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Monday, February 22, 2016

Berlinale 2016 ranking

9 A Lullaby to the Sorrowful Mystery, Lav Diaz, 2016
9 Adventures of Electric Rod Boy, Shinya Tsukamoto, 1987
9 From the Notebook of..., Robert Beavers, 1972
9 Creepy, Kiyoshi Kurosawa, 2016
8 Solitude of One Divided by 880000, Sogo Ishii, 1978
8 UNK, Macoto Tezuka, 1979
8 L'avenir, Mia Hansen-Love, 2016
8 Tokyo Cabbageman K,, Akira Ogata, 1980
8 A Quiet Passion, Terence Davies, 2016
8 Saint Terrorism, Masashi Yamamoto, 1980
8 The Color of Money, Marin Scorsese, 1986*
7 Short Stay, Ted Fendt, 2016
7 City of Jade, Midi Z, 2016
7 Rudolf Thome Überall Blumen, Serpil Turhan, 2016
7 Quiz Show, Robert Redford, 1994
7 Verfluchte Liebe Deutscher Film, Dominik Graf, Johannes Sievert, 2016
7 Chi-Ray, Spike Lee, 2015
7 Gangs of New York, Martin Scorsese, 2002*
7 Ta'ang, Wang Bing, 2016
7 The Revolution Won't Be Televised, Rama Thiaw, 2016
7 Havarie, Philip Scheffner, 2016
7 Klammer auf Klammer zu, Hellmuth Costard, 1966
7 The Fabulous Baker Boys, Steve Kloves, 1989*
6 Between Fences, Avi Mograbi, 2016
6 Happiness Avenue,
6 Jimmy Orpheus, Roland Klick, 1966
6 Barakah Meets Barakah, Mahmoud Sabbagh, 2016
6 And-Ek Ghes..., Philip Scheffner, Colorado Velcu, 2016
6 Toz Bezi / Dust Cloth, Ahu Öztürk, 2016
6 High-School-Terror, Macoto Tezuka, 1981
6 Eldorado XXI, Salome Lamas, 2016
6 Midnight Special, Jeff Nichols, 2016
6 Frauen in Deutschland, Peter Otto, 1966
6 Die Reise nach Sundevit, Heiner Carow, 1966
5 Fuocoammare / Fire at Sea, Gianfranco Rosi, 2016
5 Die Aussicht, Kurt Krigar, 1966
5 Ameonna / The Rain Women, Shinobu Yaguchi, 1990
5 Little Men, Ira Sachs, 2016
5 Entscheidung fürs Lernen, Peter Ulbrich, 1966
5 Boris sans Beatrice, Denis Cote, 2016
5 Elf Jahre alt, Winfried Junge, 1966
5 Crosscurrent, Yang Chao, 2016
5 Trivisa, Frank Hui / Jevons Au Man Kit, Vicky Wong, 2016
4 Tempestad, Tatiana Huezo, 2016
4 Hail, Caesar!, Coen Bros, 2016
4 Inertia, Idan Haguel, 2015
4 Es genügt nicht, 18 zu sein, Kurt Tetzlaff, 1966
4 Kate Plays Christine, Robert Greene, 2016
4 Es, Ulrich Schamoni, 1966
3 Kopfstand Madam!, Chrstian Rischert, 1967
3 Der Preis der Freiheit, Egon Monk, 1966
3 Soy Nero / I Am Nero, Rafi Pitts, 2016
3 Tales of Two Who Dreamt, Andrea Bussmann / Nicolas Pereda, 2016
2 Auf Einmal, Asli Özge, 2016
2 Life After Life, Zhang Hanyi, 2016
2 Yarden, Mans Mansson, 2016
2 Cartas da Guerra, Ivo Ferreira, 2016
1 24 Wochen, Anna Zohra Berrached, 2016
1 Ilegitim, Adrian Sitaru, 2016

*rewatch

Thursday, February 19, 2015

Berlinale 2015 ranking

***** An American Romance, King Vidor, 1944
***** The River, Jean Renoir, 1951
***** Show Boat, George Sidney, 1951
***** The Shepherd of the Hills, Henry Hathaway, 1941
***** Leave Her to Heaven, John M. Stahl, 1945
***** The Naked Spur, Anthony Mann, 1953
***** She Wore a Yellow Ribbon, John Ford, 1949
***** Niagara, Henry Hathaway, 1953
***** Balikbayan #1 Memories of Overdevelopment Redux III, Kidlat Tahimik, 2015
***** Knight of Cups, Terrence Malick, 2015
***** Black Narcissus, Michael Powell / Emeric Pressburger, 1947
***** Orchard Street, Ken Jacobs, 1955
***** Anne of the Indies, Jacques Tourneur, 1951
***** Blood and Sand, Rouben Mamoulian, 1941
***** Broken Arrow, Delmer Daves, 1950
***** Gentlemen Prefer Blondes, Howard Hawks, 1953
***** Las ninas Quispe, Sebastian Sepulveda, 2013
***** Singin' in the Rain, Stanley Donen / Gene Kelly, 1952
***** Der Geldkomplex, Juan Rodriganez, 2015
***** Scaramouche, George Sidney, 1952
***** Flotel Europa, Vladimir Tomic, 2015
**** Taxi, Jafar Panahi, 2015
**** Viaggio nella dopo-storia, Vincent Dieutre, 2015
**** Cyclobs Observes the Celestial Bodies, Ken Jacobs, 2014
**** The Voice of Water, Masashi Yamamoto, 2014
**** Ototo, Kon Ichikawa, 1960
**** Queen of Earth, Alex Ross Perry, 2015
**** Redskin, Victor Schertzinger, 1929
**** Histoire de Judas, Rabah Ameur-Zaimeche, 2015
**** Aferim!, Radu Jude, 2015
**** La Cucaracha, Lloyd Corrigan, 1934
**** Atom Heart Mother, Ali Ahmadzade, 2015
**** Ivanhoe, Richard Thorpe, 1952
**** An Actor's Revenge, Kon Ichikawa, 1963
**** Suenan los androides, Ion de Sosa
**** The Forbidden Room, Guy Maddin, 2015
**** This Happy Breed, David Lean, 1944
**** The Three Musketeers, George Sidney, 1948
*** Le dos Rouge, Antoine Barraud, 2015
*** Ned Rifle, Hal Hartley, 2015
*** Enjo, Kon Ichikawa, 1958
*** The Boda Boda Thieves, Yes! That's Us, 2015
*** Was heißt hier Ende? Der Filmkritiker Michael Althen, 2015
*** La mujer de barro, Sergio Castro San Martin, 2015
*** Sweethearts, W.S. van Dyke, 1938
*** As Hiper Mulheres, Carlos Fausta / Leonardo Sette / Takuma Kuikuro, 2011
*** Big Father, Small Father and Other Stories, Dang Di Phan, 2015
** The Garden of Allah, Richard Boleslawski, 1936
** Hedi Schneider steckt fest, Sonja Heiss, 2015
** Counting, Jem Cohen, 2015
** Exotica, Erotica, Etc., Evangelia Kranioti, 2015
** Nasty Baby, Sebastian Silva, 2015
** Blanche Fury, Marc Allegret, 1948
** The Toll of the Sea, Chester M. Franklin, 1922
** Beira-Mar, Filipe Matzenbacher / Marcio Reolon, 2015
** Queen of the Desert, Werner Herzog, 2015
* Have You Ever Killed a Bear? Or Becoming Jalila, Marwa Arsanios, 2014
* La nuit et l'enfant, David Yon, 2015
* Bankilal, Maria Dolores Arias Martinez, 2013
* Mar, Dominga Sotomayor Castillo, 2014
* H., Rania Attieh, Daniel Garcia, 2014
* El Club, Pablo Larrain, 2015

italics: rewatches

Thursday, February 05, 2015

Berlinale 2015

The African Queen
Ivanhoe
Redskin
The River
The Shepherd of the Hills
Singin' in the Rain
The Toll of the Sea
La Cucaracha

Wednesday, February 26, 2014

Berlinale 2014: Tokyo on eiyu / A Hero of Tokyo, Hiroshi Shimizu, 1935

Am Anfang eine Gruppe von Kindern, spielend vor einem Bahngleis und vor einigen jener großen Rohre mit ein, zwei, drei Metern Durchmesser, die in alten japanischen Filmen oft in der Gegend herumliegen (die in Ozus Tokyo no yado sind mir besonders deutlich in Erinnerung). Der Rahmen der Einstellung bleibt stehen, die Kinder verschwinden nach und nach aus ihr, durch Jump-Cuts. Ein Kind bleibt, weil es (wenn ich mich richtig erinnere), den ankommenden Zug in Empfang nehmen will. Schon zu Beginn gibt es eine sonderbare Spannung zwischen der offenen, ungerichteten Zeit der Spiele der Kinder und der formalen Serialisierung durch die kinderfressende Montage.

Es gründet sich dann eine neue Familie: Der Junge und dessen Vater, ein Witwer, dessen neue Frau, ebenfalls eine Witwe und deren Kinder aus der ersten Ehe, ein Junge und ein Mädchen. Der Vater haut dann bald ab, der Junge ist ab sofort der älteste Mann in der Familie. Die (neue) Mutter arbeitet in einer Bar; sagt sie, aber sie sagt es auf eine Art, die klar macht (aber nicht ihren Kindern; und offensichtlich auch nicht der Berlinale-Inhaltsangabe), dass sie eigentlich Prostituierte ist. Nur aus wenigen Räumen besteht die Welt des Films bis hier: Die Familienwohnung, die Schule, auch schon einmal die Bar, glaube ich (eine zentralperspektivisch zentrierte Einstellung, ausgerichtet auf die Theke, an der Seite hochgestellte Stühle). Formal ist der Film hochkontrolliert: die Szenen fügen sich in "metrische" Montagen, die Figuren ersetzen sich nach Umschnitten nicht selten exakt im Bild. Oder sie ersetzen sich ganz ohne Schnitt, in einer Einstellung: Eine tritt aus dem Bild, eine andere tritt auf ihren Platz, die Leinwand läßt Freiräume, die besetzt werden wollen, oder eben auch nicht. Die Kinder freilich füllen den filmischen Raum gleichzeitig auf eine vollkommen natürliche Art aus, mit ihrer Gestensprache (den beim Weinen vors Gesicht behobenen Händen etc). Aus der formalen Kontrolle folgt kein kontrollierender Zugriff auf die soziale Welt, eher scheint es darum zu gehen, den Mustern des Lebens nachzuspüren. Freilich: Wenn man das tut, kann man nur zu leicht auf die Idee kommen, der Musterbildung ein klein wenig nachzuhelfen.

