Friday, February 28, 2014

The Black Rose, Henry Hathaway, 1950

Der durchgeknallteste, wahnwitzigste, tollste Hathaway-Film, den ich in Paris gesehen habe: Tyrone Powers, erst mit seitlich ausrasierter Frisur in England vor einer Festungstür stehend, verloren, ohne Zugehörigkeit, ohne Begeisterungsfähigkeit, selbst nach einem kleinen Sieg gegen die verhassten, neuen, französischstämmigen Herrscher (Gelächter im Salle Georges Franju). Der Entschluss: Weg von hier, soweit wie möglich, und: Nie wieder möchte ich auf der Verliererseite stehen. Begleitet wird er, selbst ganz zerquälte Innerlichkeit, von Jack Hawkins als einem im Englischen solide verwurzelten Aktionsmenschen.

Es verschlägt die beiden in einen nicht allzu genau spezifizierten Orient, Powers' Gesicht wird einmal von einem Kamelmaul geframet; sein (gleichwohl nicht still zu stellendes) Streben bleibt erst eine ganze Weile ziellos, heftet sich dann an das eines orientalischen Despoten sondergleichen. Der wird dargestellt von einem Orson Welles in brownface, die Maske zügelt Welles' Spiel nicht, sondern scheint es ganz im Gegenteil von allen Hemmungen zu befreien; er stellt dabei nicht etwa Wildheit aus, sondern einen ungebändigten Rationalismus, der sich die noch naiv irrational organisierte Welt um ihn herum spielend untertan machen kann. Powers verfällt Welles mit Haut und Haaren; höchstens ein bisschen wird der erotische Anteil dieser Beziehung auf Maryam umgelenkt, eine weiße Frau, die von Cecile Aubry mit einer irritierenden Kindlichkeit und Hypernaivität versehen wird.

(Ganz besonders schräg zu allem, was ich sonst aus Abenteuerfilmen kenne, auch die politics of whiteness: Welles zelebriert seine dunkle Einfärbung, nicht nur als Schauwert und Maskierung, unter der er selbst sichtbar bleibt, sondern auch gerade als eine Differenzmarkierung gegenüber den der Tradition verhafteten Europäern; Aubry dagegen schimpft, wenn sie sich als Einheimische verkleiden muss, über den "ugly stain", als den sie die Abweichung von der Norm nur verstehen kann; narratologisch ist der Film auf ihrer Seite, in jeder anderen Hinsicht auf der von Welles.)

Immer durchgeknallter wird das; während Welles mit Powers im Anhang gegen China marschiert, steht plötzlich die Idee im Raum, dass er vielleicht auch in die andere Richtung marschieren könnte, wider Powers' britische Heimat. Klar wurde mir da zweierlei: Zum einen spielt der Film in einer diskontinuierlichen Welt, in der die Raumordnungen der Geografie nicht greifen (dazu passend ist der einzige Transitraum, der vorkommt, die Wüste, seinerseits markierungslos, und vermutlich auf keiner Landkarte dieser Welt lokalisierbar). Zum anderen hat diese sehr grundsätzliche Zerrüttung der Weltarchitektur ihren Ursprung wohl eher im zur Produktionszeit des Films noch kaum verwundenen zweiten Weltkrieg, als in der diegetischen Zeit des Mittelalters (mit seinen unvollständigen Weltkarten...): Welles verwandelt sich in einen Hitler-Widergänger. Den der Film dann aber, kaum ist diese Assoziation gesetzt, auch schon wieder aus den Augen verliert. Der Film wechselt nach China, wo der Rationalismus schon wieder etwas weiter ist, nämlich ausformuliert und in Buchform gebunden, gebändigt. Diese Bücher müssen dann zurück gebracht werden nach England, das ist die kaum noch narrativ einzufangende Pointe des Ganzen.

(Vorgeführt wurde der Film als 16mm-Reduktionskopie; die eigentlich ganz gut aussah, aber von Anfang an etwas Brüchiges hatte, fast, als ob das Filmmaterial selbst die Welt der Fiktion nicht ganz in den Griff bekommt, nicht ganz durchzuformen in der Lage ist. Und tatsächlich reißt der Film, erst kurz vor Schluss, dann aber mehrfach, immer wieder lange Minuten des Wartens, dann wieder ein paar Sekunden Film, dazwischen fehlen ganze Szenen, dann geht irgendwann gar nichts mehr. Die Vorstellung bleibt unvollendet, das passt zu diesem grundsätzlich unabschließbaren, weil in alle Richtungen über sich selbst hinauswachsenden Ding)


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