Sunday, August 28, 2016

Keine Feier ohne Meyer, Carl Boese, 1931

Ein Geschäftshaus. Rechts befinden sich die Räumlichkeiten einer Heiratsvermittlung, die mit der Herstellung von Gefühlen befasst ist. Das schlicht MEYER betitelte Unternehmen besteht aus Meyer (Siegfried Arno) und einer Sekretärin. Zwischen MEYER und Meyer besteht kein Unterschied, der Mann verkörpert das Unternehmen, das deshalb ganz selbstverständlich auch die Interessen des Mannes vertritt: Meyer will heiraten. Und weil Meyer / MEYER versteht, dass sich sozial relevante Gefühle nicht im Innern von Personen befinden, sondern zwischenmenschlich realisiert werden (wie Geschäfte), ist das Objekt seines Heiratwunsches ihm weit weniger wichtig als der potentielle Schwiegervater, der allein die Macht hat, ein Gedankenspiel in Liebe zu verwandeln.

Die Tochter (Dina Gralle) liebt allerdings einen anderen. Andere, uninteressantere Filme würden das Ganze so auflösen, dass MEYER wieder auf Meyer reduziert wird, dass Geschäftliches wieder von Höchstpersönlichem geschieden, beziehungsweise auf dieses reduziert wird. In Keine Feier ohne Meyer allerdings lässt sich die Tochter ihrerseits auf ein Geschäft ein, und entledigt sich mithilfe von MEYER (und jeder Menge Drehtürfun) dem ungeliebten Meyer.

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Links im Geschäftshaus befinden sich die Büros einer Stahlfabrik. Ein schwerfäliges Unternehmen alter Schule ist das; wo bei MEYER Menschen und Funktionen geschmeidig solange aufeinander abgestimmt werden, bis alle halbwegs ihren Spaß haben, werden in der Stahlfabrik Menschen statisch auf Funktionen festgelegt. In einer umwerfenden Sequenz bringt Meyer diese Ordnung durcheinander, indem er einen Besucher durch die Büroräumlichkeiten führt und sich selbst den verdutzten Mitarbeitern als Funktionsträger zu erkennen gibt - ohne freilich eine konkrete Funktion zu benennen. Der Stahl ist nicht stählern genug, weiß Meyer einen Mitarbeiter zurecht, der auf seinen Schreibtisch stolz einen Stahlzylinder gelegt hat.

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Der von Anfang an eigentümlichen Rhythmus des Films (der sich weigert, sich in ein stählern-kulturindustrielles Zeitregime zu fügen) kippt endgültig ins Synkopische, wenn im letzten Drittel Lucie Englisch auftaucht, als eine schluffige Stenotypistin, die stur in den Kulissen stehen bleibt (und in einer rührenden Szene von einer resoluten Putzfrau umarmt wird), obwohl im Handlungsgefüge kein Platz für sie vorgesehen scheint. Bis schließlich klar wird: Natürlich braucht es sie, wer sonst könnte es hinbekommen, Sex mit Kartoffelsalat zu verwechseln.

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