Erst nach dem Zeitsprung, der die Kinder erwachsen werden lässt, zeigt sich ein Problem des (trotzdem faszinierenden und schon auch bezaubernden) Films: Die formalen Schließungen finden ihre Entsprechung in narrativen Schließungen. Als die Kinder schließlich doch erfahren, womit die Mutter ihre Erziehung bezahlt hat, geraten die beiden Jüngeren (also ihre eigenen) auf die schiefe Bahn: Der Sohn wird Gangster, die Tochter (eine verwegene, tolle Schauspielerin), weil die Familie ihres Bräutigams sie verstößt, wird ebenfalls Prostituierte; der Film setzt sich fort in neue, andere Räume, die mit derselben Souveränität erschlossen werden. Kanichi dagegen ergibt sich nicht dem drift, sondern ruft den restlichen Film zur Ordnung: die Mutter, die Geschwister, sogar den Vater (der in imperialistisch-kapitalistische Schweinereien verwickelt ist).

Am Ende hat der Held aus Tokyo gesiegt. Die letzte Szene ist die mit Abstand bizarrste des Films. steht wieder in seinem Kinderzimmer, mit dem Rücken zur Kamera. An die Wand hängt er eine (vorher schon irgendwann einmal eingeführte) Kinderzeichnung, ich nehme an, sie soll seinen Vater darstellen, zeigt aber tatsächlich nur eine mit unbeholfenen Linien skizziertes Strichmännchen. Die Kontrolle, die er seiner Familie und dem Film auferlegt hat, entpuppt sich mit einem Mal als Funktion einer dritten, einer narzisstisch-psychotischen Schließung im Innern der Hauptfigur. Dann stellt er sich vors Fenster und blickt nach Draußen. Die letzte Einstellung übernimmt seinen Blick; auch sie bleibt ambivalent. In ihm entkommt der Film doch noch einmal dem Familienroman und endet mit einer Alltagsszene: Ein Junge verteilt Zeitungen; allerdings setzen auch hier gleich wieder die Jump Cuts vom Anfang ein, der Junge wird von Haus zu Haus gebeamt, er wirft, zack zack, eine Zeitung nach der anderen, der Fluss des Lebens gleich wieder segmentiert, ökonomisiert.

Sunday, February 23, 2014

Berlinale 2014: Chiisai ouchi / The Little House von Yoji Yamada

Wie schon 2013 war auch 2014 der letzte aktuelle Film, den ich auf der Berlinale gesehen habe, ein neues Werk des japanischen Klassizisten Yoji Yamada. Anders als Tokyo Family ist The Little House nicht unbedingt ein Meisterwerk; aber doch ein schöner, kluger Erinnerungsfilm. Die Rahmungen (die am Ende auf interessante Art überhand nehmen), bezeichnen die inzwischen auseinandergebrochenen Familienbanden (eindrücklich vorgeführt in Tokyo Family) sehr beiläufig, ganz eigentlich erst im Kontrast mit der noch eng verbundenen Hausgemeinschaft der Rückblende.

Der Schließung der Hausgemeinschaft, um die es geht - eine junge Frau, die sich in ihrer Ehe unwohl fühlt, eine Affäre mit einem Kollegen ihres Mannes beginnt; der Mann, der nichts ahnend sich ausgerechnet für die Verheiratung des Liebhabers seiner Frau zuständig fühlt; schließlich die Erzählerin der Geschichte, die Großtante, die bei dem Ehepaar als Hausmädchen angestellt ist - entspricht die Schließung der melodramatischen Form. (Und demenstprechend laufen die in der Gegenwart angesiedelten Rahmungen ins Offene aus...) Die Erzählführung ist hochökonomisch; die Jugendzeit der Großtante im Norden Japans wird durch eine einzige Einstellung im meterhohen Schnee repräsentiert, fast unmittelbar danach wechselt der Film in das "kleine Haus", das er dann kaum noch einmal verlässt.

Nostalgisch ist wenig an der Rückblende, die sich als Erinnerung der uralten Großtante entfaltet, die allerdings, auch da sind die schachtelartigen Rahmungen sehr klug gewählt, gleichzeitig den ganzen Film über schon tot ist - fast scheint mir, dass alle Nostalgie auf den etwas außerweltlichen knallroten Glanz der Dachziegel des Hausdachs verschoben ist. Die Rückblende setzt ein während der frühen Phasen des Pazifikkriegs und endet (zumindest fast) mit der Bombardierung Tokyos, die wiederum in einer einzigen Einstellung repräsentiert wird; in einer ziemlich sonderbaren Einstellung, genauer gesagt, in der dieser sonst ganz besonders deutlich (nämlich durchaus im Sinn eines Aufrufens von klassischen Frauenmelodramen; zum Beispiel der Filme Mikio Naruses) am klassischen japanischen Erzählkino orientierte Film plötzlich für einen kurzen Moment in ein modernistisches Register zu wechseln scheint.

Nostalgisch ist wenig an dem Film, weil die Großtante in ihrer Erinnerung nicht die Vergangenheit (und damit den Militarismus) verklärt, sondern ihre höchstpersönlichen Erfahrungen gegen die Geschichte setzt. Der Großneffe, der der innerdiegetische Adressat der Erzählung (aber vielleicht der Co-Autor der Rückblende?) ist, wirft ihr genau das einmal vor: Du kannst nicht über Deine Jugend als eine glückliche Zeit sprechen, wenn parallel dazu die Gesellschaft faschistisch wurde und brutale Vernichtungskriege in China geführt wurden. Die Rückblende allerdings ist klüger, sowohl als die Nostalgie der Großtante, als auch als der Vorwurf des Großneffen: In ihr werden die Rituale und Alltagskonventionen des japanischen Faschismus, die "Banzai!"-Rufe, das Japanfahnenschwenken, das Marschliedergegröhle nicht etwa verborgen; sie nehmen im Gegenteil viel Platz ein im Film, werden aber konfrontiert mit Gesten der Intimität, die mit ihnen absolut unvereinbar sind - weil sie sich jeder Verallgemeinerung und Vergemeinschaftung entziehen: ein Kniff in den Oberarm, ein verstohlener Blick, eine gestreifte Berührung im Vorbeigehen. Und im Zentrum ein Begehren, das noch nicht einmal in solchen Gesten sich entäußern kann, weil es sich selbst nicht erkennt.

Saturday, February 22, 2014

Berlinale 2014: A Dream of Iron von Kelvin Kyung Kun Park

Ein Film, mit dem ich erst nicht allzu viel anfangen konnte, der aber seither nicht so recht Ruhe geben will in meinem Gedächtnis. Von Kelvin Kyung Kun Park hatte ich schon einmal einen Film gesehen, im Jahr 2011, ebenfalls im Forum, der komischerweise einen sehr ähnlichen Titel trägt: Cheonggyecheon Medley - A Dream of Iron. Da ging es um ein Stadtviertel in Seoul, das durch eine Vielzahl kleiner Elektroläden und vor allem Werkstätten geprägt ist. Oder war, es scheint da große Umstrukturierungsmaßnahmen gegeben zu haben, ich erinnere mich an eine eindrückliche Sequenz gegen Ende des Films, in der den chaotischen, ölverschmierten, schweißtreibenden selfmade-Technologien ein steriles, von kaltem Licht durchflutetes Bürogebäude entgegengestellt wurde. Besonders subtil war das, wie auch der Rest des Films, nicht; aber manchmal ist halt auch die Welt nicht besonders subtil. Dass Cheonggyecheon Medley - A Dream of Iron einen interessanten Aspekt der Welt zu fassen bekommt, war mir ein Jahr später noch einmal klar geworden: Kim Ki-duks fürchterlicher Pieta spielt über weite Strecken in demselben Stadtviertel, aber fast dieselben Bilder, die bei Park noch auf Erfahrungswerte verweisen, gerinnen bei Kim zu fadem Kunsthandwerk. Cheonggyecheon ist in Pieta nicht mehr als Folge historischer Veränderungen heruntergekommen, sondern einfach nur verkommen, ein perfektes Setting für grenzfaschistoide Mythenbildnerei.

Aber jetzt der neue Film; dessen Gegenstand bleibt viel opaker. Es geht um Schwerindustrie in einem allgemeineren Sinne, die Maschinenbilder (die den Großteild es Films ausmachen), scheinen vor allem in einem koreanischen Hafenareal gefilmt zu sein. Deutlich stärker als der eher klassisch dokumentarisch ausgerichtete ältere Film (der allerdings auch schon einen Brief enthielt, an den verstorbenen Großvater des Regisseurs) ist der neue A Dream of Iron essayistisch überformt: durch einen Liebesbrief (allerdings im Angesicht des Verlusts der/s Geliebten geschrieben); durch eine historische Passage, die sich mitantiken Höhlenmalereien, aber auch mit Streiks von Hafenarbeitern beschäftigt; schließlich, das bleibt insgesamt am unklarsten, durch Aufnahmen von buddhistischen Ritualen und gigantischen Walen, die mit den Maschinenbildern parallel geschaltet werden. Man könnte das so beschreiben, dass das maschinell Erhabene auf diese Weise um ein religiös und um ein natürlich Erhabenes ergänzt wird. Wie sich das in den restlichen Film fügen soll, ist mir aber nicht ganz klar geworden (dieser sonst eher ärgerliche Text weißt darauf hin, dass der Film ursprünglich als 3-Kanal-Videoinstallation konzipiert war und auch schon so aufgeführt wurde; vielleicht ergibt das Montagekonzept da tatsächlich mehr Sinn).

