Was vielleicht kein Kino so gut kann wie Hollywood: seine eigenen Funktionsmechanismen zu literalisieren und direkt Film werden zu lassen.
Jüngstes Beispiel ist Robert Schwentkes zweiter amerikanischer Film The Time Traveler's Wife. Konsequent übersetzt Schwentke ein Science-Fiction-Süjet ins Melodramatische. Für die Paradoxien des Zeitreisens interessiert sich der Film nicht ein bisschen. Einmal wird erklärt, dass Eingriffe in die Vergangenheit nutzlos seien, nach einem Ausflug in die Zukunft Lottomillionen einzukassieren ist aber ok. Das Zeitreisen dient nur einem Zweck: der melodramatischen Aufladung der Biografie Eric Banas respektive Henry DeTambles. Die schreitet, das ist der erste Trick an der Sache, eigentlich ganz konventionell linear voran. Unterbrochen wird diese Linearität nur von kurzen und - das ist der zweite Trick - nicht kontrollierbaren Ausfügen nach hinten oder nach vorne. Meist landet Henry dabei direkt auf dem eigenen Zeitstrahl, mischt sich ins Leben seiner späteren / früheren Geliebten ein und produziert jede Menge melodramatisches Bewußtstein.
Laut Linda Williams ist das Strukturprinzip des Melodramas das "too late": Leidende (Frauen-)Körper werden mit irreparablen Situationen konfrontiert, das Glück liegt in der Vergangenheit, beziehungsweise der Rückblende. Schwentkes Film gelingt es, dieses Prinzip gleichzeitig zu invertieren und zu intensivieren: Das Zeitreisen ist eben nicht in der Lage, das "too late" zu kurieren, sondern es infiziert im Gegenteil bereits die (glückliche) Gegenwart mit eben diesem, dem "too late", das eigentlich erst noch bevorsteht. Der Film schenkt seinen Figuren eben jenes Wissen um den Ausgang des Rührstücks, das der genrekundige Zuschauer ohnehin schon besitzt. "Ich weiß, dass bald alles zu spät sein wird."
(Schön am Film ist, nebenbei bemerkt, auch der Zeitreise-Special-effect. Wenn Bana sich in Richtung Vergangenheit / Zukunft aufmacht, löst er sich in Sekundenschnelle in Luft auf. Im Moment des Auflösens verschwindet die Illusion des Dreidimensionalen Raums, Bana wird ganz zweidimensionales Bild: Schwentke setzt keine aufwändigen Digitaleffekte ein, die ein dahinschwindendes Körpervolumen simulieren könnten, sondern er lässt einfach Stück für Stück Banas Abbild transparent werden, so, als würde man ein (zweidimensionalen) Bild von den Rändern her beschneiden.)
No comments:
Post a Comment