Ekkehard Knörer liest in der aktuellen cargo Hochbaums Kino von den avantgardistischen Anfängen her und also als eine Verfallgeschichte; die späten Filme sind dann höchstens deshalb interessant, weil der Verfall erstaunlich langsam fortschreitet. Mir gefallen, glaube ich, tatsächlich seine Studiofilme besser - nicht alle natürlich (an Leichte Kavallerie und Der Favorit der Kaiserin gibt es nicht allzu viel zu verteidigen), aber doch zumindest Vorstadtvariete, Man spricht über Jacqueline, wahrscheinlich auch Schatten der Vergangenheit, vielleicht sogar Hannerl und ihre Liebhaber. Vier Filme, die das Komische mit dem Melodramatischen in Beziehung setzen. Aber nicht einfach additiv: Komödie und auch noch Melodram. Statt dessen sind die Filme (ok, Schatten ist wahrscheinlich ein komplizierterer Fall) als straighte Komödien angelegt, und kippen ebenso bruchlos wie vollständig ins Melodramatische, ohne dabei freilich die Oberflächenreize des Komischen, oder auch die jeweils unterschiedlichen Diktionen komischer Genres, der musical comedy (Vorstadtvariete), der sophisticated Salonkomödie (Jacqueline), der Groteske (Schatten) sowie des Schwanks (Hannerl; allerdings: ein Schwank, der mit der Welt der Großindustrie vermittelt wird) jemals einzubüßen. Das Melodrama scheint geradezu daraus sich zu speisen, dass die Komödien gegen den Widerstand der eigentlich kaum komödientauglichen Hauptfiguren und einen fürs Komische nur bedingt empfändlichen Regiestil als Komödien durchexerziert werden, bis zum bitteren Ende, bzw eben: bis zu den bittersten happy ends der Filmgeschichte. (Das allerbitterste: Jacqueline; das komischste: Hannerl; das durchgeknalltest allerdings dann doch: Leichte Kavallerie).
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Eine Einstellung aus Hannerl, dem konventionellsten der vier Filme, auch dem einzige, an dem sich das Melodram stets nur punktuell festhaken kann, den es nie komplett durchformen, in den Griff bekommen kann. Die Einstellung zeigt, wie das Kino Menschen zueinander (nicht) in Beziehung setzt. Erst Albrecht Schonehals am Klavier (einer dieser inner- wie äußerlich vereisten Verzichtermänner, in die sich zu verlieben die Hochbaumfrauen regelmäßig das Unglück haben): Eine harmonische Einstellung, der Mann, seine Handlung, sein Selbstbezug, das Mobiliar, das Framing, die Lampe, alles im Lot. Sobald die Kamera sich in Bewegung setzt, ist es damit vorbei. Sie nähert sich ihm in einer anschleichenden Drehung, rückt ihm auf die Pelle, klebt ihm im Nacken, lässt sich dann rasch, fast fahrig ablenken, nach einem kurzen tracking shot fokussiert sie den Gang, den Hannerl entlang läuft, langsam, aufrecht, Schritt für Schritt, von Studiolicht immer neu illuminiert. Sie kommt direkt aus der Zentralperspektive, bleibt eingeschrieben in übereinander gelegte Bögen, bis sie sich schließlich ihrerseits ablenken lässt (und mit ihr dann wieder die Kamera). Überall ist Studio in dieser Einstellung, exakt definierte Räume (das denkt man zumindest zunächst), umrahmt von Trennwänden und Vorhängen, gelegentlich Durchsichten und Fenster, die doch nur andere Abteilungen des Studioraums offenbaren und außerdem ornamental verziert sind. Es bleibt gleich, ob die Kamera an den Figuren klebt (wie am Anfang und am Ende der Einstellung), oder autonom wird (wie dazwischen), die Kamera mag noch so agil werden, Hannerl noch so neugierig: Alles bleibt Teil desselben Zwangssystems,
Die letzten beiden Bilder verwirren mich (vielleicht liegt es nur an der schlechten Fassung, in der der Film digital leider nur vorliegt). Der Klavierspieler sollte eigentlich jenseits des linken Bildrands sitzen, und tatsächlich blickt Hannerl in diese Richtung. Aber sitzt nicht rechts im Nebenzimmer auch jemand, eventuell sogar vor einem Klavier?
