Zu den drei Regisseuren der deutschen Exil-Filmgeschichte, deren Werk das Zeughauskino in den letzten Jahren präsentiert hat - Max Ophüls, Fritz Lang und Robert Siodmak -, steht Sirk in vieler Hinsicht quer. Sirk hat Deutschland deutlich später verlassen als diese drei und auch als die meisten anderen Exilanten. Seine Filmkarriere hat er nicht in der Weimarer Republik begonnnen, sondern in der NS-Zeit. Tatsächlich muss man davon ausgehen, dass er inbesondere bei seinem Einstieg ins Filmgeschäft 1934 direkt von der nationalsozialitischen Filmpolitik profitiert hat; schließlich hatte die UFA, die ihn unter Vertrag nahm, bereits im Frühjahr 1933 ihre jüdischen Angestellten entlassen. Und schließlich hat er das Land seines Exils, die USA, zwar ebenfalls wieder verlassen, aber er hat nach seiner Rückkehr nach Europa seine Filmkarriere nicht fortgesetzt.
Vielleicht nicht zufällig ist Sirk auch der einzige der vier, der in den USA seinen Namen wechselte. Und auch weil der geborene Hans Detlef Sierck selbst gerne und ausführlich über die Titel seiner Filme nachdachte, kann man einen Moment bei diesem Namenswechsel bleiben. Gleich dazu gesagt: Das beruht jetzt nicht auf ernsthafter historischer Recherche, sondern ist lediglich ein Gedankenspiel, die Filmhistoriker unter Ihnen mögen mir das Nachsehen. Aber gerade was den Vornamen betrifft, scheint mir der Namenswechsel nicht uninteressant. Sirks Gebutsname Detlef bedeutet ethymologisch “Sohn des Volkes”, oder “der im Volke lebende”, sein erwählter Name Douglas stammt zwar ursprünglich aus dem Gälischen, ist aber vor allem mit einer schottischen Adelsfamilie assoziiert. Insofern wäre seine Namensänderung gleichzeitig ein Akt der Entwurzelung und ein Hinweis auf die aristokratischen Sehnsüchte eines Bürgersohns.
Jedenfalls war Sirk stärker als Lang, Siodmak, Ophüls, selbst Lubitsch darum bemüht, sich in Amerika neu zu erfinden. Tatsächlich scheint der Regisseur ein grundsätzlich anderes Verhältnis zu den USA gehabt zu haben als die meisten anderen Exilanten, denen Sirk in Interviews vorgeworfen hat, sich gar nicht wirklich auf ihr Gastland einzulassen. Das ist zwar auch wieder unfair, aber es gibt da glaube ich tatsächlich einen Unterschied. Der zeigt sich schon darin, dass Sirk sich, gezwungenermaßen, in den ersten Jahren seines amerikanischen Exils nicht, wie die anderen Exilanten, in Los Angeles niederließ, sondern im San Fernando Valley und in Pomona als Farmer arbeitete, Hühner züchtete, Luzerne anbaute. Seine erste filmische Arbeit in Amerika war eine leider verschollene Dokumentation über Weinanbau in einer kalifornischen Abtei. Und auch der Film des heutigen Abends offenbart Sirks besonderes Interesse am ländlichen Amerika.
Meet Me at the Fair ist nicht der nächstliegende Film, um eine Sirk-Retrospektive zu eröffnen. Einer der Gründe, warum wir ihn dennoch ausgewählt haben, ist die außergewöhnlich schöne Technicolor-Kopie, die uns Universal zur Verfügung gestellt hat. Ein anderer ist, dass wir Sirk in dieser Reihe gerade nicht als den Schöpfer einer Handvoll Meisterwerke vorstellen wollen, sondern als einen Kino-professional, der in zwei unterschiedlichen Studiosystemen reüssierte. Meet Me at the Fair stammt aus Sirks produktivster Phase Anfang der 1950er, als er für Universal jedes Jahr bis zu vier meist eher niedrig büdgetierte Filme abdrehte.
