Es muss in einer heute unvorstellbaren Weise aufregend gewesen sein, in den Jahren zwischen 1928 und 1932 ins Kino zu gehen. Man wusste nie ganz genau, was man zu hören, und in der notwendig gekoppelten Erweiterung, zu sehen bekommt: kein Ton, viel Ton, irgendetwas dazwischen. Und manchmal läuft dann sogar eine "International Sound Version". Von der Existenz dieser wunderbaren Mischform wusste ich nichts, bevor ich zufällig selbst über eine gestolpert bin; weil John Fords Men Without Women nur in einer solchen Fassung überliefert ist. Es handelt sich dabei um einen Film, der ursprünglich komplett als Tonfilm produziert wurde, dem der Ton, oder jedenfalls der Originalton, jedoch wieder entzogen wird. Handlungstragende Dialoge werden zum einen mit laut aufbrausender Musik "überklebt", zum anderen in Zwischentiteln im Stummfilmstil nachgereicht. "International Sound Versions" waren, als billige Alternative zum Dubbing, für den internationalen Markt bestimmt. Was freilich nicht erklärt, warum die Zwischentitel im Fall von Men Without Women genau wie die Dialoge, die sie ersetzen, englischsprachig sind. (Vielleicht als Vorlage für Übersetzer in anderen Ländern?)
Jedenfalls setzt im Film immer dann, wenn ein längeres Gespräch beginnt, Musik ein. Und nicht irgendwelche, sondern aufbrausende Orchestermusik, rabiate und dann auch noch hochgradig repetitive Melodiebögen. Die Tonschnitte sind hart und nicht allzu präzise, oft fahren sie den Figuren unwirsch über den Mund. Die menschliche Stimme ist wiederum nicht ganz aus dem Film verschwunden, aber sie taucht fast nur auf, wenn sie etwas anderes tut, als Sinn sprachförmig, mit dem Zweck der Informationsvermittlung zu artikulieren. Also etwa wenn sie lacht, weint, singt, schreit. Wenn sie zum Ausdruck nicht der Sprache sondern des Körpers wird.
Der Film selbst ist super. Ein U-Boot-Drama, das von der Gemeinschaft der Soldaten her gedacht ist. Zuerst geht die ganze Besatzung, während des Landurlaubs, in eine Hafenkneipe. Da stehen sie dann aufgereiht am ewig langen Tresen und bekommen ein paar erotische und musikalische Attraktionen geboten. Dann müssen sie alle wieder raus, erst auf die Hafenmeile, schließlich aufs Boot, das bald beschädigt auf den Meeresgrund sinkt. Da sitzen sie dann im immer gleichen framing herum und warten auf den Tod oder auf die Rettung. Einer versucht ewig lang per Funk die Außenwelt zu erreichen, der Morsecode nimmt die Tonspur in Beschlag (wenn nicht gerade die Musik darüberwischt). Dass nicht die gesamte Besatzung den Unfall überlebt hat, ändert nichts an der Gemeinschaftsorientierung. Ganz im Gegenteil: der nahende Tod schweißt die, die übriggeblieben sind (und die sich auch so verhalten: wie Übriggebliebene) noch mehr zusammen. Ford setzt immer wieder und immer nur die Gemeinschaft ins Bild - bis sich schließlich herausstellt, dass die Rettung nur in der Vereinzelung liegen kann: Einer nach dem anderen steigt in eine Schleuse, und wird nach oben, an die tosende Wasseroberfläche, gespült. Da die Schleuse nur von innen bedient werden kann, muss einer sich aufopfern.
Der Film hat eine prozessuale Klarheit, die wenig mit Erzählung zu tun hat und eher an die zwangsläufige Abfolge der einzelnen Sätze in einer Symphonie erinnert. Gleichzeitig gibt es aber eine andere Ebene: In der Kneipe vom Anfang wird einer der Seeleute von einem Gast erkannt: als einer, der eigentlich schon tot ist. Der Rest ist nur noch Exekution.
Jedenfalls setzt im Film immer dann, wenn ein längeres Gespräch beginnt, Musik ein. Und nicht irgendwelche, sondern aufbrausende Orchestermusik, rabiate und dann auch noch hochgradig repetitive Melodiebögen. Die Tonschnitte sind hart und nicht allzu präzise, oft fahren sie den Figuren unwirsch über den Mund. Die menschliche Stimme ist wiederum nicht ganz aus dem Film verschwunden, aber sie taucht fast nur auf, wenn sie etwas anderes tut, als Sinn sprachförmig, mit dem Zweck der Informationsvermittlung zu artikulieren. Also etwa wenn sie lacht, weint, singt, schreit. Wenn sie zum Ausdruck nicht der Sprache sondern des Körpers wird.
Der Film selbst ist super. Ein U-Boot-Drama, das von der Gemeinschaft der Soldaten her gedacht ist. Zuerst geht die ganze Besatzung, während des Landurlaubs, in eine Hafenkneipe. Da stehen sie dann aufgereiht am ewig langen Tresen und bekommen ein paar erotische und musikalische Attraktionen geboten. Dann müssen sie alle wieder raus, erst auf die Hafenmeile, schließlich aufs Boot, das bald beschädigt auf den Meeresgrund sinkt. Da sitzen sie dann im immer gleichen framing herum und warten auf den Tod oder auf die Rettung. Einer versucht ewig lang per Funk die Außenwelt zu erreichen, der Morsecode nimmt die Tonspur in Beschlag (wenn nicht gerade die Musik darüberwischt). Dass nicht die gesamte Besatzung den Unfall überlebt hat, ändert nichts an der Gemeinschaftsorientierung. Ganz im Gegenteil: der nahende Tod schweißt die, die übriggeblieben sind (und die sich auch so verhalten: wie Übriggebliebene) noch mehr zusammen. Ford setzt immer wieder und immer nur die Gemeinschaft ins Bild - bis sich schließlich herausstellt, dass die Rettung nur in der Vereinzelung liegen kann: Einer nach dem anderen steigt in eine Schleuse, und wird nach oben, an die tosende Wasseroberfläche, gespült. Da die Schleuse nur von innen bedient werden kann, muss einer sich aufopfern.
Der Film hat eine prozessuale Klarheit, die wenig mit Erzählung zu tun hat und eher an die zwangsläufige Abfolge der einzelnen Sätze in einer Symphonie erinnert. Gleichzeitig gibt es aber eine andere Ebene: In der Kneipe vom Anfang wird einer der Seeleute von einem Gast erkannt: als einer, der eigentlich schon tot ist. Der Rest ist nur noch Exekution.
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