Mehr Youtube-Filme! Diesmal wieder Nollywood. Laut Wikipedia ist Osuofia in London der bislang erfolgreichste Film der nigerianischen Videoindustrie. Da dem nigerianische Box-Office mit herkömmlichen statistischen Methoden nicht beizukommen ist, sollte man diese Behauptung lieber nicht zu ernst nehmen. Dass Kingsley Ogoros Reißer allerdings seinerzeit gut angekommen und inzwischen zu so etwas wie einem kleinen modernen Klassiker avanciert ist, darf angesichts der User-Kommentare auf Youtube kaum bezweifelt werden.
Osuofia in London ist eine Cultural-Clash-Comedy, eine sehr schematisch, aber effektiv angelegte. Osuofia lebt in einem nigerianischen Dorf, seine Familie wie seine Gläubiger machen ihm das Leben schwer. Da passt es ihm gerade recht, dass sein einst nach Europa emigrierter Bruder verstorben ist und ihm sein Vermögen vermacht hat (Osuofia und Anhang faken bei dieser Gelegenheit natürlich fleißig und sehr theatral Trauer). Dann fliegt der Dorftrottel, der schon in der Heimat andauernd was auf die Wollmütze bekommt, in die britische Hauptstadt und hat, dort angekommen, schon Schwierigkeiten damit, das Flughafengelände zu verlassen. Danach gibt es natürlich jede Menge Kollisionen mit der feinen und weniger feinen englischen Lebensart. Ausgespielt werden diese Kollisionen nicht selten in ausufernden Monologen der Hauptfigur. Die wird verkörpert vom nigerianischen Starkomiker Nkem Owoh und der zieht eine One-Man-Show sondergleichen ab.
Die Ausgangssituation ist natürlich nur deshalb erträglich, weil sie aus einer strikt nigerianischen Perspektive erzählt und für ein nigerianisch gedachtes Publikum gedacht ist. Dass auch der Humor auf ein nigerianisches Publikum zugeschnitten ist und den kulturellen Transfer nach Mitteleuropa nicht ganz überleben kann, sollte auf der Hand liegen. Hinzu kommen akustische Probleme verschiedener Art. Erstaunlich ist ganz im Gegenteil, dass der Film trotz allem auch für mit Innernigerianischem Untertraute ziemlich lustig ist.
Das Londonbild des Films ist umwerfend, nicht zuletzt, weil der Film die Stadt immer wieder via Tonspur mit Variationen von "Auld Lang Syne" in Verbindung bringt. Großartig sind aber gerade auch die beiden Charaktere, die dem Film das (böse) Fremde darstellen: Das ist zum einen ein europäisierter Afrikaner, der einen perfiden Plot schmiedet, dem Osuofia eher zufällig entkommt; dessen Europäisierung ist nur auf den ersten Blick vollkommen, so ganz angekommen scheint er doch nicht zu sein, schließlich muss er sich selbst in einer Szene seiner neuen Identität vergewissern. Da steht er dann vor dem Spiegel, verflucht zunächst sein afrikanisches Akzent und spricht dann versuchsweise, begleitet von Gebrauchtwarenhändlergesten: "Stiff upper lip. God save the Queen."
Dann gibt es noch Samantha, die weiße Frau des verstorbenen Bruders. Die wird eingeführt, wie sie leicht bekleidet vor der heimischen Villa liegt, streitet sich dann andauernd mit Osuofia und folgt ihm schließlich dennoch, weil sie um ihren Teil des Erbes fürchtet, im zweiten Teil zurück nach Afrika. Dort ist dann wiederum sie mit den lokalen Gebräuchen nicht vertraut, für die daraus entstehenden Probleme interessiert sich der Film allerdings nicht ganz so sehr. Statt dessen gewährt er immer wieder Einblick in ihr Innenleben via einer inneren Stimme über den Bildern, die (zu bedrohlicher Musik) ständig dieselben Worte wiederholt: "I don't know how to get the Money! What can I do? What can I do?" Neokolonialistische Gier in Reinform. Ihre Pläne werden perfider, gehen aber allesamt schief, auch weil Osuofia sich auf heimischem Boden nicht ganz so dämlich anstellt. Am Ende dann eine interkulturelle Versöhnung, die sich in mancher Hinsicht falsch anfühlt, dem Film aber nicht allzu viel anhaben kann.
Hier der erste Abschnitt:
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