Ein dritter Grund ist der Film selbst. Meet Me at the Fair ist nicht nur ein reflexives komödiantisches Musical, das besonders in seiner zentralen, bezaubernden Song-and-dance-Nummer, im Grunde aber von Anfang an ein fluides Verhältnis zwischen Fiktion und Leben, zwischen Bühne und Welt etabliert. Sondern auch ein Stück americana. Also eine nostalgisch gefärbte Erzählung über die Lebensart des kleinstädtischen Amerikas, die der Film gleichzeitig amüsiert beobachtet, durchaus detailverliebt rekonstruiert und mit jener sanften Ironie kritisiert, die in intensivierter Form auch seine späteren, weitaus berühmteren Melodramen prägt.
Wenn es Sirk in Meet Me at the Fair darum geht, in das ländliche Herz der USA vorzudringen, dann findet er da allerdings gerade keine Essenz zum Beispiel des Völkischen, sondern eine populäre Kultur, die hybrid und in sich widersprüchlich ist. Das Amerika, das Sirk interessiert, ist nicht mit sich selbst identisch, sondern immer schon eine Erfindung, und die Sympathien des Films gehören, scheint mir, durchweg den Figuren, die genau das auch anerkennen. Das betrifft insbesondere die Hauptfigur Doc, die Richard Brody im New Yorker recht nachvollziehbar als ein alter ego des Regisseurs beschrieben hat. Brody bezieht sich dabei auf die hochkulturelle Prägung, die in der Figur bisweilen durchscheint, ich würde hinzufügen, dass eine vielleicht noch wichtigere Ähnlichkeit im kreativen Umgang mit eigenen und fremden Identitäten besteht. Nicht umsonst greift Sirks Regie Docs Angebereien gleich mehrmals spielerisch auf.
Das betrifft aber zum Beispiel auch Enoch Jones, einen Schwarzen, der mit Doc gemeinsam durchs Land zieht (gespielt von Scatman Crothers, später der Koch in The Shining). Auf den ersten Blick ist das ein geradezu prototypischer black sidekick, der sich dann auch noch ausgerechnet vor Geistern fürchten muss. Der sich aber nicht nur schnell von solchen rassistischen Stereotypen emanzipiert, sondern sie in einer denkwürdigen Gesangsnummer sogar umzudrehen und strategisch einzusetzen versteht.
Vielleicht nicht zufällig ist Sirk auch der einzige der vier, der in den USA seinen Namen wechselte. Und auch weil der geborene Hans Detlef Sierck selbst gerne und ausführlich über die Titel seiner Filme nachdachte, kann man einen Moment bei diesem Namenswechsel bleiben. Gleich dazu gesagt: Das beruht jetzt nicht auf ernsthafter historischer Recherche, sondern ist lediglich ein Gedankenspiel, die Filmhistoriker unter Ihnen mögen mir das Nachsehen. Aber gerade was den Vornamen betrifft, scheint mir der Namenswechsel nicht uninteressant. Sirks Gebutsname Detlef bedeutet ethymologisch “Sohn des Volkes”, oder “der im Volke lebende”, sein erwählter Name Douglas stammt zwar ursprünglich aus dem Gälischen, ist aber vor allem mit einer schottischen Adelsfamilie assoziiert. Insofern wäre seine Namensänderung gleichzeitig ein Akt der Entwurzelung und ein Hinweis auf die aristokratischen Sehnsüchte eines Bürgersohns.