Der nächste Schnitt, um 180° versetzt, außerdem ein Achsensprung. Die gläserne Trennwand erweist sich als blickdurchlässiger als erwartet. Aus was für einem Off blickt der Film auf das Liebespaar?
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Hochbaum ranking
Meisterschaft:
Vorstadtvariete, Man spricht über Jacqueline
Alles im Griff:
Schatten der Vergangenheit, Morgen beginnt das Leben, Razzia in St. Pauli, Hannerl und ihre Liebhaber
Komplizierte Fälle:
Ein Mädchen geht an Land, Drei Unteroffiziere, Die ewige Maske
Stellenlektüre:
Zwei Welten, Leichte Kavallerie, Der Favorit der Kaiserin, Brüder
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Eine Einstellung aus Hannerl, dem konventionellsten der vier Filme, auch dem einzige, an dem sich das Melodram stets nur punktuell festhaken kann, den es nie komplett durchformen, in den Griff bekommen kann. Die Einstellung zeigt, wie das Kino Menschen zueinander (nicht) in Beziehung setzt. Erst Albrecht Schonehals am Klavier (einer dieser inner- wie äußerlich vereisten Verzichtermänner, in die sich zu verlieben die Hochbaumfrauen regelmäßig das Unglück haben): Eine harmonische Einstellung, der Mann, seine Handlung, sein Selbstbezug, das Mobiliar, das Framing, die Lampe, alles im Lot. Sobald die Kamera sich in Bewegung setzt, ist es damit vorbei. Sie nähert sich ihm in einer anschleichenden Drehung, rückt ihm auf die Pelle, klebt ihm im Nacken, lässt sich dann rasch, fast fahrig ablenken, nach einem kurzen tracking shot fokussiert sie den Gang, den Hannerl entlang läuft, langsam, aufrecht, Schritt für Schritt, von Studiolicht immer neu illuminiert. Sie kommt direkt aus der Zentralperspektive, bleibt eingeschrieben in übereinander gelegte Bögen, bis sie sich schließlich ihrerseits ablenken lässt (und mit ihr dann wieder die Kamera). Überall ist Studio in dieser Einstellung, exakt definierte Räume (das denkt man zumindest zunächst), umrahmt von Trennwänden und Vorhängen, gelegentlich Durchsichten und Fenster, die doch nur andere Abteilungen des Studioraums offenbaren und außerdem ornamental verziert sind. Es bleibt gleich, ob die Kamera an den Figuren klebt (wie am Anfang und am Ende der Einstellung), oder autonom wird (wie dazwischen), die Kamera mag noch so agil werden, Hannerl noch so neugierig: Alles bleibt Teil desselben Zwangssystems,
Die letzten beiden Bilder verwirren mich (vielleicht liegt es nur an der schlechten Fassung, in der der Film digital leider nur vorliegt). Der Klavierspieler sollte eigentlich jenseits des linken Bildrands sitzen, und tatsächlich blickt Hannerl in diese Richtung. Aber sitzt nicht rechts im Nebenzimmer auch jemand, eventuell sogar vor einem Klavier?
Der nächste Schnitt, um 180° versetzt, außerdem ein Achsensprung. Die gläserne Trennwand erweist sich als blickdurchlässiger als erwartet. Aus was für einem Off blickt der Film auf das Liebespaar?
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Hochbaum ranking
Meisterschaft:
Vorstadtvariete, Man spricht über Jacqueline
Alles im Griff:
Schatten der Vergangenheit, Morgen beginnt das Leben, Razzia in St. Pauli, Hannerl und ihre Liebhaber
Komplizierte Fälle:
Ein Mädchen geht an Land, Drei Unteroffiziere, Die ewige Maske
Stellenlektüre:
Zwei Welten, Leichte Kavallerie, Der Favorit der Kaiserin, Brüder