kiss ohne allzugroße Schnitzer selbst potentiell schwer peinliche Momente und gerät nur im ersten Filmdrittel, in welchem Goldwyn dann doch etwas zu penetrant versucht, ein "Lebensgefühl" oder was zu evozieren, manchmal ins schleudern. Überhaupt ist die Regie erstaunlich solide, was überascht, da gerade im Indiebereich das amerikanische Kino handwerklich derzeit ziehmlich vor die Hunde geht...
Doch auch meine Meinung zu Mister Haggis muss ich wohl langsam aber sicher revidieren (den stärkeren Beitrag leistet hier freilich Flags of our Fathers). Zwar ist die Filmstruktur vergleichbar mit Crash, doch hier versucht niemand, alle Fäden am Ende des Films manisch wieder einzufangen. Zwei Charaktere dürfen denn tatsächlich der Indierockhölle entkommen und selbst die äußerst wertkonservative Auflösung der Hauptgeschichte ist nicht ohne Charme und zumindest um einiges erträglicher als irgendeine halbgare Emanzipationsvolte, die dem Zeitgeist sicher mehr entsprechen würde. Nein, auch Milieus wie dieses müssen sich reproduzieren und das funktioniert halt dann im Zweifelsfall genau so, wie in The Last Kiss.
Wer mit dem Ganzen trotzdem nichts anfangen kann, der hat noch eine weitere Möglichkeit, den Film zu genießen: Durch Beobachtung der Hauptfigur. Zach Braff (der hier gottseidank nicht selber Regie führt) schaut bereits in der ersten Einstellung mit einem derart entrückt-geistlosen, zombieartigen Gesichtsausdruck in die Luft, dass einem Angst und Bange werden kann. Im Weiteren gelingt ihm das Unmögliche: Der Mann schafft es doch tatsächlich, in jeder Szene noch ein wenig blöder aus der Wäsche zu schauen. Das soll ihm erst einmal einer nachmachen.
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