Ein Sommer im Grünen, in der Mitte Frankreichs, im Land der erloschenen Vulkane. Marie, die Hauptfigur, ist 12 Jahre und wird in dem Sommer ihre erste Periode bekommen, während anderswo auf der Welt, das Jahr ist 1939, zum Krieg gerüstet wird.
Als Zeitbild bleibt L'adolescente weitgehend subtil, wenn auch durchaus gelegentlich jene "zufällig belauschten Gespräche" vorkommen, die mir Filme dieser Art bisweilen verleiden: Ein bisschen schrulliges Gepolter über Hitler und Mussollini hier, ein paar genervte Hinweise darauf, dass diese ausländischen Angelegenheiten uns heimatverbundenen Franzosen doch eh nichts angehen da. Strategische Informationsverteilung, die im Film aber glücklicherweise nicht viel Raum einnimmt.
Denn schon die antisemitische Verunglimpfung beim ersten Auftauchen des Arztes Alexandre ist nicht nur Zeitkolorit, sondern eine Positionsbestimmung: Alexandre bleibt in der Dorfgemeinschaft ein hoffnungsloser Außenseiter, er ist deshalb auch nicht Teil der Montagesequenz, die die Dorfbewohner vorstellt, wenn Marie mit ihren Eltern im Sommerurlaubsort ankommt. Schöne, typisierende Miniaturen sind das, die außerdem ein Netz knüpfen: Sie liebt ihn und hat ihm ein Kind geboren, aber er darf sie wegen seines Vaters nicht heiraten, dafür ist eine andere dauernd schwanger und stolz darauf und eine dritte ist wahrscheinlich eine Hexe.
Zunächst bleibt der Film auf dieser Ebene, bei der Dorfgemeinschaft. Marie wird ihrerseits Teil des Netzes, aber sie wird doch nicht nicht ganz in es eingeknüpft, weil sie noch die Narrenfreiheit der Kindheit für sich beanspruchen kann, sie turnt im Netz, muss noch keine tragende Funktion einnehmen. Mit einer Freundin und zwei Jungs tobt sie durch den Heuspeicher, an einem Balken schwingt sie hin und her, hoch über den Köpfen der anderen. Neugierig beobachten die Mädchen anschließend die Jungs beim an-die-Wand-Pissen.
Dann jedoch verändert sich der Film. Es beginnt damit, dass Maries Vater verschwindet. Der hatte sich vorher immer wieder an Maries Mutter herangedrängt, sein ungestümes, noch immer jugendliches, stets plötzliches, von einem einzigen Blick getriggertes Verlangen war dabei oft, aber nicht immer, erwidert worden. Das spitzt sich zu einer Krise zu, von der der Film nur die Folge zeigt: Er fährt weg, zu Erntearbeiten vermutlich, die Mutter bleibt mit der Tochter zurück. Beide wohnen sie bei der Großmutter, und beide verlieben sie sich in Alexandre.
Der Film hört schnell auf, Sozialpanorama zu sein. Fast hat man das Gefühl, dass das Dorf überhaupt zu existieren aufhört, zumindest als eine soziale, und auch wirtschaftliche Gemeinschaft. Es gibt jetzt nur noch eine Mechanik des Gefühls, liebende Körper und sehnsüchtige Blicke. Alexandre wohnt, das passt dazu, eh nicht im Dorf, sondern in einem düsteren Märchenschloss, es gibt eine tolle Totale des Schlosses bei Dämmerung: Hinter einem Fenster brennt ein Licht, Marie stellt ihr Fahrrad ab und nähert sich dem Gebäude wie einem Geheimnis, das es zu erforschen gilt, vor dem sie aber auch ein wenig Angst hat, das zumindest unendlich größer ist als sie.
Aber Maries versponnene Kleinmädchenliebe ist nur eine kurze Episode. Ihr offensichtlich aus Filmen oder Zeitschriften abgeschauter Kussversuch wird wenn auch ungelenk abgewehrt, bald tritt die Mutter an ihre Stelle. Und anders als Marie verwandelt die Mutter sich tatsächlich in Gegenwart des Arztes, weil sie bei ihm eine sexuelle Annäherung vorfindet, die noch nicht von Besitzdenken überwuchert ist und eher eine Form von Neugier ist. Und so wird sie, wenn sie bei ihm ist, eine andere: Das Haar löst sich, die Schritte werden frei, der Blick hebt sich. Marie kauert derweil mit ihrem Fahrrad unter einer Böschung, sie erlebt einen emotionalen Überschwang, der sie überwältigt, zu Boden drückt. Im reich der Liebe funktionieren die Sortiersysteme der Gesellschaft nicht.
Statt dessen bricht im Liebestaumel etwas Archaisches über die Menschen herein, wie als wenn die Vulkane im Zentrum Frankreichs doch noch einmal ausbrechen. Man muss zu anderen, älteren Mitteln greifen. Und siehe da: Der Zaubertrank, den Marie mischt, um ihre Eltern wieder zusammenzubringen, wirkt tatsächlich.
