Monday, October 31, 2016

Heimatfilme 1: Höllische Liebe, Geza von Cziffra, 1949

https://www.youtube.com/watch?v=goCjudyRO8U

Ein tracking shot in die Hölle hinein: Mehrere ornamentale Eisengitter öffnen sich vor der Kamera, es blitzt und dampft und glitzert, aber diese Version der Unterwelt ist doch nur "ein riesiger Maschinenraum mit Schalttafeln und Hebeln", bewohnt von "Ingenieursteufeln". Das Produktionsdesign ruft von ferne die fantasmatischen Apparaturen des Weimarer Kino auf, aber offensichtlich hat man in diesem Studio  höchstens die Hobbykellerversion von Metropolis und Mabuse zusammengepappt. Das schadet dem Film nicht, eher macht es sogar einen Teil seines Reizes aus.

Wenig später eine Musiknummer, in der der Film dann tatsächlich für ein paar Minuten ganz ins Weimarer Kino zurückzukippen scheint: Elfie Mayerhofer steht, vampisch aufgemacht, auf einem Globus, führt eine ganze Horde Männer an der Leine vor sich: "Die Welt ist rund / es lockt mein Mund".

Inmitten der Nachkriegshölle thront allerdings doch nur ein Schreibtisch, drumrum befinden sich, brav und übersichtlich nebeneinander aufgereiht, eine Handvoll mechanische Attraktionen, eine davon präfiguriert das Fernsehen, mit einer anderen kann man, erfährt man später, den Gefühlszustand von Frauen manipulieren: Wenn die Flüssigkeit in zwei Glasröhren höher steigt, werden die Auserwählten empfänglicher für Musik und Komplimente. Das funktioniert aber nicht bei jeder, es bedarf "einer gewissen psychischen Prädisposition". Die zum Glück bei allen Beteiligten vorausgesetzt werden kann. Insbesondere beim heimlichen Star der Show, der Teufelin Lukretia (Vera Molnar, mit deren dramatischen Gesicht der Film viel anzufangen weiß).

Ein paar ausgesucht harmlosen Scherzen über Staatsbürgerschaftsentzug und minderbelastete Mitläufer zum Trotz ist Höllische Liebe ein reines fluff piece; die Szenen, die auf der Erde - bzw fast ausschließlich in mondänen Nachtclubs und Luxushotels - spielen, dürften mit der sozialen Wirklichkeit im Nachkriegsösterreich noch weniger zu tun gehabt haben als die Großraumbürohölle. Erstaunlich ist dagegen, wie schnell, flüssig und über weite Strecken beschwingt Höllische Liebe sich anfühlt. Wie es dem Film gelingt, in seine fein und lebendig gewirkten Komödienroutinen nicht nur jede Menge wunderbar naive Special Effects (der schönste: ein Sänger gibt seine Gabe an einen anderen weiter, indem er ihm Noten in den Mund pustet), sondern auch einen Hauch von Hellzapoppin' zu integrieren.

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