Der Gedanke aber, die eindrucksvollen, überwältigenden Maschinenbilder, die Park filmt, die etwas obsessives an sich haben, gerade weil sie sich nicht für den Wertschöpfungsprozess selbst interessieren, sondern für die Unwahrscheinlichkeit, die darin besteht, dass solche gigantischen künstlichen Strukturen überhaupt existieren, dass sie sich dann auch noch bewegen und manipulieren lassen; der Gedanke, diese Bilder mit den Höhlenmalereien in Verbindung zu bringen, interessiert mich rückblickend mehr, als er mir im Kino eingeleuchtet hat. Die wilden, gefährlichen, riesigen Tiere wurden, meint der voice over, erst an die Wand gemalt, symbolisch gebannt (und dabei vermutlich ein wenig idealisiert, überzeichnet), nachdem sie erlegt worden waren. Und auch er, Park, kann diesen Film, diesen auf der Tonspur sich gleich mehrmals im Pathoslevel vergreifenden Maschinenporno nur deshalb drehen, er kann diese Maschinen nur deshalb (mit seiner eigenen, vielleicht auch schon ein wenig veralteten Bildmaschine) symbolisch bannen, weil die Maschinen keine echte Gefahr mehr darstellen.

In den 1980ern noch, zeigen Archivaufnahmen, ketteten sich Hafenarbeiter während eines Streiks an einen gigantomanischen Hafenkran (der tatsächlich den Namen "Goliath" trug...), an eines jener Geräte, die vor allem in den Jahren der rücksichtlosen Industrialisierung Südkoreas während der Diktatur Park Chung-hees vielen Menschen das Leben kosteten, besetzen. Nun haben natürlich die Arbeiter vielleicht in einzelnen Streiks gesiegt, die Kontrolle über die Goliaths haben sie nicht errungen; wenn die heute nicht mehr als Schreckensbild taugen, hat das ganz andere Gründe. Park kann seine Bilder nicht mehr in einem triumphalistischen Modus anfertigen; sein Film ist kein Film aus der Perspektive der Sieger, sondern ein zutiefst melancholischer Film, der mindestens soviel über das Verschwinden von historischer Handlungsmacht erzählt, wie über die Schönheit der Schwerindustrie.

Berlinale 2014: The Second Game von Corneliu Porumboiu

“Wenn das Spiel wenigstens im Jahr 1989 stattgefunden hätte, dann könnte man in ihm eine politische Bedeutung finden”, sagt Corneliu Porumboius Vater einmal (sinngemäß) in dem neuen, und in gewisser Weise radikalsten Film seines Sohns. “The Second Game” besteht ausschließlich aus einer Fernsehaufnahme eines Fußballspiels, eines Aufeinandertreffens der beiden rumänischen Topteams Dinamo und Steaua Bukarest, der Vater stand mit auf dem Platz, als Schiedsrichter. Das Spiel fand 1988 statt.

Die politische “Bedeutung” liegt so oder so auf der Hand und wird vom Voice-Over-Kommentar, einem Gespräch zwischen Vater und Sohn, in der Anfangsphase kurz expliziert: Dinamo war der Club der Geheimpolizei, Steaua der der Armee, die meisten anderen Ligateams waren nicht mehr als Satelliten dieser beiden Mannschaften, die damals zu den stärksten Europas gehörten (für Steaua steht der junge Hagi auf dem Platz, nachhaltig auf sich aufmerksam machen kann er nicht). Die beiden Staatsinstitutionen stehen sich kurz vor dem Ende des Staatssozialismus auf einem praktisch unbespielbaren Platz gegenüber, im dichten Schneetreiben. Das Spiel endet 0:0. Dazu die historische Differenz und die Vermittlung über das Medium VHS: Eine hoffnungslos verrauschte Videoaufzeichnung hat Corneliu Poruboiu ausgegraben, der Ball ist meist nur als eine gelbe Schliere zu erahnen.

Ein Detail der medialen Anordnung, das mich interessiert hat: Wenn der Vater fragt, ob sie das Tape zurückspulen können, um eine Szene noch einmal genauer unter die Lupe nehmen zu können (schon um den unbändigen Kontrollzwang der Schiedsrichter in Grenzen zu halten, sollte der Videobeweis auch weiterhin nicht eingeführt werden…), antwortet der Sohn stets “nein, das geht nicht.” Mag sein, dass der VHS-Player, der für das Experiment zur Verfügung stand, tatsächlich keinen funktionierenden Rücklaufknopf besitzt. Aber dann wäre eben schon die Wahl dieses speziellen Geräts eine ästhetische Entscheidung. Denn das Gespräch zwischen Vater und Sohn dreht sich nach der eher pflichtschuldig abgehandelten politdiskursiven Anfangsphase - und zwischen langen Phasen, in denen sich die beiden wenig zu sagen haben - vor allem um verschiedene Formen von Kontrolle. Ein Schiedsrichter kontrolliert ein Spiel, wie ein Filmregisseur einen Film kontrolliert - und in diesem Fall überlässt der Filmregisseur seinen Kontrollanteil dem rumänischen Fernsehen, das stets aus sozialistischer Obhutspflicht wegschneidet, wenn sich die Spieler auf dem Feld zanken.

Fokussiert wird das auf die Vorteilsregel, die 1988 noch eine absolute Entscheidung vom Schiedsrichter verlangte: Der einmal weiterlaufengelassene Vorteil kann nicht mehr zurückgenommen werden, wenn er sich dann doch nicht einstellt. Porumboius Vater entscheidet sich fast stets für den Vorteil, für den flüssigen Rhythmus, für die elegante mise-en-scene des Fußballspiels, damit allerdings auch gegen das zwar rabiate, aber manchmal auch notwendige Unterscheidungen vornehmende Regime des Schnitts. Wie eben auch in der einen Szene gegen Ende der zweiten Halbzeit, auf die das Spiel und auch der Film mit fast schon unheimlicher Konsequenz zuzulaufen scheinen.

Monday, February 17, 2014

Berlinale 2014, ratings (final)

new films

The Midnight After (Chan, Panorama) +++
Die geliebten Schwestern (Graf, Wettbewerb) +++
Le Beau danger (Frölke, Forum) +++
Snowpiercer (Bong, Forum) +++
L'enlèvement de Michel Houellebecq (Nicloux, Forum) +++
The Guests (Jacobs, Forum) +++
The Second Game (Porumboiu, Forum) +++
Aimer, boire et chanter (Resnais, Wettbewerb) +++

That Demon Within (Lam, Panorama) ++
Boyhood (Linklater, Wettbewerb) ++
The Little House (Yamada, Wettbewerb) ++
Love Is Strange (Sachs, Panorama) ++
Ice Poison (Midi Z., Panorama) ++
umsonst (Geene, Forum E.) ++
A Dream of Iron (Park, Forum) ++
Mario Wirz (von Praunheim, Panorama) ++
Nuoc (Minh, Panorama) ++
Orbitalna (Malaszczak, Forum E.) ++
American Hustle (Russell, Special) ++
Töchter (Speth, Forum) ++

Black Coal, Thin ICe (Diao, Wettbewerb) +
The Airstrip (Emigholz, Forum) +
Ich will mich nicht künstlich aufregen (Linz, Forum) +
Fluch der Medea (Okpako, Forum E.) +
Fieber (Mikesch, Panorama) +

Das große Museum (Holzhausen, Forum) +-
Der Samurai (Kleinert, Perspektive) +-
Und in der Mitte, da sind wir (Brameshuber, Forum) +-
23rd August 2008 (Mulvey et al, Forum E.) +-
Über-Ich und Du (Heisenberg, Panorama) +-
Kumiko, the Treasure Hunter (Zellner, Forum) +-
To Singapur With Love (Tan Pin Pin, Forum) +-
Stone Cloud (Nilthamrong, Forum E.) +-
The Honor Keeper (Singh, Forum) +-
Güeros (Ruizpalacios, Panorama) +-
Anderson (Hendel, Panorama) +-
The Third Side of the River (Murga, Wettbewerb) +-
Standing Aside, Watching (Servetas, Panorama) +-

The Forest Is Like the Mountain (Schmidt / Guillain, Forum) -
Joy of Man's Desiring (Cote, Forum) -
Forma (Sakamoto, Forum) -
Pierrot Lunaire (LaBruce, Forum E.) -
Everything That Rises Must Converge (Fast, Forum E.) -
10 Minutes (Lee, Forum) -
Wie aus der Ferne (Gal, Forum E.) -
The Grand Budapest Hotel (Anderson, Wettbewerb) -
Shadow Days (Zhao, Forum) -
Seaburners (Önel, Forum) -
The Rice Bomber (Li, Panorama) -

Butter on the Latch (Decker, Forum) --
Scrap Yard (Trebal, Forum) --
Zwischen Welten (Aladag, Wettbewerb) --
Behind the Sun (Al Qadiri, Forum E.) --
Jack (Berger, Wettbewerb) --
The Darkside (Thornton, Forum) --
She's Lost Control (Marquardt, Forum) --

Unfriend (Altarejos, Panorama) ---
Los Angeles (Harper, Forum) ---
At Home (Karanikolas, Forum) ---
Kreuzweg (Brüggemann, Wettbewerb) ---
Tape 13 (Stein, Perspektive) ---
Inferno (Bartana, Forum E.) ---

old films

The Dawn Patrol (Hawks, Retro) +++
Ugetsu Monogatari (Mizoguchi, Retro) +++
That Night's Wife (Ozu, Retro) +++
The Grapes of Wrath (Ford, Retro) +++
Late Autumn (Ozu, Classics) +++
The Naked City (Dassin, Retro) +++
Sunrise - A Song of Two Humans (Murnau, Retro) +++
The Docks of New York (Sternberg, Retro) +++
When It Rains, It Pours (Nakamura, Forum) +++
Yukinojo henge (Kinugasa, Retro) +++
Citizen Kane (Welles, Retro) +++
The Iron Mask (Dwan, Retro) +++
Stagecoach (Ford, Retro) +++
Shanghai Express (Sternberg, Retro) +++
Singing Lovebirds (Makino, Retro) +++
Humanity and Paper Balloons (Yamanaka, Retro) +++
Tsuruhachi and Tsurujiro (Naruse, Retro) +++
Dirnentragödie (Rahn, Retro) +++

