Thursday, November 11, 2010

Totality as Conspiracy: Overkill

Frederic Jamesons These, dass die soziale Totalität moderner Gemeinschaften nur noch als Verschwörung dargestellt werden könne und dass deshalb Verschwörungsfilme eine gesellschaftliche Wahrheit gerade dann aussprächen, wenn ihre Plots besonders absurd daher kommen, erscheint angesichts des aktuellen Kinojahrs, in dem kaum ein größerer Actionfilm ohne Verschwörungstheorie auskommt, plausibler denn je. Gleichzeitig aber scheinen diese Filme selbst uninteressanter denn je, auch für eine Lektüre der Art Jamesons. Die Verschwörungsmechanik ist herabgesunken zu einer Drehbuchtrope der banalsten Art, zu einer voll konventionalisierten Form, in die man High-Concept-Formeln wie "Präsentation von Angelina Jolies aktueller Kleider- und Perückenkollektion" (daraus wurde der immerhin noch ganz coole Salt), "Rentner machen Krawall und klopfen dabei dumme Sprüche" (daraus wurde jüngst Schwentkes okay inszenierter aber leider furchtbar gescripteter Red) oder "80ies-Trash-TV-Revival" (daraus wurde die nun vollig unterirdische A-Team-Neuauflage) gießen kann, ohne dass sich die Verschwörung irgendwie zu dem verhalten müsste, womit sie da konfrontiert wird.
Die Verschwörungsfilme der Siebziger Jahre waren nicht einfach nur origineller, man spürt in ihnen vor allem auch immer ein wenig - wie auch immer ästhetisch sublimierte - Entrüstung über die realen Verschwörungen (Kennedy, Martin Luther King, Watergate, im weiteren Sinne auch Vietnam), zu denen sie sich auf komplexe Weise verhalten (das heißt eben auch und zuerst: sie haben eine Haltung). Unterhält das heutige Hollywood (oder sonst irgendwo... wobei ich de Palmas Redacted zB noch nicht gesehen habe) ein ähnliches Verhältnis zum Irakkrieg, den erfundenen Massenvernichtungswaffen, den Folterungen? Natürlich gibt es ein Verhältnis, die Verweise sind meist überdeutlich und nicht zu übersehen, aber selbst einem Film, dessen Verschwörung mit ihrem realen Vorbilder in eins fällt (Green Zone) kann ich sein liberales, gut gemeintes Programm nicht ganz abnehmen; zu routiniert greift da ein Verschwörungsrädchen ins andere, zu routiniert wird auch die Wandlung vom patriotisch-affirmativen zum patriotisch-kritischen Subjekt vollzogen (ok, das liegt vielleicht auch an Matt Damon, der kann und will halt nichts anderes sein als ein hochprofessioneller Routinier). Nicht umsonst ist in The Hurt Locker, dem besten Irakfilm, die Verschwörung radikal abwesend.
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Es mag das alles auch damit zusammenhängen, dass die Fallhöhe, die ein guter Verschwörungsplot braucht, schon in der Wirklichkeit nicht mehr gegeben ist, wenn der nominelle Chef-Verschwörer seine Untaten nur wenige Jahre später stolz publizieren und bei Oprah präsentieren kann. Wenn also der Skandal nicht mehr hinter der Lüge versteckt ist, sondern darin besteht, dass es der Lüge gar nicht mehr bedarf. Andererseits ist das vermutlich nichts neues. Siehe zum Beispiel die Tirade in Philip Roths I Married a Communist anlässlich Nixons Beerdingung.

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