Thursday, August 01, 2013

Sitcomedies

The Long, Long Trailer, Vincente Minnelli, 1953

Der lange, lange Trailer ist dem Sitcom-Studio ähnlich, weil er alles hat, um als Wohnung durchzugehen und trotzdem ein Surrogat ist und als solches erkennbar bleibt, weil er ein Raum ist, der sich nicht nach den Bedürfnissen seiner Bewohner ausrichtet, sondern an übergeordneten, weil er dadurch ungangbar und pointenschwanger gemacht wird; interessanterweise auch: weil er, als Surrogat, eigentlich eine Einübung sein sollte in etwas, das dann in einem "richtigen Haus" seine Fortsetzung findet (wie ein Filmtrailer im Film, den er bewirbt; die neue Art des Trailers wäre dann ein Versprechen, das von seiner eigenen Erfüllung nicht mehr unterscheidbar ist), aber doch gleich als permanent gesetzt wird. Aus dem Trailer gibt es, wie aus dem Sitcomstudio, kein Entkommen in Richtung einer ganzheitlicheren, organischeren Form des Lebens. Trailer und Studio setzen sich über alle Beschränkungen hinweg (in ihren Beschränkungen?) absolut.

Der lange, lange Trailer ist dem Sitcomstudio ähnlich, weil er keine natürliche Beziehung hat zu seinem Außen.

Der lange, lange Trailer ist dem Sitcomstudio unähnlich, weil man trotzdem aus seinem Fenster sehen kann. Weil er sich, wo auch immer er abgestellt wird, zu seinem Außen in eine Beziehung setzt, die zwar nicht natürlich ist, die aber den Schein des Natürlichen annehmen und daraus Humor gewinnen kann: Das vormoderne, übersoziale Kleinstadtleben im Trailer Park wird mit einem überharmonischen establishing shot aufgerufen, der in einem Dreißigerjahrefilm wahrscheinlich noch ernst gemeint gewesen wäre, bei Minnelli aber schon Vorbote des Vergemeinschaftungshorrors ist. Der Trailer vermittelt die Privatheit der neuen Sitcom-Intimitätskomödie mit der im Verschwinden begriffenen Offenheit der Gesellschaftskomödie des klassischen Kinos: Wenn die Großfamilie nervt (und man ihr obendrein die Veranda eingerissen hat; ganz groß: die verschüchterte, von der Familie gleichzeitig verschämt im Hintergrund gehaltene und ostentativ miteinbezogene Tante - an ihr kann man präzise festmachen, was die Komödie im Verlauf ihrer Sitcomisierung verlieren wird), kann man einfach davon fahren, ins private Glück, beziehungsweise dessen ewige Suspension. Der lange, lange Trailer "trailt" (the trail: Spur, Pfad, Schweif, etwas, was nach vorn und zurück verweist, was einen Weg vor- und ihn gleichzeitig als schon zurückgelegten bezeichnet) einen dabei, als Ballast, den man nicht los wird.


Desi Arnaz gehört, anders als die dem Slapstickkino verhaftete Lucille Ball, ganz dem Fernsehen. Ball ist lustig, weil sie sich selbst auch in den wildesten, am direktesten aufs Publikum jenseits des Proszeniums (hier: der Leinwand und der sich hinter ihr erstreckenden Zeit/Raum-Schlucht) ausgerichteten Grimassierungen vergisst, und zwar restlos; Arnaz vergisst sich nie, spielt immer in selbstaffirmierenden Anführungszeichen, seine Gesten kommentieren den übereifrigen Machismo im selben Moment, in dem sie ihn hervorbringen. Den stärksten Momente hat er, wenn der hochprofessionelle Showman, der er ist, sich ganz vor seine Rolle drängt, wenn er sich nach einem besonders heftigen Streit mit Ball ungerührt eine Zigarette anzündet und weiter fährt, ins nächste sitcomartig selbstgenügsame Filmsegment.

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Grown Ups 2, Dennis Dugan, 2013

Das Besondere an diesem Film, der vorderhand eine eher schwächere Variation auf seinen einen direkten und seine vielen indirekten Vorgänger im "Happy Madison"-Kanon ist (weil ihm zum Beispiel ausgerechnet Rob Schneiders Figur abhanden kommt, die beste des ersten Grown Ups - kein schlechter Ersatz allerdings: Steve Buscemi): dass er das Familiär-Intime ganz aufgibt zugunsten einer Selbstauflösung in eine groteske, formzerstörende postorganische Gemeinschaft hinein. Deutlich wird die Differenz zum zweiten großen Zusammenhang der gegenwärtigen amerikanischen Komödie, den Apatow-Produktionen; die sind mit dem gleichwohl trotzdem unterschätzten This Is 40 endgültig da angekommen, wo sie von Anfang an waren: in der Familiensitcom. Grown Ups 2 ist dagegen so wenig Sitcom, wie wenig Anderes in der amerikanischen Komödie und nur dann ein schlechter Film, wenn man ihn an Kriterien misst, die an der Sitcom geschärft sind.

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Wayne Knight (Seinfeld; Newman), der in Jurrasic Park die Dinosaurier auf die Menschheit, Ethan Suplee (My Name Is Earl; Randy), der in Unstoppable einen Zug auf eine Kleinstadt loslässt... Eine Filmgeschichte, die noch geschrieben, bzw zu weiten Teilen noch gefilmt werden muss: Wie die Sitcom-Figuren all die asoziale Energie, die sie innerhalb der Serie nicht loswerden können, am Rest der Welt ausagieren.

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