Wednesday, July 25, 2007

Opera, Dario Argento, 1987

Kann man bei einem Regisseur, der bereits seinen ersten Film medial so vielseitig verschachtelt wie L'ucella dalle piume di cristallo noch von einer selbstreflexiven Wendung in der späteren Karriere sprechen? Oder angesichts der Tatsache, dass er die Mordszenen in 4 moche die velluto grigio mit einer eigens aus der DDR (warum eigentlich ausgerechnet aus der DDR?) eingeflogenen Spezialkamera drehte, von einem manierierten Spätwerk? Im Grunde scheint man Argentos Werk mit Begriffen wie "selbstreflexiv" oder "manieriert" nicht mehr wirklich beikommen zu können.
Und doch scheint der Italo-Splattermeister mit Opera in mancher Hinsicht noch einmal in eine andere Dimension vorzustoßen. Möglicherweise lässt es sich so beschreiben, dass Argento in Opera nicht nur alle Regeln und Stilmittel des Genres offen ausstellt und Amok laufen lässt, sondern auch alle filmtheoretischen Überlegungen zum Splatterfilm auf der Mulvey - Clover - Williams Achse in den Film selbst integriert. So spielt beispielsweise Christina Marsillach der Reihe nach unterschiedliche Methoden des female empowerments durch. Vor allem jedoch spielt der Film von Anfang an (von den großartigen Plansequenzen im hyperbarocken Opernhaus, die so lange zwischen subjektivem, halbsubjektivem und objektivem Status wechseln, bis sich die Unterscheidungen zwischen diesen Kategorien in Luft auflöst und der Kamerablick schließlich mit keiner anderen Perspektive mehr zusammengedacht weren kann, einer hypnotischen Perspektive, die alle Bildelemente von anfang an als Funktion dieses manischen Blicks konstruiert und der die Montage im Grunde fremd ist; ironischerweise hat gerade Argento, einer der größten Antirealisten des Kinos, eine der konsequentesten Plansequenz-Ästhetiken entwickelt) mit Blickachsen, unterschiedlichen Subjekt / Objekt Verhältnissen, darüber vermittelten gegenderten Machtverhältnissen und ihrer Subvertierung.
Doch natürlich ist alles nur Spielmaterial, nie im Leben geht es in Opera um einen ernsthaften Genderdiskurs. Die feministische Filmtheorie ist nicht mehr als ein Special Effect unter vielen, der dem an allen Ecken und Enden überschäumenden Film noch ein zusätzliches diskursives Element hinzufügt.
Warum der Film unter Argentonianern oftmals einen etwas schweren Stand hat, kann ich gar nicht nachvollziehen (mir fehlt allerdings auch noch das gesamte eigentliche Spätwerk nach diesem Film). Das Opernsetting ist schlichtweg ideal in jeder Hinsicht für formale wie medienreflexive Spielereien aller Art, die anderen Schauplätze sowie die Splattersequenzen funktionieren ebenfalls äußerst gut und vor allem endet der Film mit einem nun völlig fantasmatischen Alpenfinale (genauer gesagt sogar mit einem Grasfinale), das mich gleichermaßen an Lemkes Negresco***** und an Natural Born Killers erinnert, sowohl den entfernten deutschen Vorfahren als auch den amerikanischen Erben aber locker in die Tasche steckt (ok, beides sehr unpassende Vergleiche, aber was solls). Zumindest in diesen unglaublichen letzten fünf, zehn Minuten ist Opera mindestens auf der Höhe von Suspiria und Inferno.

1 comment:

Anonymous said...

den "schweren stand" konnte ich auch nie nachvollziehen; "opera" zählt mE definitv zum essenziellen kern im werk argentos und nimmt deshalb in seinem (von essenziellem ja weitgehend befreiten) spätwerk auch eine ausnahmeposition ein.

grüße
thomas