Jujiro / Crossways (Kinugasa, Retro) ++
Rebel Without a Cause (Ray, Classics) ++
Air Force (Hawks, Retro) ++
Tokyo no eiyu (Shimizu, Retro) ++
La belle et la bete (Cocteau, Retro) ++
Flesh and the Devil (Brown, Retro) ++
The Shape of Night (Nakamura, Forum) ++
The Mark of Zorro (Niblo, Retro) ++
Unter der Laterne (Lamprecht, Retro) ++
Tender are the Feet (Wunna, Forum) ++
Le quai des brumes (Carne, Retro) ++
The Cheat (DeMille, Retro) ++

Home Sweet Home (Nakamura, Forum) +
Blind Justice (Christensen, Retro) +
BirdWatchers (Bechis, Native) +

The War at Sea from Hawaii to Malaya (Yamamoto, Retro) +-
Rashomon (Kurosawa, Retro) +-
Five Scouts (Tasaka, Retro) +-
Gashiram Kothwal (Kaul et al, Forum) +-
Das Licht des Herzens (Kotani, Retro) +-
Faust. Eine deutsche Volkssage (Murnau, Retro) +-

Das Cabinet des Dr. Caligari (Wiene, Classics) -

Sunday, February 16, 2014

Nollywood statt Weihepriesterei

“Ich mag das Unreine, manchmal sogar das Vulgäre”, meinte Ken Jacobs im Publikumsgespräch nach seinem großartigen 3D-Experimentalfilm “The Guests”, als Antwort auf den Vorwurf eines Zuschauers, er habe sein eigenes Konzept - die Stereoskopisierung eines uralten, einst von den Lumiere-Brüdern aufgenommenen Filmschnippsels - untergraben. Und zwar, weil einige kurze Passagen seines Films recht knallig eingefärbt sind, weil andere Passagen mit dem Radetzkymarsch unterlegt sind, weil er schließlich am Ende seines Films an die extrem zerdehnte Bearbeitung des Materials den Originalfilm in Normalgeschwindigkeit anhängt, was die Eigenzeit und den Eigenraum der vorherigen Bilder tatsächlich komplett zerstört (aber gut passt zu dem Gestus von Jacobs’ Gesamtwerk, das nicht an singulären, monumentalen Erfahrungsblöcken interessiert ist, sondern das sich selbst als einen ongoing process und als einen Beitrag zur Erforschung des Bewegungsbildes versteht). Der Fragesteller sehnte sich nach konzeptioneller Klarheit und sah die reine Lehre der Avantgarde an effektbewusste showmanship verraten.

Jacobs’ souveräne und kluge Antwort, seine offensive Affirmation des Unreinen und ein wenig Despektierlichen, hat mich an den Film erinnert, den ich direkt davor gesehen hatte: Richard Linklaters “Boyhood” ist ebenfalls kein Film, der frei ist von Kompromissen, von Zugeständnissen an gewisse Zielpublika und Regeldramaturgien, auch vielleicht nicht frei von Zugeständnissen Linklaters an den eigenen schlechten Geschmack (die Musikauswahl, gerade am Anfang…). Gleichzeitig ist “Boyhood” gerade deshalb ein lebendiger Film, und einer der schönsten im Wettbewerb, weil er vieles zulässt in den gut zweieinhalb Stunden, die er dauert - und weil Linklater viel zugelassen hat in den 12 Jahren, während derer er den Film peu à peu gedreht hat. Weil er vor allem die Veränderung, die die Zeit allen Menschen zufügt, von Anfang an zugelassen hat als integrativen Aspekt seines Films. (Das Gegenbeispiel eines Films, der gar nichts zulässt, wäre Brüggemanns “Kreuzweg”, aber damit soll es auch genug sein mit Nachtreten…).

Weiter hatte ich mir dann noch gedacht, dass ein offensives Umarmen der eigenen Unreinheit eine gute Idee sein könnte für die Berlinale insgesamt. Denn unrein ist die Berlinale von Anfang an: “The Guests” lief im Cubix am Alexanderplatz, auf den Nasen hatten die Zuschauer handelsübliche 3D-Brillen. In seinem Alltagsbetrieb werden im selben Saal Hollywood-Blockbuster vorgeführt, die dann auch noch durch das gleiche Accessoire hindurch betrachtet werden. Dass dieser Ort der reibungslosen, kommerziellen Auswertung von Bildern von Jacobs’ radikal verlangsamtem Eigensinn verunreinigt wird, ist erst einmal eine gute Sache. Und wenn dann umgekehrt der großzügige Experimentalfilmer die hybride Natur seines eigenen Films gegen Weihepriesterei verteidigt: umso besser.

Die reine Lehre der Cinephilie ist in Berlin vielleicht sowieso fehl am Platz: Die großen auteurs wird es auch in Zukunft eher nach Cannes ziehen, die Kathedralen der Avantgarde sind auf anderen, kleineren Festivals besser aufgehoben. Die Berlinale wird immer ein Festival der Kompromisse bleiben. Filme wie “The Guests” und “Boyhood”, auf seine Art auch mein Lieblingsfilm des diesjährigen Festivals (wenn man von der Retrospektive absieht), der popkulturgesättigter Polit-Horrorfilm “The Midnight After”, weisen statt dessen darauf hin, dass es unterschiedliche Arten von Kompromissen gibt. In ihrer gegenwärtigen Gestalt bevorzugt die Berlinale, nicht in jedem einzelnen Film natürlich, durchaus aber sektionsübergreifend im Mittel, den institutionalisierten Kompromiss, der im Mainstream des globalisierten Förderkinos seinen Platz hat.

Deshalb halte ich auch nichts von den andernorts erhobenen Forderungen nach weniger Filmen, nach mehr Konzentration: Im Zweifelsfall würden bei solchen Selbstbeschränkungen genau die falschen Filme wegfallen, übrig bliebe der Kompromiss des kleinsten gemeinsamen Nenners (Filme mit besonders vielen Fördererlogos im Ab-, bzw, das scheint ein neuer Trend zu sein, schon im Vorspann). Es würde für die Zukunft schon genügen, die Netze ganz im Gegenteil ein wenig weiter auszuwerfen, in Richtung idiosynkratischerer Formen des Kompromisses, die in den Untiefen des Populären ebenso lauern können wie in den weniger verbiesterten Winkeln der Avantgarde. Warum, zum Beispiel, nicht einfach einmal ein Nollywoodfilm auf der Berlinale? Oder, noch besser: Warum nicht einfach einmal 20 Nollywoodfilme auf der Berlinale?

Monday, February 03, 2014

Berlinale 2014: Recommendations / Warnings

new films

The Midnight After (Chan, Panorama) +++
Le Beau danger (Frölke, Forum) +++
Snowpiercer (Bong, Forum) +++
L'enlèvement de Michel Houellebecq (Nicloux, Forum) +++
The Second Game (Porumboiu, Forum) +++

Nuoc (Minh, Panorama) ++
Orbitalna (Malaszczak, Forum E.) ++
Töchter (Speth, Forum) ++

The Airstrip (Emigholz, Forum) +
Ich will mich nicht künstlich aufregen (Linz, Forum) +

Der Samurai (Kleinert, Perspektive) +-
23rd August 2008 (Mulvey et al, Forum E.) +-
Über-Ich und Du (Heisenberg, Panorama) +-
Kumiko, the Treasure Hunter (Zellner, Forum) +-
To Singapur With Love (Tan Pin Pin, Forum) +-
Stone Cloud (Nilthamrong, Forum E.) +-
Standing Aside, Watching (Servetas, Panorama) +-

The Forest Is Like the Mountain (Schmidt / Guillain, Forum) -
Joy of Man's Desiring (Cote, Forum) -
Forma (Sakamoto, Forum) -
Pierrot Lunaire (LaBruce, Forum E.) -
10 Minutes (Lee, Forum) -
Wie aus der Ferne (Gal, Forum E.) -
Shadow Days (Zhao, Forum) -
Seaburners (Önel, Forum) -
The Rice Bomber (Li, Panorama) -

Butter on the Latch (Decker, Forum) --
Scrap Yard (Trebal, Forum) --
Behind the Sun (Al Qadiri, Forum E.) --
The Darkside (Thornton, Forum) --
She's Lost Control (Marquardt, Forum) --

Unfriend (Altarejos, Panorama) ---
At Home (Karanikolas, Forum) ---
Tape 13 (Stein, Perspektive) ---
Inferno (Bartana, Forum E.) ---

old films

The Dawn Patrol (Hawks, Retro) +++
Ugetsu Monogatari (Mizoguchi, Retro) +++
That Night's Wife (Ozu, Retro) +++
The Grapes of Wrath (Ford, Retro) +++
Late Autumn (Ozu, Classics) +++
The Naked City (Dassin, Retro) +++
Sunrise - A Song of Two Humans (Murnau, Retro) +++
The Docks of New York (Sternberg, Retro) +++
When It Rains, It Pours (Nakamura, Forum) +++
Citizen Kane (Welles, Retro) +++
The Iron Mask (Dwan, Retro) +++
Stagecoach (Ford, Retro) +++
Shanghai Express (Sternberg, Retro) +++
Singing Lovebirds (Makino, Retro) +++
Humanity and Paper Balloons (Yamanaka, Retro) +++

Jujiro / Crossways (Kinugasa, Retro) ++
Rebel Without a Cause (Ray, Classics) ++
Air Force (Hawks, Retro) ++
La belle et la bete (Cocteau, Retro) ++
The Shape of Night (Nakamura, Forum) ++
The Mark of Zorro (Niblo, Retro) ++
Unter der Laterne (Lamprecht, Retro) ++
Le quai des brumes (Carne, Retro) ++
The Cheat (DeMille, Retro) ++

Home Sweet Home (Nakamura, Forum) +
Blind Justice (Christensen, Retro) +
BirdWatchers (Bechis, Native) +

The War at Sea from Hawaii to Malaya (Yamamoto, Retro) +-
Rashomon (Kurosawa, Retro) +-
Gashiram Kothwal (Kaul et al, Forum) +-
Faust. Eine deutsche Volkssage (Murnau, Retro) +-

Das Cabinet des Dr. Caligari (Wiene, Classics) -

Thursday, February 28, 2013

in passing: Berlinale 2013

Computer Chess (Andrew Bujalski, Forum)
I Used to Be Darker (Matthew Porterfield, Forum)

Die beiden grundguten Geister des Festivals: Die Nerds der Achtziger, die sich sehr zurecht die übelriechende Libertinage der Siebziger vom Leibe halten; und die sanft entwurzelten Kids der Gegenwart, die sich nicht für ihre first world problems schämen und ganz großartige Sprechweisen entwickeln. Amerika hat es besser.

