Tuesday, October 31, 2017

Dallas, Gelb

Dallas 2.12 "Fallen Idol"

Richard Kelton, Gaststar der Episode, optisch ein texanischer Tommy Gottschalk (aus der Goldbärchenwerbung).




Er spielt "Guzzler", einen alten Kumpel von Bobby Ewing, einst Held des Schulhofs, Aufschneider und Aufreißer Nummer 1, jetzt, das stellt sich während der Folge heraus, auf Almosen angewiesen.
"Somehow I just... burnt out young." Das würde der Guzzler allerdings niemals der Welt eingestehen, den Satz spricht er zu Bobbys Frau Pam, allein und verloren auf einem Bett liegend.



Wenn Bobby und Pam am Ende über Guzzler sprechen, geht es nur darum, ihm einen möglichst würdevollen Abschied zu ermöglichen. Dallas ist eine Serie, die um die Differenz von privaten und öffentlichen Gefühlen weiß. Und in der es gerade keinen Imperativ gibt (innerdiegetisch schon gleich gar nicht, aber auch nicht im Blick auf die Figuren), beides miteinander zu versöhnen. Das ist die Ehrlichkeit der Serie: Sie gestattet es ihren Figuren, dauerhaft unehrlich zu sein, sie verzichtet auf moralische Erpressung.

Die wunderbare Schlusspassage: von der grausamen Intimität des inneren Gelb zur dekorativen Lüge des äußeren Gelb. Guzzler, der vorher schon ein wunderbares gelbes Hemd getragen hatte, braust im gelben Taxi davon.










Tuesday, October 24, 2017

Circle of Danger, Jacques Tourneur, 1951

It's not surprising that Circle of Danger is generally regarded as minor Tourneur because, at first glance, it's hardly more than an elongated, but not very elaborate, and finally rather pointless practical joke about a dull guy failing to avenge his brother despite trying terribly hard; and at the same time winning over a woman despite basically not even really trying.
Still, I'm completely in love with this strange little film. Ray Milland's dullness undermines the mystery plot from the start, yes, but this works for the film's advantage, because it allows for a not really disinterested, but in a way touristy gaze on all the odd details Tourneur assembles. Every character Milland meets carries his own little world around with him/herself, and although the stubborn protagonist doesn't notice this, remaining stuck in the past instead, Tourneur's camera is always attentive, in a quiet, controlled way. And when Milland finally gets together with Patricia Roc in the last scene (after the mystery plot, and with it the last gasps of the agency of the hero, vanishes in pure geometry), it's made clear that this isn't about him conquering her, but about her choosing him.

Friday, October 20, 2017

Ein Fundstück

Gefunden habe ich dieses wunderbare Video über die Wikipediaseite zu Gisela Tuchtenhagens 5 Bemerkungen zum Dokumentarfilm, eine WDR-Produktion, die an Klaus Wildenhahns Buch Über synthetischen und dokumentarischen Film anschließt. Angekündigt ist der Mitschnitt einer Diskussion zum Film mit Tuchtenhagen, Wildenhahn und dem im Film auftauchenden Peter Nestler; diese Diskussion ist äußerst knapp gehalten und sie leidet unter der Tatsache, dass sie nicht nach, sondern vor einem Screening stattfindet. Keiner der Beteiligten kann sich genauer an den Film erinnern, Nestler meint, er habe ihn auch damals nicht gesehen, sondern nur "in der filmkritik gelesen", also nicht "über ihn gelesen", sondern "den Film gelesen", vermutlich hatte die Zeitschrift damals entweder das Drehbuch oder eine Transkription abgedruckt. In den 1970ern scheint das eine Option gewesen zu sein: einen Film zu lesen.

Das Wunderbare ist aber, dass die Diskussion nur einen kleinen Teil des 17 Minuten langen Videos ausmacht. Sie setzt überhaupt erst nach knapp 10 Minuten ein. Davor filmt die fast durchweg starre, nur einmal neu kadrierende und erst ganz am Ende, als Schlusspointe (in einem ansonsten nicht pointenlastigen Film wie diesem ist auch das nicht abgeschmackt, sondern super), ruckartig aus ihrer Verankerung gerissene Kamera einen Fototermin mit, der unmittelbar vor dem Gespräch, aber noch ohne Saalpublikum stattfindet. Die beiden Männer auf Barhockern, Tuchtenhagen auf einem Sessel tief trohnend dazwischen, und davor, eines von vielen schönen Details, Tuchtenhagens Hund. Das Hin und Her des Arrangierens und Umarrangierens, die selbstunsicheren Regieanweisungen aus dem Off, die jeweils sehr unterschiedlich sich artikulierende Seelenruhe der drei auf der Bühne. Vor allem die wechselnden Lichtverhältnisse, erst das starre Licht fürs Pressefoto, dann Schwarzbild, dann huschen die Schatten eines Probedurchlaufs des Films über die Sitzenden und zu guter Letzt werden sie in rot-violettes Glamourlicht getaucht.

Friday, October 13, 2017

Treppen und Sitzgelegenheiten

Ein Treppenexzess sondergleichen, in Dallas 2.04, "Bypass". Genauer gesagt eine Trias: Frauen, Treppen, Alkohol. Zunächst vor dem Anwesen, dessen Herrin Sue Ellen bald zu werden glaubt. Der wehende Wind. Das Whiskeyglas rückt ins Zentrum der Einstellung, wie um das Bild zu kalibrieren. Frustrationssuff und Wohlstandspsychose, aber schon auch Stilbewußtsein.







Die Bilder malt eine andere Frau: Pamela. Ihre Fantasie ist weniger konkret, aber letztlich genauso vulgär.










Eigentlich im Gegenteil. Sue Ellens Tanzschritte auf der Treppe sind ehrlicher Ausdruck von Lebensfreude und von einem hedonistischen Körpergefühl, das sie selbst andernorts kaum ausleben kann (sicher nicht in der Ehe mit J.R.), das Pamela aber vermutlich nicht einmal vom Hörensagen kennt.









Wenn es zur Konfrontation mit Pamela kommt, verengt sich das Bild, ein zweites Geländer taucht auf, sodass man den Eindruck hat, dass es überall nur noch Treppen, Treppen und nochmal Treppen gibt. Die Treppen verlieren ihren erotischen Reiz und werden zum Gefängnis. Und dann taucht auch noch die Schwiegermutter auf.








Ein weiterer Blickwechsel, diesmal Pamela und die Schwiegermutter, die der Treppe eine gewisse Alltäglichkeit zurückgibt. Pamela, die von allen Figuren der Serie am wenigsten weiß, was sie will, schaut ihr verträumt hinterher.