Wednesday, February 22, 2012

Death Row, Werner Herzog, 2012

Lange war ich mir nicht sicher, aber im letzten der vier Abschnitte war sie unübersehbar: Die Reflektion des Gesichts Werner Herzogs auf der Glasscheibe, die ihn, den Interviewer, von seinen Gesprächspartnern, den Todeskandidaten in den texanischen und floridanischen Gefängnissen. Ich kenne mich mit so etwas nicht aus, aber ich nehme an, dass man an der Filmhochschule schon im ersten Semester Kamera lernt, wie man so etwas vermeidet, wie man also korrekt und reflektionsfrei durch Glasscheiben hindurchfilmt. Zufall oder Missgeschick kann es wohl kaum sein, dass sich der Kopf des Regisseurs Herzog als Gesiterbild in die Fernsehserie Death Row einschreibt. Erst recht nicht, weil das Interview genau aus einem solchen Winkel gefilmt ist, dass sich das Geistergesicht und das Gesicht des Interviewten überlagern. Nicht aufdringlich, dazu bleibt die Spiegelung zu schwach und unstet, doch als ich das einmal bemerkt hatte, konnte ich es nicht mehr nicht sehen: Wie der Regisseur, der sonst in seinen Dokumentarfilmen meist ganz hinter seiner prägnanten Stimmen verschwindet, sich hier seinem eigenen Film in einer Identifikation mit den Todgeweihten körperlich aufprägt, wie ihm das dann noch dazu gerade mithilfe einer Glasscheibe gelingt, die eigentlich dazu dienen sollte, eben diese Menschen aus der Welt auszugrenzen, zu isolieren.

6 comments:

Gondo said...

Kleine Klugscheißerei:
Herzog ist großer Kurosawa Freund. Ich habe Death Row zwar noch nicht gesehen aber was du da beschreibst hat frappierende Ähnlichkeit mit dem Ende von Kurosawas High & Low. Also nicht nur formell mit der Spiegelung (welche dort auch vorkommt) sondern auch der thematische Hintergrund dazu, welchen du ansprichst, klingt ähnlich.

Lukas Foerster said...

high and low gehört zu den wenigen kurosawafilmen, die ich noch nicht kenne. muss ich dringend ändern...

Lukas Foerster said...

(und danke für den hinweis, natürlich!)

Anonymous said...

Könnte hier aber wirklich Zufall sein. Herzog hat im Q&A nach der Weltpremiere ja gesagt, unter welchen Umständen der Film gedreht wurden musste. Insgesamt jeweils nur eine genehmigte Stunde Besichtigungszeit für die Interviews, und in der Zeit musste auch das KameraTon-Set-Up gemacht werden. Ich glaube nicht, dass er davon auch nur eine Sekunde darauf verschwendet hat, eine möglichst geisterhafte Reflexion seines Gesichtes auf die Fensterscheibe zu zaubern.

Ich glaube, hier rutscht dir Analyse und Interpretation etwas durcheinander, wenn man die Produktionsumstände berücksichtigt. Mildert den beschriebenen Effekt natürlich nicht, aber du unterstellst Herzog ja schon irgendwie eine Intentionalität dazu, und da wäre ich vorsichtig.

Lukas Foerster said...

das stimmt natürlich, da weiß ich zu wenig, sowohl was die produktionsumstände angeht, als auch, was die technik selbst angeht. ich kann mir zwar wirklich nur schwer vorstellen, dass profis wie herzog und seinem kameramann zeitlinger (der neben den arbeiten mit herzog viel fersehroutinezeug dreht) das einfach nur unterläuft. aber grundsätzlich ist intentionalität für mich sowieso zweitrangig, die bilder sind, was sie sind. insofern macht es mir nichts aus, den "zufall"-satz unter vorbehalt zu stellen:)

Anonymous said...

Just saying hello. Here from Texas