Friday, April 18, 2014

The Appaloosa, Sidney J. Furie, 1966

Gesehen habe ich den Film als zweiten Teil eines double feature. Vorher hatte ich noch einmal, und wieder nicht allzu erfolgreich, versucht, das, was mich an On the Waterfront begeistert, von dem, was mich an On the Waterfront ärgert (und das sind lang nicht nur die politics...) zu trennen. Dann aber The Appaloosa, der mich in einem schon etwas erschöpften Zustand erwischt und dann komplett überrumpelt hat. Was für ein bizarrer Film (und zum Glück in 35mm, in einer Wahnsinnskopie)...

Schon Marlon Brandos Bart zu Beginn... Sein ausführlich zelebrierter Vollrausch, nach dem erst er sich endlich rasiert, dadurch aber auch nicht zu dem Clint Eastwood wird, dem er auf krude Art nachzueifern scheint... Schon rein optisch: Zu pausbäckig ist er für die Fremder-ohne-Namen-Rolle. Tatsächlich dürfte das der sanfteste Fremde ohne Namen sein, der je durch ein Italowesternimitat geritten ist. Das alles in stylischem Sixties-Cinemascope, viele Großaufnahmen, viel Aufmerksamkeit für Hüte, oft viel lehrer Raum neben nicht viel weniger lehren Gesichtern, manchmal komplex verschachtelte und verspiegelte tableaus, die so gar nicht zur Westernklarheit passen, erst recht nicht zum "weiten Land", das eigentlich die Perspektive sein sollte: raus ins Unbekannte, eine eigene Farm gründen will die mexikanische Familie, der Brando beisteht. Doch der naive Humanismus, der in diesem Handlungsstrang durchscheint, passt einfach nicht zum Italowestern-Zynismus (der in The Appaloosa allerdings eher als grundsätzliche Weltmüdigkeit ausgelegt wird). Auch die Musik, die sich erst recht an den italienischen Vorbildern orientiert, scheppert zwischendurch immer wieder eher schräg folkloristisch. Dann gibt es natürlich noch ein love interest, Anjanette Comer, eine "beschädigte Frau", und doch mit Abstand der lebendigste Mensch im Film, weil ihr Leiden wenigstens einen Grund hat (wobei...). Was sie dann allerdings ausgerechnet dem dauerdepressiven Brando in die Arme treibt? Ein bizarrer Film... Selbst das weiße Pferd mit den schwarzen Punkten, auf das Brando fixiert ist, ohne, dass man so recht weiß, warum, für das er sein Leben aufs Spiel zu setzen bereit ist, sieht reichlich sonderbar aus...

Eigentlich scheint Brando eher von einem nicht so ganz bewussten Todeswunsch angetrieben als von Tierliebe, von einem Wunsch danach, aus dem Leben zu gehen, aber eher gleitend, als mit einem großen Westernknall. Die Szene mit dem Armdrücken über den beiden Skorpionen macht das klar: Er verliert natürlich, zermanscht das Tier zwar, bevor es ihn so richtig stechen kann, doch wenn er danach auf seinen eigenen Arm mit einer abgebrochenen Flasche einsticht, ist dieser Akt der Autoaggression die aggressivste, dynamischste Geste, zu der er sich im ganzen Film durchringt. Er muss dann natürlich trotzdem noch die eitel grinsenden bad guys mit ihren säuberlich abgezirkelten Schnurrbärten abknallen, die sich ihrer Pappnsaigkeit irgendwie selbst bewusst sind. Aber das sind alles nur zombieartige Reflexe, Bewegungskinoimitat, dem aller Vitalismus entzogen ist. Am Ende kein Duell, statt dessen zielt Brando auf eine bloße Lichtspiegelung, die kurz aufblitzt, irgendwo inmitten einer Hügellandschaft, der dieses faszinierend untote Westerndrama bis zum Schluss äußerlich bleibt.

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