Als Zeitbild bleibt L'adolescente weitgehend subtil, wenn auch durchaus gelegentlich jene "zufällig belauschten Gespräche" vorkommen, die mir Filme dieser Art bisweilen verleiden: Ein bisschen schrulliges Gepolter über Hitler und Mussollini hier, ein paar genervte Hinweise darauf, dass diese ausländischen Angelegenheiten uns heimatverbundenen Franzosen doch eh nichts angehen da. Strategische Informationsverteilung, die im Film aber glücklicherweise nicht viel Raum einnimmt.
Denn schon die antisemitische Verunglimpfung beim ersten Auftauchen des Arztes Alexandre ist nicht nur Zeitkolorit, sondern eine Positionsbestimmung: Alexandre bleibt in der Dorfgemeinschaft ein hoffnungsloser Außenseiter, er ist deshalb auch nicht Teil der Montagesequenz, die die Dorfbewohner vorstellt, wenn Marie mit ihren Eltern im Sommerurlaubsort ankommt. Schöne, typisierende Miniaturen sind das, die außerdem ein Netz knüpfen: Sie liebt ihn und hat ihm ein Kind geboren, aber er darf sie wegen seines Vaters nicht heiraten, dafür ist eine andere dauernd schwanger und stolz darauf und eine dritte ist wahrscheinlich eine Hexe.
Zunächst bleibt der Film auf dieser Ebene, bei der Dorfgemeinschaft. Marie wird ihrerseits Teil des Netzes, aber sie wird doch nicht nicht ganz in es eingeknüpft, weil sie noch die Narrenfreiheit der Kindheit für sich beanspruchen kann, sie turnt im Netz, muss noch keine tragende Funktion einnehmen. Mit einer Freundin und zwei Jungs tobt sie durch den Heuspeicher, an einem Balken schwingt sie hin und her, hoch über den Köpfen der anderen. Neugierig beobachten die Mädchen anschließend die Jungs beim an-die-Wand-Pissen.
Dann jedoch verändert sich der Film. Es beginnt damit, dass Maries Vater verschwindet. Der hatte sich vorher immer wieder an Maries Mutter herangedrängt, sein ungestümes, noch immer jugendliches, stets plötzliches, von einem einzigen Blick getriggertes Verlangen war dabei oft, aber nicht immer, erwidert worden. Das spitzt sich zu einer Krise zu, von der der Film nur die Folge zeigt: Er fährt weg, zu Erntearbeiten vermutlich, die Mutter bleibt mit der Tochter zurück. Beide wohnen sie bei der Großmutter, und beide verlieben sie sich in Alexandre.
Der Film hört schnell auf, Sozialpanorama zu sein. Fast hat man das Gefühl, dass das Dorf überhaupt zu existieren aufhört, zumindest als eine soziale, und auch wirtschaftliche Gemeinschaft. Es gibt jetzt nur noch eine Mechanik des Gefühls, liebende Körper und sehnsüchtige Blicke. Alexandre wohnt, das passt dazu, eh nicht im Dorf, sondern in einem düsteren Märchenschloss, es gibt eine tolle Totale des Schlosses bei Dämmerung: Hinter einem Fenster brennt ein Licht, Marie stellt ihr Fahrrad ab und nähert sich dem Gebäude wie einem Geheimnis, das es zu erforschen gilt, vor dem sie aber auch ein wenig Angst hat, das zumindest unendlich größer ist als sie.
Aber Maries versponnene Kleinmädchenliebe ist nur eine kurze Episode. Ihr offensichtlich aus Filmen oder Zeitschriften abgeschauter Kussversuch wird wenn auch ungelenk abgewehrt, bald tritt die Mutter an ihre Stelle. Und anders als Marie verwandelt die Mutter sich tatsächlich in Gegenwart des Arztes, weil sie bei ihm eine sexuelle Annäherung vorfindet, die noch nicht von Besitzdenken überwuchert ist und eher eine Form von Neugier ist. Und so wird sie, wenn sie bei ihm ist, eine andere: Das Haar löst sich, die Schritte werden frei, der Blick hebt sich. Marie kauert derweil mit ihrem Fahrrad unter einer Böschung, sie erlebt einen emotionalen Überschwang, der sie überwältigt, zu Boden drückt. Im reich der Liebe funktionieren die Sortiersysteme der Gesellschaft nicht.
Statt dessen bricht im Liebestaumel etwas Archaisches über die Menschen herein, wie als wenn die Vulkane im Zentrum Frankreichs doch noch einmal ausbrechen. Man muss zu anderen, älteren Mitteln greifen. Und siehe da: Der Zaubertrank, den Marie mischt, um ihre Eltern wieder zusammenzubringen, wirkt tatsächlich.