Jedenfalls war Sirk stärker als Lang, Siodmak, Ophüls, selbst Lubitsch darum bemüht, sich in Amerika neu zu erfinden. Tatsächlich scheint der Regisseur ein grundsätzlich anderes Verhältnis zu den USA gehabt zu haben als die meisten anderen Exilanten, denen Sirk in Interviews vorgeworfen hat, sich gar nicht wirklich auf ihr Gastland einzulassen. Das ist zwar auch wieder unfair, aber es gibt da glaube ich tatsächlich einen Unterschied. Der zeigt sich schon darin, dass Sirk sich, gezwungenermaßen, in den ersten Jahren seines amerikanischen Exils nicht, wie die anderen Exilanten, in Los Angeles niederließ, sondern im San Fernando Valley und in Pomona als Farmer arbeitete, Hühner züchtete, Luzerne anbaute. Seine erste filmische Arbeit in Amerika war eine leider verschollene Dokumentation über Weinanbau in einer kalifornischen Abtei. Und auch der Film des heutigen Abends offenbart Sirks besonderes Interesse am ländlichen Amerika.
Meet Me at the Fair ist nicht der nächstliegende Film, um eine Sirk-Retrospektive zu eröffnen. Einer der Gründe, warum wir ihn dennoch ausgewählt haben, ist die außergewöhnlich schöne Technicolor-Kopie, die uns Universal zur Verfügung gestellt hat. Ein anderer ist, dass wir Sirk in dieser Reihe gerade nicht als den Schöpfer einer Handvoll Meisterwerke vorstellen wollen, sondern als einen Kino-professional, der in zwei unterschiedlichen Studiosystemen reüssierte. Meet Me at the Fair stammt aus Sirks produktivster Phase Anfang der 1950er, als er für Universal jedes Jahr bis zu vier meist eher niedrig büdgetierte Filme abdrehte.
Ein dritter Grund ist der Film selbst. Meet Me at the Fair ist nicht nur ein reflexives komödiantisches Musical, das besonders in seiner zentralen, bezaubernden Song-and-dance-Nummer, im Grunde aber von Anfang an ein fluides Verhältnis zwischen Fiktion und Leben, zwischen Bühne und Welt etabliert. Sondern auch ein Stück americana. Also eine nostalgisch gefärbte Erzählung über die Lebensart des kleinstädtischen Amerikas, die der Film gleichzeitig amüsiert beobachtet, durchaus detailverliebt rekonstruiert und mit jener sanften Ironie kritisiert, die in intensivierter Form auch seine späteren, weitaus berühmteren Melodramen prägt.
Wenn es Sirk in Meet Me at the Fair darum geht, in das ländliche Herz der USA vorzudringen, dann findet er da allerdings gerade keine Essenz zum Beispiel des Völkischen, sondern eine populäre Kultur, die hybrid und in sich widersprüchlich ist. Das Amerika, das Sirk interessiert, ist nicht mit sich selbst identisch, sondern immer schon eine Erfindung, und die Sympathien des Films gehören, scheint mir, durchweg den Figuren, die genau das auch anerkennen. Das betrifft insbesondere die Hauptfigur Doc, die Richard Brody im New Yorker recht nachvollziehbar als ein alter ego des Regisseurs beschrieben hat. Brody bezieht sich dabei auf die hochkulturelle Prägung, die in der Figur bisweilen durchscheint, ich würde hinzufügen, dass eine vielleicht noch wichtigere Ähnlichkeit im kreativen Umgang mit eigenen und fremden Identitäten besteht. Nicht umsonst greift Sirks Regie Docs Angebereien gleich mehrmals spielerisch auf.
Das betrifft aber zum Beispiel auch Enoch Jones, einen Schwarzen, der mit Doc gemeinsam durchs Land zieht (gespielt von Scatman Crothers, später der Koch in The Shining). Auf den ersten Blick ist das ein geradezu prototypischer black sidekick, der sich dann auch noch ausgerechnet vor Geistern fürchten muss. Der sich aber nicht nur schnell von solchen rassistischen Stereotypen emanzipiert, sondern sie in einer denkwürdigen Gesangsnummer sogar umzudrehen und strategisch einzusetzen versteht.
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