Der Film startete zunächst mit der falschen, ich glaube tatsächlich der letzten Filmrolle: eine dieser infernalischen Szenen im Bauch des Totenschiffes, schweißüberströmte Männer schaufeln mit verzerrten Gesichtern Kohle ins Feuer, oben geht eine Luke auf, jemand brüllt antreibend herunter, einer der Schaufler wirft daraufhin ein Stück Kohle nach oben, dem Hetzer und auch der Kamera entgegen. Dann geht etwas schief, ein Schmerzensschrei und gleichzeitig wird der Fehler im Vorführraum bemerkt, das Licht geht wieder an. Ein falscher Anfang in der Hölle, der sich über den bald folgenden richtigen Anfang legt und den ich dann auf mich / auf den Seemann Horst Buchholz zukommen sehe: wenn er am Anfang von einer Prostituierten um seinen Pass geprellt wird und gleichzeitig sein Schiff verpasst, in einer schönen, wortlosen Montagesequenz, die sich am Fragmenthaften von Erleben orientiert und auch noch, wenn er dann weiter "nach Süden" zieht, nach Frankreich.
Die schönste Sequenz dieses tollen Films spielt da: eine kleine Romanze, die von Anfang an um ihre Vergeblichkeit weiß. Das Wissen liegt im Blick auf die Gleise, die sich in den Horizont ziehen, ins Nirgendwo. (Man könnte an dieser Stelle an andere Gleise erinnern, die im deutschen Kino der Fünfziger zweifellos fehlten und denen es sich im Grunde bis heute nicht gestellt hat; aber was folgt daraus für diesen einen Film?) Buchholz bekommt von der jungen Elke Sommer ein Abendessen serviert und hantiert bei dieser Gelegenheit forsch mit dem Baguette. Später dann Elke Sommers Hände um Horst Buchholz' von der Kamera umkreisten Hals, den Händen gelten auch seine letzten Liebkosungen beim Abschied und wenn er dann mit dem Zug noch einmal an ihr vorbeifahren muss, betastet sie sich mit ihnen ihr eigenes Gesicht, ein entgleitendes Gefühl unter vielen im Film.
Ich kenne die Vorlage von B. Traven nicht. In den Momenten, in denen der Film "literarischer" wirkt, geht es viel um den verlorenen Pass und den existenzialistischen Wunsch, "wieder Mensch sein" zu dürfen. Aber viel Raum erhält das alles nicht, dazu ist "Das Totenschiff" viel zu sehr fiebriges Bewegungs- und unreines Genrekino, ein Film, der vielleicht nicht so recht weiß, wohin er will, der aber fest entschlossen ist, auf dem Weg dorthin möglichst viel zu erleben; in der namenlosen nordafrikanischen Stadt zum Beispiel, in der unten, im Hafen, die immerzu von einem kläffenden musikalischen Motiv eingeführte "Yorikke" droht und im Hinterland nichts zu sehen ist außer kahlen Bergen und wo in den Häusern dazwischen Mörder gedungen werden, die dann aber den Blick über die Pistole hinweg nicht aushalten. Auf den Blick folgt dann ein resigniertes Gespräch zwischen Buchholz und dem schief unter der Mütze hervorschauenden Adorf. Die dunkelhaarigen Mädchen, die vorher noch lockten, mit den Blicken der Seemänner spielten, sind längst wieder verschwunden. Ein Film zum Nacherzählen, ein Abenteuerfilm.
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