Kya hua is shahar ko? / What Happened to This City? (Deepa Dhanraj, Forum)

Eines der intensivsten Filmerlebnisse des Festivals. Ein einfacher Grundkonflikt, der in keine Richtung komplett aufgelöst wird, sondern sich immer weiter vertieft, oft durch bloße Wiederholungen der ewig gleichen Anschuldigungen, der ewig gleichen Ängste. Die beiden Hetzer, der muslimische und der hinduistische, die ihr Weltbild monologisch entfalten können und direkt danach die engen frames, in die sich die angsterfüllten Familien drängen, die im Bürgerkriegsgebiet leben müssen. Ein Film über die Enge des Sozialen, ein klaustrofobischer Film, wenn ich je einen gesehen habe. Ein Film, der mich wie kaum ein zweiter in meiner grundlegenden Skepsis gegen alle Formen von Gemeinschaften, die aus mehr als zwei Menschen bestehen, bestärkt hat.

Mes seances de lutte / Love Battles (Jacques Doillon, Panorama)
Leviathan (Castaing-Taylor / Paravel, Forum Expanded)

Zwei Filme, die mich in ein neues Sehen eintrainieren wollen, vermittels einer körperlichen, aber jeweils unterschiedlich subjektbefreiten Wahrnehmungskonfiguration. Warum hat mir am Ende der Doillon, der mich zuerst ziemlich genervt hat, deutlich besser gefallen? Weil der Film nicht so durchgeformt erscheint, weil er seine experimentelle Anordnung nicht immer schon wieder reframet als dramaturgisch perfekt durchexerziertes Gesamtkunstwerk. „Hinterher war's dann doch nur Vorspiel für normalen Leinwandsex“, meint Daniel Eschkötter und das stimmt natürlich, aber genau das ist vielleicht auch das interessante an Doillons Film: Dass er da aus Hilflosigkeit, vielleicht auch aus Angst vor der eigenen Radikalität eine Ausfahrt nimmt, die eigentlich gar nichts abschließt; anstatt sich zum Beispiel, das wäre die Leviathan-Option gewesen, ganz den Körpereffekten zu überlassen und sie in komplett installative Anordnungen zu überführen. Möglicherweise wäre Cyber-Sex die allerbeste Perspektive gewesen, aber die Freundin wird am Ende dann auch noch eingeflogen.

Materia oscura / Dark Matter (Anolfi / Parenti, Forum)

Einer der wenigen Forumsdokus, deren Selbstverrätselung wirklich Lust weckt, sie zu durchschauen. Found Footage Material (wie genau entstanden? Komplett dokumentarisch oder nicht doch mit Pulp-SF angereichert?) von einem Raketentestgelände, das schließlich in einen Öko-Problemfilm übergeht, in langen, geduldigen Aufnahmen, die zeigen, wie ein krank geborenes Kalb an der Nahrungsaufnahme scheitert. Absichtsvoll ungenaue Analogien zwischen verschiedenen Spuren, die Projektile hinterlassen in der Landschaft, auf analogen Filmstreifen, in Kälbern. 

Za Marksa... / For Marx... (Svetlana Baskova, Forum)

Was dann doch toll ist (1): die erste Busfahrt in die Fabrik, die gleitende Kamera, die sich nicht für ein Gesicht, ein Schicksal zu entscheiden wollen scheint (und genau das dann leider doch tut); und erst recht die erste Szene in der Fabrik, zwischen Funken schlagenden Hochöfen, offensichtlich an einem Originalschauplatz gedreht. Ich weiß natürlich nicht so recht, wie eisenverarbeitendes Gewerbe normalerweise ausschut, aber in diesem Fall scheinen mir die Hochöfen doch sehr frei in der Gegend herumzustehen, der ganze Raum ziemlich ungeordnet zu sein. So, als wäre die Fabrikhalle notdürftig um an dieser Stelle vorgefundene „Feuerquellen“ herum gebaut geworden. Ach, was hätte man an so einem Ort für einen tollen Film drehen können...

 Frances Ha (Noah Baumbach, Panorama)

Vielleicht ist das doch auch eine Leistung des Films: Dass ich seiner Protagonistin zumindest nach der ersten halben Stunde nur noch das Schlechteste wünsche, in jeder einzelnen Szene, in jedem einzelnen Gespräch. 

The Grandmaster (Wong Kar Wai, Wettbewerb)

Was dann doch toll ist (2): Die längere Sequenz, die mit einer „Stabat mater“-Montage eingeleitet wird, die sich dann in ein erotisch aufgeladenes Martial-Arts-Duell fortsetzt, welches direkt im Anschluss schon wieder zum Erinnerungsbild umgeformt wird. Zehn, fünfzehn mit traumwandlerischer Sicherheit inszenierte Minuten, wegen denen ich mir den Film, falls ich ihn irgendwo auf 35mm zu sehen bekommen würde, vielleicht doch noch einmal anschauen täte.

Gloria (Sebastian Lelio, Wettbewerb)

Rückblickend die schlimmste Szene des Festivals: die Paintball-Rache am verhinderten Lover, der dafür, dass er sein Leben nicht derart selbstoptimierungsideal in den Griff bekommt wie die rundum hassenswerte Hauptdarstellerin, auch noch Farbbeutel vor den Bauch geschossen bekommt. Gloria darf sich dafür im ewigen Radioairplay-singalong ins Zuschauerherz wiegen. Widerwärtig.

Belleville Baby (Mia Engberg, Panorama)

Schwedische Künsterlin verarbeitet Beziehung zu einem Gefängnisinsassen in Form eines völlig egalen Essayfilms. Der einzige Film, den ich vorzeitig verlassen habe, vor allem aufgrund einer Szene: Es geht um die riots in den Pariser banlieus um 2005. Die Künstlerin überlegt, in die Vorstädte zu fahren und vor Ort zu filmen. Der Freund im Gefängnis will das nicht: Du würdest sie anschauen wie Affen im Zoo, meint er. Es gibt im Film dann auch tatsächlich keine Bilder aus erster Hand, sondern weitgehend unkommentierte Fernsehaufnahmen, die irgendwie beweisen sollen, dass der Freund recht hat und dass die Blicke von außen die banlieu-Bewohner kolonialisieren oder so. Mein Problem damit hat etwas mit dem Satz zu tun, den Thekla Dannenberg über einige andere Berlinalefilme formuliert hat: „Aber es gibt die Mühe, Fakten zu recherchieren, und die Bequemlichkeit, Drehbücher nicht zu Ende zu denken.“ Engbergs Film ist der unangenehme Höhepunkt der Bequemlichkeit: Entweder hätte sie doch raus in die banlieus fahren müssen und versuchen, den geläufigen andere Bilder entgegen zu stellen; oder sie hätte genauer nachweisen müssen, was an den Fernsehbildern einem zoologischen Dispositiv entspricht. So wie es ist, setzt sie den rechten Ressentiments nur ihre eigenen entgegen.

None Shall Escape (Andre de Toth, Retrospektive) 

DIE Entdeckung der Retrospektive: Harte, effektive B-Movie-Rationalität verurteilt den nationalsozialisitschen Irrationalismus schon vor dessen tatsächlicher Niederlage. Ein Film, der sehr konsequent und ohne eine falsche Note vom Ende des ersten Weltkriegs bis an die Schwelle von Auschwitz führt.

The Chase (Arthur Ripley, Retrospektive)

Ein absolut fantastischer, derangierter noir, der durchaus in der Ulmer-Liga spielt. Das weiße Kleid, das durch den Wellenschlag in ein schwarzes transformiert wird. Die Traumsequenz, die vielleicht nur deshalb so sonderbar ist, weil sie von Anfang an keine ist. Die beiden Schiffe mit den identischen Kajüten. Und Kuba als irrealisierter Sehnsuchtsort (siehe Miami Vice) schon vor Castro. 

M (Joseph Losey, Retrospektive)

Pragmatic Hollywood leftism, auf der Leinwand (Gangster in Polizeiuniform, die freudig grinsend in Einkaufszentren randalieren und schon auch mal als Bunuel-Hommage ein gläsernes Auge zersplittern lassen), aber auch schon vor dem Screening: der 90-jährige Harold Nebenzal spricht frei und flüssig über die Produktion, den Abriss von Bunker Hill, die Schwierigkeiten mit der Zensur.

