Friday, May 01, 2020

Adorno: Kulturkritik der Gesellschaft, S. 31-46, "Das Bewußtsein der Wissenssoziologie"

Die Kritische Theorie ist "nur insoweit die Lehre von den Beziehungen der Menschen, wie sie auch die Lehre von der Unmenschlichkeit ihrer Beziehungen ist" - solche rhetorische Schmuckstücke wirken in dem Text etwas verloren, wie Selbstzweck fast, ohne rechte Verbindung zur Struktur des Arguments. Mir fehlt Kontext, klar, aber ich habe doch den Verdacht, dass Adorno einen recht selektiven, polemischen Zugriff auf die Schriften Karl Mannheims, seines Gegners, wählt; er gibt es mehr oder weniger selbst zu, im ersten Absatz: er bezieht sich auf ein älteres Buch, das sich "nicht auf jegliche seiner Formulierungen" festlegen lasse.

Das Verhältnis von Kritischer Theorie und Wissenschaftssoziologie (sicherlich andernorts hinreichend erschlossen, historisiert usw) erschließt sich mir aus dem Text nicht; dass Adornos Attacken primär auf Formalmethodisches zielen (beziehungsweise: dass der Übergang von formalmethodischer zu politischer Kritik nicht immer einleuchtet) mag dafür sprechen, dass die Differenzen nicht immer gar so klar konturiert sind.

Was mich interessiert, ist die Passage zum, beziehungsweise gegen das Beispiel. Das Prinzip des Beispiels als einer bloßen Illustration des Allgemeinen durchs Besondere ist nicht nur intellektuell unredlich, weil es einen formalen Abstraktionsmechanismus mit Analyse verwechselt, sondern kann auch beschrieben werden als eine Verformung dessen, was einmal Material war und nun nur noch als Fundgrube für sorgfältig zurechtgestutzte Beispielen dient. Das Ergebnis ist Lächerlichkeit und Nichtigkeit, gut nachvollziehbar in weiß Gott wie vielen akademischen Arbeiten, die im Methodenteil Theorie aufarbeiten und dieselbe im Anschluss zur Anwendung bringt.

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