Tuesday, March 17, 2015

Verführungen, Michael Verhoeven, 1979

Natürlich ist es eine Schande, wie schlecht sich die Öffentlich-Rechtlichen Sender um ihre eigenen Archive kümmern. Aber dass ich Michael Verhoevens Verführungen nur in einer fürchterlich encodierten, digitalverschlierten, grundschäbigen Fünftgenerationsabtastung sehen kann, macht den Film fast noch schöner - Materialtristesse addiert sich zu Stadttristesse, Jugendtristesse und der noch schlimmeren Erinnerung-an-die-Jugendtristesse.

Ein Mann im fortgeschrittenen Alter mit einem zerknautschten, aber so gar nicht lebensklugen Gesicht (ein Gesicht, in dem sich eigentlich gar nichts abgelagert hat, das, anstatt zu reifen, einfach nur ausgeleiert ist), nimmt Kontakt zu zwei Jugendlichen auf, einem Jungen und einem Mädchen. Die ihrerseits eigentlich nur, was sie selbst zu Beginn eher so halb wissen, einen Ort zum Ficken suchen. Das Interesse des Älteren an den beiden bleibt im gerade noch so Ungefähren, er beugt sich schon einmal zu nah an sie hin, um ihn scharwenzelt er auch eher unangenehm herum, er ist durchaus ein Creeper, versteckt das auch erst gar nicht, aber er ist keine Gefahr für niemand, dafür ist auch die Differenz zwischen den Gesichtern zu groß, es geht ihm nur darum, wenigstens noch einmal auf der coolen Seite des Lebens zu stehen.

Drei ganz normale Leben in einer ziemlich kaputten Mainstreamwelt (man hört und redet über Status Quo), in dem man von den einen keinen Job, und von den anderen fast eins aufs Maul bekommt, weil man angeblich arbeitsscheu ist. Das eher Ungeschlachtene der Regie (die sich nur einmal zu echter Eleganz aufschwingt, während eines tracking shots durch ein erschreckend ruinöses Berlin; meine Güte, allein wie die S-Bahn-Stationsschilder damals ausgesehen haben) passt dazu. Die Dialoge haben etwas Brachiales in ihrem Bemühen, ungekünstelt realistisch zu sein. "Lass Annette doch rein, wenn se pullern muss." "Wo geht ihr denn so rocken?" "Aber Du liebst mich ja nicht - Doch, bis zum Wahnsinn" Auch die Musik - es läuft schon mal Kris Kristofferson (schöne Szene), aber ansonsten geht es runter bis zu "It's Now Or Never" und "Ti Amo". Konstantin Weckers Originalscore reiht sowieso einen ziemlich monotonen Synthie-Heuler an den nächsten.

Am Ende haben die beiden Generationen sich gegenseitig ausgebeutet und gehen wieder auseinander. Die jüngere ist besser weggekommen, aber soviel besser nun auch wieder nicht. Es ist alles so schäbig, ob man jetzt in schlechten Discos tanzt, oder nur den Leuten beim Tanzen zuschaut. Aber nein, natürlich ist das Zuschauen noch viel schäbiger. Erst recht auf der Eislaufbahn: Die anderen können immer besser Schlittschuhfahren als man selbst.

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