Berlinale 2013: Tokyo kazoku, Yoji Yamada, 2013

Den schönsten Film der Berlinale, bisher mein Film des Jahres, gesehen am letzten Tag des Festivals, hier kurz notiert, da er ansonsten ein wenig untergegangen zu sein scheint: Yoji Yamada hat ein wunderschönes Remake von Ozus Tokyo monogatari gedreht. Tokyo kazoku folgt dem Original über weite Strecken überraschend genau, die wenigen Änderungen, die direkt ins Auge springen, erscheinen eher als spielerische Variationen, denn als Neuerungen, die Differenz markieren wollen: Zum Beispiel beginnt der Film nicht bei den Alten und ihren Reisevorbereitungen, sondern bei der jüngeren Generation und ihren Problemen, die Alten in Empfang zu nehmen; da reicht Yamada einfach nur etwas nach, was Ozus Film nicht zeigen konnte. Es ist ein Segen, dass der Klassizist Yamada das Remake verantwortet und nicht einer der modernistischen Nachfolger Ozus. Die sind für sich selbst betrachtet zT sogar bessere Regisseure: Hou und Kiarostami vor allem. Aber vom emotionalen Kern speziell dieses einen Films (oder vermutlich: jedes einzelnen Films) wäre bei ihnen nicht viel übrig geblieben. Dennoch hat auch Yamada natürlich nicht einfach noch einmal denselben Film gedreht. Die kleinen Akzentverschiebungen, die sich aus jeder einzelnen Besetzung, aus jedem Dialogsatz ergeben, summieren sich zu einer großen: Tokyo kazoku ist ein Film nicht mehr über upward, sondern über downward mobility. Die Eltern sind nicht mehr die abgehängten Relikte aus der noch kaum industrialisierten Vorkriegszeit, sondern im Gegenteil die Vertreter einer Japan AG, die längst aus dem Takt geraten ist. Peinlich sind sie den Jungen höchstens, weil sie in ihrem ganzen Auftreten für bessere, wohlhabendere Zeiten einstehen; selbst das Besäufnis des Großvaters wirkt wie eine Spur in ein anderes, ökonomisch sichereres Japan, als man noch so fest in den Firmenkörper integriert war, dass das gemeinsame Sich-Abschießen nach Feierabend als risikoarmer Lastenausgleich durchging. Es gibt auch keine Setsuko Hara mehr, auf die man die ganze Wucht der Generationenkonflikte abladen könnte. Das ist dann doch eine zentrale Änderung: Der jüngste Sohn ist nicht gestorben, die Frau, die er zu heiraten gedenkt, ist zwar unverkennbar nach Setsuko Hara modelliert, aber doch nur bis zu einem gewissen Grad; opfern wird sie sich nicht, nicht für den Sohn, schon gar nicht für die Eltern. Yamada bezieht sich nicht einfach nur ehrfurchtsvoll, sondern regelrecht zärtlich aufs Original. Das kann man bis in die einzelnen Einstellungen nachverfolgen; wobei Yamada natürlich kein "metrischer Regisseur" ist wie Ozu, was an seinem Film streng ist, ist streng nicht, um sich in ein System zu fügen, sondern, um schließlich doch dem Gefühl zu weichen: als Fallhöhe. Manchmal gibt die (ansonsten wie im Original unbewegte) Kamera dem Film ein wenig nach, erlaubt sich einen kurzen Schwenk, der ein Gefühl registriert, einen Affekt aufgreift, der bei Ozu im starren frame gefangen geblieben wäre.

Monday, February 18, 2013

Berlinale 2013: final ratings


taken from here. sometimes adjusted (mostly down)

Yukigumo / Farewell to Dream (Keisuke Kinoshita, Forum) +++
Tokyo kazoku / Tokyo Family (Yoji Yamada, Spezial) +++
Onna / Woman (Keisuke Kinoshita, Forum) +++
Parde (Panahi / Partovi, Wettbewerb) +++
Das Merkwürdige Kätzchen (Ramon Zürcher, Forum) +++
Shito no densetsu / A Legend or Was It (Keisuke Kinoshita, Forum) +++
Viola (Matias Pineiro, Forum) +++
Nugu-ui Ttal-do Anin / Nobody's Daughter Haewon (Hong Sang-soo, Wettbewerb) +++
Computer Chess (Andrew Bujalski, Forum) +++
I Used to Be Darker (Matthew Porterfield, Forum) ++
Die Wiedergänger (Andreas Bolm, Perspektive) ++
Kanko no machi / Jubilation Street (Keisuke Kinoshita, Forum) ++
Vic et Flo ont vu un ours (Denis Cote, Wettbewerb) ++
Hayatboyu (Aslı Özge, Panorama) ++
Stemple Pass (James Benning, Forum) ++
Gold (Thomas Arslan, Wttbewerb) ++
Kya hua is shahar ko? / What Happened to This City? (Deepa Dhanraj, Forum) ++
Portrait of Jason (Shirley Clarke, Forum) ++
Al-khouroug lel-nahar / Coming Forth by Day (Hala Lotfy, Forum) ++
Jin (Reha Erdem, Generation 14+) ++
A Batalha de Tabato / The Battle of Tabato (Joao Viana, Forum) ++
Mes seances de lutte / Love Battles (Jacques Doillon, Panorama) ++
Materia oscura / Dark Matter (Anolfi / Parenti, Forum) ++
Prince Avalanche (David Gordon Green, Wettbewerb) ++
Uroki garmonii / Harmony Lessons (Emir Baigazin, Wettbewerb) +
Le Cousin Jules (Dominique Benicheti, Forum) +
Leviathan (Castaing-Taylor / Paravel, Forum Expanded) +
Grzeli nateli dgeebi / In Bloom (Ekvtimishvili / Groß) +
Assistance mortelle / Fatal Assistance (Raoul Peck, Spezial) +
Boven is het stil / It's All So Quiet (Nanouk Leopold, Panorama) +
Metamorphosen (Sebastian Mez, Perspektive) +
Le Meteore (Francoise Delisle, Forum) +-
La Maison de la Radio (Nicolas Philibert, Panorama) +-
Camille Claudel, 1915 (Bruno Dumont, Wettbewerb) +-
Terra de ninguem / No Man's Land (Salome Lamas, Forum) +-
Kashi-ggot / Fatal (Donku Lee, Panorama) +-
Halbschatten (Nicolas Wackerbarth, Forum) +-
...Moddhikhane Char / Char... The No Man's Island (Sourav Sarangi) +-
Will You Still Love Me Tomorrow (Arvin Chen, Panorama) +-
Gaza Home Movies (Basma Al-Sharif, Forum Expanded) +-
Interior. Leather Bar. (James Franco / Travis Mathews, Panorama) -
Chebni sabnis naketsi / A Fold in My Blanket (Zaza Rusadze, Panorama) -
Soğuk (Uğur Yücel, Panorama) -
Upstream Color (Shane Carruth, Panorama) -
Za Marksa... / For Marx... (Svetlana Baskova, Forum) -
Side Effects (Steven Soderbergh, Wettbewerb) -
Frances Ha (Noah Baumbach, Panorama) -
The Grandmaster (Wong Kar Wai, Wettbewerb) --
Kai po che! / Brothers for Life (Abhishek Kapoor, Panorama) --
Layla Fourie (Pia Marais, Wettbewerb) --
Sto lyko / To the Wolf (Christina Koutsospyrou / Aran Hughes, Forum) --
La Plaga / The Plague (Neus Ballus, Forum) --
Sakura namiki no mankai no shita ni / Cold Bloom (Atsushi Funahashi, Forum) --
La Paz (Santiago Loza, Forum) ---
Gloria (Sebastian Lelio, Wettbewerb) ---
Die 727 Tage ohne Karamo (Anja Salomonowitz, Forum) ---
Chiralia (Santiago Gil, Perspektive) ---
Lose Your Head (Stefan Westerwelle, Panorama) ---
Belleville Baby (Mia Engberg, Panorama) [w/o] ---
Helio Oiticica (Cesar Oiticica Filho, Forum) ---
Matar extranos / Killing Strangers (Jacob Sechser Schulsinger / Nicolas Pereda, Forum) ---

"The Weimar Touch"

*Letter From an Unknown Woman (Max Ophüls, Retrospektive) +++
*How Green Was My Valley (John Ford, Retrospektive) +++
None Shall Escape (Andre de Toth, Retrospektive) +++
*Fury (Fritz Lang, Retrospektive) +++
*Out of the Past (Jacques Tourneur, Retrospektive) +++
The Chase (Arthur Ripley, Retrospektive) +++
*To Be Or Not To Be (Ernst Lubitsch, Retrospektive) +++
*Touch of Evil (Orson Welles, Retrospektive, beide Fassungen) +++
Hitler's Madman (Douglas Sirk, Retrospektive) +++
*Hangmen Also Die! (Fritz Lang, Retrospektive) +++
M (Joseph Losey, Retrospektive) +++
*Casablanca (Michael Curtiz, Retrospektive) +++
The Queen of Spades (Thorold Dickerson, Retrospektive) +++
Le Corbeau (Georges-Henri Clouzot, Retrospektive) +++
The Small Back Room (Michael Powell / Emeric Pressburger, Retrospektive) ++
Le Golem (Julien Duvivier, Retrospektive) ++
Gado Bravo (Antonio Lopes Ribeiro, Retrospektive) ++
*Some Like It Hot (Billy Wilder, Retrospektive) ++
Viktor und Viktoria (Reinhold Schünzel, Retrospektive) ++
*Komedie om Geld (Max Ophüls, Retrospektive) ++
Confessions of a Nazi Spy (Anatole Litvak, Retrospektive) +
Mollenard (Robert Siodmak, Retrospektive) +
Car of Dreams (Cutts / Melford, Retrospektive) +
Peter (Henry Koster, Retrospektive) +
First a Girl (Victor Saville, Retrospektive) +
A Midsummer Night's Dream (Dieterle / Reinhardt, Retrospektive) +
Pieges (Robert Siodmak, Retrospektive) +-
Ergens in Nederland (Ludwig Berger, Retrospektive) +-
Einmal eine große Dame sein (Gerhard Lamprecht, Retrospektive) -
Het Mysterie van de Mondscheinsonate (Kurt Gerron, Retrospektive) -

*not seen at Berlinale 2013

Friday, February 08, 2013

Grandmaster Pixelbrei

Thomas kommt am Ende seiner "The Grandmaster"-Kritik kurz darauf zu sprechen. Hier noch ein wenig ausführlicher.

