John Waters präsentiert 86 Minuten lang Classic American Showmanship: Ich weiss zwar, dass ich niemanden mehr schockieren kann, aber ich gehe trotzdem raus und erzähle Euch was über Fistfuck und den Anus und diese eine Szene aus Pink Flamingos.
Wer John Waters lediglich als anarchischen Bürgerschreck wahrnahm, lag schon immer falsch. Zwar war der unbedingte Wille zum Tabubruch stets ein wichtiges Element des watersschen Universums, doch mindestens ebenso viel Aufmerksamkeit schenkte er der Konstruktion der eigenen Kunstfigur. This Filthty World, eine abgefilmte Stand-Up Routine erfährt ihren einzigen ästhetischen Mehrwert gegenüber ihrer Vorlage (welcher allerdings keineswegs die Anwesenheit des großartigen Entertainers zu ersetzen imstande ist) durch einige wenige Gegenschnitte von Waters auf das Publikum. Letzteres besteht größtenteils aus gutsituierten jungen Menschen ohne jegliche Auffälligkeit und lässt so die Watersschen Eigenheiten nur noch deutlicher hervortreten. John Waters ist mit seiner eigenen Kunstfigur so stark verschmolzen wie sonst höchstens Johnny Knoxville.
Wer mit John Waters Filmen und Essays vertraut ist, wird durch This Filthy World nichts neues erfahren (und wer dies nicht ist, sollte es schleunigst nachholen), wer jedoch während der Berlinale 86 Minuten lang vor den Dummheiten und Lautsprechern jeder Art, denen das Festival sicherlich auch in diesem Jahr wieder ein Forum bieten wird, fliehen möchte, dem sei die Gesellschaft dieses stets intelligenten und absolut geschmackssicheren älteren Herren dringend ans Herz gelegt.
No comments:
Post a Comment