Der erste Abschnitt: The Human Voice
Anna Magnanis Gesicht in Großaufnahme. Anna Magnani wälzt sich zwei Minuten lang auf ihrem Bett. Dazu dramatische Musik und jaulendes Hundebellen. Irgendwann bricht die Musik (und das Bellen) ab, Magnani bleibt auf ihrem Bett liegen. Nach ein paar Sekunden wieder Musik und Bellen.
Dann klingelt das Telefon und Magnani fängt an zu sprechen, am anderen Ende der Leitung ist bisweilen ihr Ex zu hören, doch meist redet sie. Schon nach einer Minute wünsche ich mir, vorspulen zu können, doch ich sitze im Kino. Magnanis "Schauspielkunst" scheint darin zu bestehen, den Versuch zu unternehmen, das Gesagte mimisch und gestisch zu verdoppeln. Irgendwann beschließe ich, die Untertitel zu ignorieren, aber das ist gar nicht so einfach, selbst wenn der Inhalt des Dialogs - wie hier - mehr oder weniger bedeutungslos (beziehungsweise über eine halbe Stunde lang mehr oder weniger identisch) ist.
Gerade, als es mir langsam zu gelingen scheint, ist das erste Gespräch zu ende. Wieder folgen seltsame Tonexperimente, Collagen aus Musik, Kinderlärm und Hundebellen. Die Kamera nimmt ein wenig Abstand von Magnani. Dieser erste Teil ist immer dann am besten, wenn Magnani den Mund hält.
Doch bald klingelt wieder das Telefon. Wieder der Ex. Dieses Mal gelingt es mir besser, darauf zu verzichten, die Untertitel zu lesen. Allerdings bemerke ich nun, wie störend diese Schrift im unteren Bilddrittel sein kann, wenn man sie nicht als Übersetzungshilfe benötigt (beziehungsweise, wenn man verzweifelt versucht, diese Hilfe nicht in Anspruch zu nehmen). An einer Stelle ragt ein Mikrofon von oben ins Bild. Dadurch fällt es mir etwas leichter, die Untertitel (und die zunehmend aufdringlicher werdende Magnani) zu ignorieren.
Schließlich endet auch das zweite Gespräch. Doch diesmal gibt Magnani auch nachdem sie aufgelegt hat keine Ruhe und rennt weinend auf und ab. Dazu Großaufnahmen.
Bevor dieses Szenario vollständig unerträglich wird, ist der erste Teil des Film sglücklicherweise vorbei.
Der zweite Abschnitt: The Miracle
Vor Beginn des Abschnitts eine Texteinblendung: Der Folgende Film soll ein Tribut an die Schauspielerin Anna Magnani sein. Gott bewahre! Doch diesmal ist Magnani immerhin nicht alleine: Gleich zu Beginn besteigt ein grauhaariger, langhaariger Mann (Federico Fellini) einen Hügel. Doch hinter einem Felsen (?) kommt sogleich Italiens Topschauspielerin (falls Magnani-Fans dies lesen, möchte ich mich tausendmal bei ihnen entschuldigen, außerdem gebe ich gerne zu, dass sie in Mama Roma großartig ist) zum Vorschein. Dieses Mal dauert es nicht einmal zwei Minuten, bis sie zu reden und zu chargieren beginnt. Glücklicherweise beschränkt sich dieser (von Fellini selbst geskriptete) Abschnitt nicht auf diese eine Attraktion und so ist beispielweise Fellini zwar nicht allzu redselig, wird aber dennoch um einiges aktiver als Magnanis Ex im ersten Abschnitt.
Während die Hirtin Magnani noch ihren Eröffnungsmonolog hält, füttert der Mann im Hintergrund eine ihrer Ziegen mit Brot. Konsequenterweise frisst Magnani selbst wenig später Gras.
Auch der zweite Filmabschnitt hat seine Schwächen. Rossellini verfilmt Fellinis religionssatirisches Skript im Stile seiner neorealistischen Melodramen, mit hochdramatischer Musik und allem drum und dran. So recht funktioniert das alles nicht. Dennoch ist L'amore wahrscheinlich gerade aufgrund dieser Spannungen letztlich doch etwas mehr als eine obskure Randnotiz der Filmgeschichte als Magnanisploitation der extremeren Sorte.
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