Nikolaus und ich hatten während der Vorführung kurz überlegt, ob vielleicht tatsächlich eine BluRay eingelegt worden war. Schließlich saßen wir in der zweiten, eine halbe Stunde nach der ersten gestarteten Pressevorführung. Und es wäre ja möglich (wenn auch nicht wahrscheinlich) gewesen, dass nur eine vernünftige Kopie verfügbar war. Offensichtlich jedoch ging es allen anderen nicht besser, weder in der ersten Pressevorführung, noch bei der regulären Vorführung am Abend im Friedrichstadtpalast. Wer dort vorne gesessen hat, wird jedes Pixel einzeln begrüßt haben können. Man kann nicht viel drumherum reden: Die Projektionsqualität von "The Grandmaster" - immerhin der Eröffnungsfilm eines der drei wichtigsten Filmfestivals der Welt - war eine einzige Katastrophe.

Die größten Probleme kennt man vom eigenen Fernseher: Digital errechnete Bilder haben - zumindest derzeit noch - Probleme mit gewissen Abschnitten der Farbskala; vor allem mit den extrem dunklen Abschnitten. Eine gute DCP kann diese Schwächen halbwegs (nie ganz) verschleiern. Bei einer schlechten DCP verlieren die dunklen Partien der Leinwand alle Nuancen, bei noch schlechteren kommt es zur Artefaktbildung (Streifen etc). "The Grandmaster" wurde offensichtlich in einer derartigen noch schlechteren Version aufgeführt (wenn es nicht doch von Anfang an keine DCP, sondern ein minderwertiger Datenträger war; ich habe, ganz ehrlich, bessere DVD-Screenings gesehen). Die Gesichter dagegen fasern entweder an den Rändern in Pixelbrei aus, oder es ergeben sich, bei harten Kontrasten zum Hintergrund, gräßliche Scherenschnitteffekte. Bei einigen anderen Problemen war ich mir nicht ganz sicher, ob sie komplett der Projektion, oder teilweise doch der Postproduktion (color grading etc) anzulasten sind. Ein Abgleich mit einer korrekt projizierten 35mm-Kopie würde jedoch garantiert noch jede Menge weiterer Transferfehler offenbaren.

Das Ärgernis besteht eben nicht nur darin, dass eine schlechte bis unterirdische DCP vorgeführt wurde; sondern schon darin, dass überhaupt eine DCP vorgeführt wurde. "The Grandmaster" wurde, wie nicht mehr allzu viele zeitgenössische Filme, auf 35mm gedreht; und läuft bereits seit einem Monat in China, auf einem riesigen Filmmarkt. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es da unmöglich gewesen wäre, wenigstens eine 35mm-Kopie aufzutreiben für den Festivaleinsatz. War dem Festival die Recherche zu aufwändig? Hätte man gar extra Untertitel anfertigen müssen? Man weiß es nicht... Jedenfalls wurde dann statt dessen einfach irgendetwas an den Projektor angeschlossen, auf dem "Grandmaster" steht. Ich vermute schon seit längerem, dass die Digitalisierung dem Kino primär nicht deshalb schadet, weil sie die unterlegene Technik ist (obwohl sie das, zumindest bislang, durchaus noch ist), sondern, weil sie eine oft geradezu unfassbare Sorglosigkeit zur Folge hat. Die analoge Technik garantierte, qua Apparat, zumindest ein gewisses Maß an Respekt für das Bild. Jetzt brechen alle Dämme.

Saturday, February 02, 2013

Berlinale 2013: Tips and Warnings

(update 05/02/12: Stemple Pass added)
(update 03/02/12: Viola adjusted up)

Onna / Woman (Keisuke Kinoshita, Forum) +++
Das Merkwürdige Kätzchen (Ramon Zürcher, Forum) +++
Shito no densetsu / A Legend or Was It (Keisuke Kinoshita, Forum) +++
Viola (Matias Pineiro, Forum) +++
Kanko no machi / Jubilation Street (Keisuke Kinoshita, Forum) ++
Hayatboyu (Aslı Özge, Panorama) ++
Stemple Pass (James Benning, Forum) ++
Portrait of Jason (Shirley Clarke, Forum) ++
Al-khouroug lel-nahar / Coming Forth by Day (Hala Lotfy, Forum) ++
Jin (Reha Erdem, Generation 14+) ++
A Batalha de Tabato / The Battle of Tabato (Joao Viana, Forum) ++
Le Cousin Jules (Dominique Benicheti, Forum) +
Boven is het stil / It's All So Quiet (Nanouk Leopold, Panorama) +
Halbschatten (Nicolas Wackerbarth, Forum) +
La Maison de la Radio (Nicolas Philibert, Panorama) +-
Terra de ninguem / No Man's Land (Salome Lamas, Forum) +-
...Moddhikhane Char / Char... The No Man's Island (Sourav Sarangi) +-
Will You Still Love Me Tomorrow (Arvin Chen, Panorama) +-
Interior. Leather Bar. (James Franco / Travis Mathews, Panorama) +-
Soğuk (Uğur Yücel, Panorama) -
Frances Ha (Noah Baumbach, Panorama) -
Sto lyko / To the Wolf (Christina Koutsospyrou / Aran Hughes, Forum) --
La Plaga / The Plague (Neus Ballus, Forum) --
Sakura namiki no mankai no shita ni / Cold Bloom (Atsushi Funahashi, Forum) --
La Paz (Santiago Loza, Forum) ---
Die 727 Tage ohne Karamo (Anja Salomonowitz, Forum) ---
Lose Your Head (Stefan Westerwelle, Panorama) ---
Helio Oiticica (Cesar Oiticica Filho, Forum) ---
Matar extranos / Killing Strangers (Jacob Sechser Schulsinger / Nicolas Pereda, Forum) ---

Letter From an Unknown Woman (Max Ophüls, Retrospektive) +++
How Green Was My Valley (John Ford, Retrospektive) +++
Fury (Fritz Lang, Retrospektive) +++
Out of the Past (Jacques Tourneur, Retrospektive) +++
To Be Or Not To Be (Ernst Lubitsch, Retrospektive) +++
Touch of Evil (Orson Welles, Retrospektive, beide Fassungen) +++
Hitler's Madman (Douglas Sirk, Retrospektive) +++
Hangmen Also Die! (Fritz Lang, Retrospektive) +++
Casablanca (Michael Curtiz, Retrospektive) +++
The Small Back Room (Michael Powell / Emeric Pressburger, Retrospektive) ++
Some Like It Hot (Billy Wilder, Retrospektive) ++
Komedie om Geld (Max Ophüls, Retrospektive ++
Peter (Henry Koster, Retrospektive) +
Einmal eine große Dame sein (Gerhard Lamprecht, Retrospektive) +-

Monday, February 20, 2012

Berlinale 2012 ranking: final

***** The Girl with a Hatbox (Boris Barnet) Retrospektive
***** Between Yesterday and Tomorrow (Yuzo Kawashima) Forum
***** Okraina / The Outskirts (Boris Barnet) Retro
***** Storm Over Asia (Pudovkin) Retrospektive
***** The Bridges of Madison County (Clint Eastwood) Hommage
***** Dwa okeana / Two Oceans (Vladimir Shnejderov) Retrospektive
***** Ornette: Made in America (Shirley Clarke) Forum
***** 12 Sisters (Ly Bun Yim) Forum
***** Gorizont / Horizon (Lev Kuleshov) Retrospektive
***** Kazoku no kuni (Yang Yonghi) Forum
***** Flying Swords of Dragon Gate (Tsui Hark) Wettbewerb
***** Gibel sensatii / The Loss of Sensation (Aleksandr Andriyevsky) Retrospektive
***** Revision (Philip Scheffner) Forum
***** Tabu (Miguel Gomes) Wettbewerb
***** Death Row (Herzog) Spezial
***** Barbara (Christian Petzold) Wettbewerb
***** Accidental Meeting (Sawtschenko) Retrospektive
***** Jenseits der Strasse (Leo Mittler) Retrospektive
***** Parabeton (Heinz Emigholz) Forum
***** Peov Chouk Sor (Tea Lim Koun) Forum
***** Jaures (Vincent Dieutre) Forum
***** Lawinen der Erinnerung (Dominik Graf) Forum
***** Captive (Brillante Mendoza) Wettbewerb
**** Song of Fishermen (silent version; Piscator) Retrospektive
**** Bestiaire (Denis Cote) Forum
**** Glaube Liebe Tod (Peter Kern) Panorama
**** Carlo's Vision (Rosalind Nashashibi) Forum Expanded
**** anders, Molussien (Nicolas Rey) Forum Expanded
**** Habiter/Construire (Clemence Ancelin) Forum
**** St. Jorgen's Day (Jakow Protasanow) Retrospektive
**** Nuclear Nation (Funahashi Atsushi) Forum
**** Espoir voyage (Michel K. Zongo) Forum
**** Aujourd’hui (Alain Gomis) Wettbewerb
**** Torn Shoes (Margarita Barskaja) Retrospektive
**** Fon tok kuen fah / Headshot (Pen-ek Ratanaruang) Panorama
**** The Golden Lake (Schnejderow) Retrospektive
**** Putyovka v zihn / Road to Life (Nikolai Ekk) Retrospektive
**** Arbeit (Duncan Campbell) Forum Expanded
**** Les adieux a la reine (Jacquot) Wettbewerb
**** Seeking the Monkey King (Ken Jacobs) Forum Expanded
**** The New Life (Scheljabuschski / Dmitriew) Retrospektive
**** Mommy's Coming (Cheryl Dunye) Panorama
**** La demora (Rodrigo Pla) Forum
**** Sleepless Knights (Stefan Butzmühlen / Christina Diz) Forum
**** Al juma al akheira / The Last Friday (Yahya Alabdallah) Forum
**** Just the Wind (Bence Fliegauf) Wettbewerb
*** Ledolom (Barnet) Retrospektive
*** The Snake Man (Tea Lim Koun) Forum
*** Um's tägliche Brot (Phil Jutzi) Retrospektive
*** Angriff auf die Demokratie (Romuald Karmakar) Panorama
*** Francine (Brian M. Cassidy / Melanie Shatzky) Forum
*** Olhe pra mim de novo (Claudia Priscilla / Kiko Goifman) Panorama
*** Man on Ground (Akin Omotoso) Panorama
*** Swoon (Tom Kalin) Forum
*** The Connection (Shirley Clarke) Forum
*** Sorok serdets / Forty Hearts (Lev Kuleshov) Retrospektive
*** Gasi / Choked (Kim Joong-hyun) Forum
*** No Man's Zone (Toshi Fushiwara) Forum
*** Postcards from the Zoo (Edwin) Wettbewerb
*** Tota lumea din familia noastra / Everybody in Our Family (Radu Jude) Forum
*** Tepenin ardi (Emin Alper) Forum
*** Die Lage (Thomas Heise) Forum
** Ang babae sa septic tank / Woman in the Septic Tank (Marlon Rivera) Forum
** Avalon (Axel Petersen) Forum
** Rentaneko (Naoko Ogigami) Panorama
** Le mer a l'aube (Volker Schlöndorff) Panorama
** The Woman Who Brushed Off Her Tears (Teona Strugar Mitevska) Panorama
** L'enfant d'en haut (Ursula Meier) Wettbewerb
* 10+10 (diverse) Panorama
* Cherry (Stephen Elliot) Panorama
* Spanien (Anja Salomonowitz) Forum
* Bugis Street (Yonfan) Panorama
* Formentera (Ann-Kristin Reyels) Forum
* Koini itaru yamai / The End of Puberty (Kimura Shoko) Forum

