Wie schon 2013 war auch 2014 der letzte aktuelle Film, den ich auf der Berlinale gesehen habe, ein neues Werk des japanischen Klassizisten Yoji Yamada. Anders als Tokyo Family ist The Little House nicht unbedingt ein Meisterwerk; aber doch ein schöner, kluger Erinnerungsfilm. Die Rahmungen (die am Ende auf interessante Art überhand nehmen), bezeichnen die inzwischen auseinandergebrochenen Familienbanden (eindrücklich vorgeführt in Tokyo Family) sehr beiläufig, ganz eigentlich erst im Kontrast mit der noch eng verbundenen Hausgemeinschaft der Rückblende.
Der Schließung der Hausgemeinschaft, um die es geht - eine junge Frau, die sich in ihrer Ehe unwohl fühlt, eine Affäre mit einem Kollegen ihres Mannes beginnt; der Mann, der nichts ahnend sich ausgerechnet für die Verheiratung des Liebhabers seiner Frau zuständig fühlt; schließlich die Erzählerin der Geschichte, die Großtante, die bei dem Ehepaar als Hausmädchen angestellt ist - entspricht die Schließung der melodramatischen Form. (Und demenstprechend laufen die in der Gegenwart angesiedelten Rahmungen ins Offene aus...) Die Erzählführung ist hochökonomisch; die Jugendzeit der Großtante im Norden Japans wird durch eine einzige Einstellung im meterhohen Schnee repräsentiert, fast unmittelbar danach wechselt der Film in das "kleine Haus", das er dann kaum noch einmal verlässt.
Nostalgisch ist wenig an der Rückblende, die sich als Erinnerung der uralten Großtante entfaltet, die allerdings, auch da sind die schachtelartigen Rahmungen sehr klug gewählt, gleichzeitig den ganzen Film über schon tot ist - fast scheint mir, dass alle Nostalgie auf den etwas außerweltlichen knallroten Glanz der Dachziegel des Hausdachs verschoben ist. Die Rückblende setzt ein während der frühen Phasen des Pazifikkriegs und endet (zumindest fast) mit der Bombardierung Tokyos, die wiederum in einer einzigen Einstellung repräsentiert wird; in einer ziemlich sonderbaren Einstellung, genauer gesagt, in der dieser sonst ganz besonders deutlich (nämlich durchaus im Sinn eines Aufrufens von klassischen Frauenmelodramen; zum Beispiel der Filme Mikio Naruses) am klassischen japanischen Erzählkino orientierte Film plötzlich für einen kurzen Moment in ein modernistisches Register zu wechseln scheint.
Nostalgisch ist wenig an dem Film, weil die Großtante in ihrer Erinnerung nicht die Vergangenheit (und damit den Militarismus) verklärt, sondern ihre höchstpersönlichen Erfahrungen gegen die Geschichte setzt. Der Großneffe, der der innerdiegetische Adressat der Erzählung (aber vielleicht der Co-Autor der Rückblende?) ist, wirft ihr genau das einmal vor: Du kannst nicht über Deine Jugend als eine glückliche Zeit sprechen, wenn parallel dazu die Gesellschaft faschistisch wurde und brutale Vernichtungskriege in China geführt wurden. Die Rückblende allerdings ist klüger, sowohl als die Nostalgie der Großtante, als auch als der Vorwurf des Großneffen: In ihr werden die Rituale und Alltagskonventionen des japanischen Faschismus, die "Banzai!"-Rufe, das Japanfahnenschwenken, das Marschliedergegröhle nicht etwa verborgen; sie nehmen im Gegenteil viel Platz ein im Film, werden aber konfrontiert mit Gesten der Intimität, die mit ihnen absolut unvereinbar sind - weil sie sich jeder Verallgemeinerung und Vergemeinschaftung entziehen: ein Kniff in den Oberarm, ein verstohlener Blick, eine gestreifte Berührung im Vorbeigehen. Und im Zentrum ein Begehren, das noch nicht einmal in solchen Gesten sich entäußern kann, weil es sich selbst nicht erkennt.
Der Schließung der Hausgemeinschaft, um die es geht - eine junge Frau, die sich in ihrer Ehe unwohl fühlt, eine Affäre mit einem Kollegen ihres Mannes beginnt; der Mann, der nichts ahnend sich ausgerechnet für die Verheiratung des Liebhabers seiner Frau zuständig fühlt; schließlich die Erzählerin der Geschichte, die Großtante, die bei dem Ehepaar als Hausmädchen angestellt ist - entspricht die Schließung der melodramatischen Form. (Und demenstprechend laufen die in der Gegenwart angesiedelten Rahmungen ins Offene aus...) Die Erzählführung ist hochökonomisch; die Jugendzeit der Großtante im Norden Japans wird durch eine einzige Einstellung im meterhohen Schnee repräsentiert, fast unmittelbar danach wechselt der Film in das "kleine Haus", das er dann kaum noch einmal verlässt.
Nostalgisch ist wenig an der Rückblende, die sich als Erinnerung der uralten Großtante entfaltet, die allerdings, auch da sind die schachtelartigen Rahmungen sehr klug gewählt, gleichzeitig den ganzen Film über schon tot ist - fast scheint mir, dass alle Nostalgie auf den etwas außerweltlichen knallroten Glanz der Dachziegel des Hausdachs verschoben ist. Die Rückblende setzt ein während der frühen Phasen des Pazifikkriegs und endet (zumindest fast) mit der Bombardierung Tokyos, die wiederum in einer einzigen Einstellung repräsentiert wird; in einer ziemlich sonderbaren Einstellung, genauer gesagt, in der dieser sonst ganz besonders deutlich (nämlich durchaus im Sinn eines Aufrufens von klassischen Frauenmelodramen; zum Beispiel der Filme Mikio Naruses) am klassischen japanischen Erzählkino orientierte Film plötzlich für einen kurzen Moment in ein modernistisches Register zu wechseln scheint.
Nostalgisch ist wenig an dem Film, weil die Großtante in ihrer Erinnerung nicht die Vergangenheit (und damit den Militarismus) verklärt, sondern ihre höchstpersönlichen Erfahrungen gegen die Geschichte setzt. Der Großneffe, der der innerdiegetische Adressat der Erzählung (aber vielleicht der Co-Autor der Rückblende?) ist, wirft ihr genau das einmal vor: Du kannst nicht über Deine Jugend als eine glückliche Zeit sprechen, wenn parallel dazu die Gesellschaft faschistisch wurde und brutale Vernichtungskriege in China geführt wurden. Die Rückblende allerdings ist klüger, sowohl als die Nostalgie der Großtante, als auch als der Vorwurf des Großneffen: In ihr werden die Rituale und Alltagskonventionen des japanischen Faschismus, die "Banzai!"-Rufe, das Japanfahnenschwenken, das Marschliedergegröhle nicht etwa verborgen; sie nehmen im Gegenteil viel Platz ein im Film, werden aber konfrontiert mit Gesten der Intimität, die mit ihnen absolut unvereinbar sind - weil sie sich jeder Verallgemeinerung und Vergemeinschaftung entziehen: ein Kniff in den Oberarm, ein verstohlener Blick, eine gestreifte Berührung im Vorbeigehen. Und im Zentrum ein Begehren, das noch nicht einmal in solchen Gesten sich entäußern kann, weil es sich selbst nicht erkennt.
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