Die im Kino Arsenal aushängende zeitgenössische Kritik ist zwar über weite Strecken wohlwollend, endet aber doch in der Anklage, dass Thome sich via Supergirl in den von ihm geschätzten Film- und Comic-Klischees (tatsächlich scheint der Film äußerst lose auf der DC-Figur zu basieren - 13 Jahre vor dem Helen-Slater Streifen) häuslich einrichte, anstatt aus diesen, ordnungs- und fassbindergemäß, durch künsterisches Neuarrangement irgendetwas Neues, Produktives, Progressives whatever zu erschaffen.
Mir hat der Film gefallen, und zwar im Großen und Ganzen aus denselben Gründen. Thomes Weigerung, die Genreversatzstücke aus Gangster- und Science-Fictionfilmen sowie aus der Pulpliteratur mit auch nur irgendetwas außerhalb ihrer eigenen Logik zu konfrontieren, führt zu einem wunderbar delirierenden Werk, einem Film, der gerade durch die natürlich nur scheinbare Anbitionsarmut zu einem in höchstem Maße persönlichen Autorenfilm wird, in dem Sinne, dass Supergirl wie fast alle Thome-Filme (soweit ich sie kenne, natürlich, sein Werk ist traurigerweise immer noch äußerst schwer verfügbar, zu hoffen bleibt, dass hier baldmöglichst ähnliche Schritte eingeleitet werden wie derzeit bei Lemke via DVD-Editionen) die Obsessionen des Regisseurs mitsamt der in sie eingeschriebenen Weltsicht so unverfälscht, so ohne jede strukturelle Überformung durch ihnen fremde Diskurse, transportiert, wie dies im herkömmlichen, auf den ersten Blick ambitionierteren Autorenfilm kaum möglich ist.
Vielleicht ist der Reiz des Filmes auch teilweise dadurch erklärbar, dass zwischen ihm und mir 36 Jahre Filmgeschichte liegen, in denen hunderte von Regisseuren mit Film- und Stilzitaten alles mögliche unternommen haben, nur nicht den Versuch, sie einfach in all ihrer Schönheit und Naivität zu belassen. Vor allem jedoch macht der Film ein weiteres Mal bewusst, was für großartige Möglichkeiten das deutsche Kino Ende der 60er / Anfang der 70er auch außerhalb des engeren Zirkels des Neuen Deutschen Films besaß. Und gleichzeitig leider, wie wenig Einfluss die Thome / Lemke Linie (zu der ich - als Außenseiter unter den Außenseitern gewissermaßen - auch gerne Roland Klick rechnen würde) im deutschen Kino bis zum heutigen Tag besitzt. Die Freiheit und Imaginationskraft, die selbst aus diesem - im Vergleich zu anderen Werken Lemkes oder Thomes wahrscheinlich doch eher kleineren - Werk spricht, sucht man heutzutage hierzulande immer noch vergebens.
Thomes Erlösungsfantasien bleiben stets auf der persönlichen Ebene und leugnen radikal jeglichen Anspruch auf kollektive Geltung. Gerade dann, wenn ihnen eine politische Perspektive eingeschrieben zu sein scheint (zB in Rote Sonne), wird diese von der Inszenierung radikal negiert. In Supergirl wird gar, glaubt man der Diegese, das Schicksal der gesamten Menschheit verhandelt. Selbstverständlich geht es eigentlich trotzdem wieder nur um das leicht verschrobene, aber, wie stets bei Thome, nur scheinbar von allen Normen befreite Liebesleben einiger Großstädter, die eine Utopie verfolgen, von der sie nur wissen, dass sie sich an einem anderen Ort als an ihrem eigenen befinden muss.
Und schließlich ist Thome der wahrscheinlich einzige Regisseur, dem es jemals gelungen ist, Deutschland (und sogar die Deutschen!) cool aussehen zu lassen. Natürlich nicht irgendwelche Deutschen, sondern Marquard Bohm und Iris Berben. Aber immerhin.
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