Saturday, February 18, 2012

Den Taviani-Film habe ich nicht gesehen, aber

Mein persönlicher Goldener Bär geht an jene Stummfilmpianistin, die nach Um's tägliche Brot von Phil Jutzi zu einer Zuschauerin, vermutlich auf ihr enthusiastisches Spiel angesprochen, sagte: "Well, I'm a socialist at heart". Überhaupt Stummfilmpianisten: Wenn es einen durch und durch guten, ehrenwerten Beruf gibt, dann diesen.

Wednesday, February 08, 2012

Berlinale 2012: Hin- und Wegsehtipps

Hinsehen:

Dom na trubnoy / Das Haus an der Trubnaya (Boris Barnet)
Dwa okeana / Two Oceans (Vladimir Shnejderov) Retrospektive
Ornette: Made in America (Shirley Clarke) Forum
Gorizont / Horizon (Lev Kuleshov) Retrospektive
Gibel sensatii / The Loss of Sensation (Aleksandr Andriyevsky) Retrospektive
Revision (Philip Scheffner) Forum
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Bestiaire (Denis Cote) Forum
Glaube Liebe Tod (Peter Kern) Panorama
Carlo's Vision (Rosalind Nashashibi) Forum Expanded
Aelita (Yakov Protazanov) Retrospektive
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La demora (Rodrigo Pla) Forum
Espoir voyage (Michel K. Zongo) Forum
Fon tok kuen fah / Headshot (Pen-ek Ratanaruang) Panorama
Putyovka v zihn / Road to Life (Nikolai Ekk) Retrospektive
Arbeit (Duncan Campbell) Forum Expanded
Seeking the Monkey King (Ken Jacobs) Forum Expanded

Mal sehen:

Sleepless Knights (Stefan Butzmühlen / Christina Diz) Forum
Al juma al akheira / The Last Friday (Yahya Alabdallah) Forum
Francine (Brian M. Cassidy / Melanie Shatzky) Forum
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Olhe pra mim de novo (Claudia Priscilla / Kiko Goifman) Panorama
The Connection (Shirley Clarke) Forum
Sorok serdets / Forty Hearts (Lev Kuleshov) Retrospektive

Wegsehen:

Gasi / Choked (Kim Joong-hyun) Forum
Tota lumea din familia noastra / Everybody in Our Family (Radu Jude) Forum
Tepenin ardi (Emin Alper) Forum
Die Lage (Thomas Heise) Forum
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Ang babae sa septic tank / Woman in the Septic Tank (Marlon Rivera) Forum
Avalon (Axel Petersen) Forum
Le mer a l'aube (Volker Schlöndorff) Panorama
The Woman Who Brushed Off Her Tears (Teona Strugar Mitevska) Panorama
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10+10 (diverse) Panorama [ein paar Ausnahmen, vor allem natürlich Hou Hsiao-hsiens "La Belle Epoque]
Cherry (Stephen Elliot) Panorama
Formentera (Ann-Kristin Reyels) Forum
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Koini itaru yamai / The End of Puberty (Kimura Shoko) Forum

Wednesday, March 09, 2011

Berlinale 2011: Himmel und Erde, Michael Pilz, 1982

Himmel und Erde will zuerst eine möglichst komplette, vielseitige Bestandsaufnahme einer Existenzform sein, die oft wie aus der Zeit gefallen scheint. Äcker werden umgepflügt, die Saat wird eingepflanzt, schließlich wird geerntet. Die Technik, die zum Einsatz kommt, könnte teilweise direkt aus dem Mittelalter stammen: von Pferden gezogene Pflüge und Eggen, nur wenig Motorisiertes, die Kartoffeln sammelt die Bauersfrau von Hand ein. Zwei Schweine werden vor der Kamera geschlachtet, immer wieder wird die Milch ausgefahren, einmal geht es zur Viehauktion, es gibt religiöse Feste, eine Beerdigung. Dazu Aufnahmen der einfachen, funktionalen Dingwelt der Bergbauern - Türen, Fensterrahmen, Scharniere und so weiter - sowie von alltäglichen Gesten, außerdem stilisierte Bewegungsstudien vor allem der kleinen Kinder beim Spiel, des Jungen auf der Autoreifenschaukel.

Zwischen und neben den Beobachtungen stehen verschiedene Formen von Selbstinszenierungen der Gefilmten, Eingriffe des Süjets in, Übergriffe auf den Film. Einen Bauer fragt Michael Pilz, wo er denn am liebsten sein Porträt aufgenommen hätte. Vor dem Hof, meint der alte Mann, im Hintergrund sollen auch die Berge und ein Bergsee zu sehen sein. Er könnte auch sagen: vor meinem ganzen Leben möchte ich gefilmt werden. Im zweiten Teil wird dieser Moment noch einmal aufgegriffen, detaillierter wird gezeigt, wie sich der Alte die Bildkomposition vorstellt.

Es gibt auch kompliziertere Anordnungen, die spielerisch soziales Selbstverständnis verhandeln. In der Schule: zwei Jungen sollen den ersten Teil eines Theaterprojekts aufführen. Später sollen andere, erklärt der Lehrer, an das, was sie tun, anschließen. Der eine der beiden sitzt auf einem Stuhl, hat einen Bleistift wie eine Pfeife zwischen den Zähnen. Das ist der Großvater. Der andere steht seitlich hinter ihm und beginnt, wild auf ihn einzureden. Das ist der Vater. Der Vater fordert den Großvater auf, das Haus zu verlassen, es sei kein Platz mehr, die Mutter werde bald “niederkommen”, es gebe keinen Platz mehr für den Alten. Der Großvater sieht das nicht ein. Es gebe doch das Bett, auf dem könne er doch schlafen. Das Bett, sagt der Vater, das müsse raus. Das geht so eine Weile, keiner der beiden Jungen gibt sich so schnell geschlagen, der Wortwechsel wird zunehmend abstruser; schließlich gibt es einen Schnitt auf einen alten Mann, einen echten Großvater, mit Pfeife im Mund. Das ideologische Selbstverständnis entsteht erst und offenbart sich ausschließlich im Spiel, in der performativen Verdopplung von Lebenszusammenhängen, an denen nie ihre Ursprünglichkeit interessiert. Eine sonderbare Form von Ideologiebildung ist das, erst recht, wenn man sie in Zusammenhang sieht mit der körperlosen Voice-Over-Stimme, die spirituell-konservative Philosophie rezitiert, dabei aber niemanden anruft, sondern sich als Emanation der Bilder selbst gibt.

Es gibt im letzten Drittel des Films einige vermeintlich natürliche Schließungen. Die Ernte ist eingefahren, einer der Porträtierten ist gestorben, lange zeigt Pilz einen Beerdigungszug. Himmel und Erde will dann ganz am Ende aber doch nicht einfach auf den vollendeten Erntezyklus = Lebenszyklus hinaus. Statt dessen gibt es eine Serie von Rückbezügen auf frühere Szenen und Momente im Film, Wiederbefragungen einzelner Körper, Worte, Töne.

Thursday, February 10, 2011

Berlinale 2011: Hin- und Wegsehtipps

Hinsehen:

Cheonggyecheon Medley: A Dream of Iron (Kelvin Park Kyung-kun)
The Stool Pigeon (Dante Lam)
Self Referential Traverse: Zeitgeist and Engagement (Kim Sun)
Eine Serie von Gedanken (Heinz Emigholz; daraus vor allem: "Leonardos Tränen")
Territoire perdu (Pierre-Yves Vanderweerd)
Silver Bullets & Art History (Joe Swanberg)
Good Morning to the World!! (Satoru Hirohara) alle Forum
Vampire (Shunji Iwai) Panorama

Mal sehen:

Viva Riva! (Djo Munga)
Unter Kontrolle (Volker Sattel)
The Ballad of Genesis and Lady Jaye (Marie Losier)
Les main libres (Brigitte Sy) alle Forum
The Unjust (Ryoo Seung-wan) Panorama
The Love of the Hawthorn Tree (Zhang Yimou) Generation

Wegsehen:

Brownian Movement (Nanouk Leopold)
Household X (Yoshida Koki)
FIT (Hirosue Hiromasa) alle Forum
Ashamed (Kim Soo-hyun)
Dance Town (Jeon Kyu-hwan)
Into the White Night (Yoshihiro Fukagawa)
The Devil's Double (Lee Tamahori) alle Panorama