Ein One Night Stand auf einem Schiff. Doch als Schiff sehen wir es nur in einer Szene. Kurz bevor es tatsächlich zum Sex kommt, stehen Alice und Thomas gemeinsam an der Reling. Das Wasser, ansonsten höchstens ein, zweimal über die Tonspur erschließbar, ist nur hier wirklich anwesend und bricht die davor immer etwas unwirkliche, artifizielle Stimmung des Films. Hier, und anschließend in Alices Schlafzimmer, gibt der Film seine Distanz auf, lässt sich ganz auf die Körperlichkeit der Schauspieler ein.
Ansonsten sieht das Schiff eher aus wie eine absonderliche Ansammlung besonders geschmackloser Supermärkte und Bars, Hotelzimmer sowie mensaähnlicher Restaurants. Selbst wenn Thomas das Schiff betritt und verlässt, ist es nicht als solches erkennbar, die Gangway erinnert zumindest mich eher an Flughäfen und die Schalterlabyrinthe bei der Passkontrolle sind typische Nicht-Orte (überhaupt hat das ganze Schiff etwas von einem Nicht-Ort und alles was Ort daran ist, ist tendenziell grässlich). In diesem Nicht-Ort nun verbringen Alice und Thomas eine Nacht.
Zu einer Schiffahrt gehören nicht nur Wasser, Wellen und Reling, sondern eben auch all die anderen Orte, an welchen Brève traversée hauptsächlich spielt. Und auch zum Sex gehört mehr, lange Blick- und (manchmal zu) lange Wortwechsel und die gegen-, obwohl hier natürlich eher einseitige Verführung. Ohne dies alles ergäbe nichts einen Sinn in diesem schönen, kleinen und klugen Film, den man vielleicht auch als (vorauseilenden) Gegenfilm zu Claire Denis' ungleich euphorischeren Vendredi soir auffassen kann, in welchem ein Jahr später sogar die Markenschriftzüge der Autos zu tanzen beginnen.
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