Hartmut Essers Ausführungen zur Funktionsweise soziologischer Erklärungen laufen auf folgende Strategieempfehlung hinaus: Man wähle eine möglichst einfache Handlungstheorie, die gerne auch "falsch" sein darf, wie etwa jene geläufige, die auf dem homo oeconomicus-Modell basiert - wenn man die Situation dann mithilfe der "Brückenhypothesen" ausreichend vereinfacht, passt es trotzdem! Vor dem Theorieteil des Buches empfiehlt Esser: bitte keine Theorie lesen, oder jedenfalls so wenig wie irgend möglich. So bizarr sich das auch liest, passt es doch zur später referierten anthropologischen These: Selektive Informationsverarbeitung ist evolutionär adaptiv. Sicher nicht falsch. Nur: Ist die Evolutionstheorie auch ein Produkt des Verzichts auf Theorie? Insgesamt eine instruktive Lektüre. Die in vielen Kontexten sicherlich hochgradig funktionale Theoriefeindlichkeit kann nicht anders, als sich selbst zu theoretisieren.