In meiner kleinen Reihe mit Filmen, die komplett auf Youtube verfügbar sind: Bahag Kings, eines von zehn Werken, das der philippinische ganz-Vielfilmer Khavn 2008 seiner beachtlichen Filmografie hinzugefügt hat. Zehn sind es auch nur laut imdb. Man kann davon ausgehen, dass noch einmal so viele existieren, aber noch nicht gelistet sind. Hier ist die umfangreichste Filmografie, die ich auftreiben konnte, man darf davon ausgehen, dass selbst da das eine oder andere noch fehlt. Verwirrt wird die Sache noch einmal dadurch, dass die verlinkte Seite den Film auf 2006 datiert. Natürlich ist das Nebensache, wichtig ist der Film selbst, eine kleine performative Post-Punk Extravaganz, die mir sehr gefallen hat.
Die "Bahag Kings" sind eine Handvoll Männer, einer unter ihnen Khavn selbst, ein zweiter der Experimentalfilmer Roxlee, die nur mit einem Bahag bekleidet sind, dem minimalistischen Lendenschurz philippinischer Ureinwohner. Die Bahag Kings sind auf der Suche nach "Wala". "Wala" bedeutet auch "Nothing", darauf weisen die ein wenig godardesk anmutenden, aber weitaus poppiger geratenen Zwischentitel gleich mehrmals hin. Vielleicht ist "Wala" in einer Toilette versteckt, vielleicht auch nicht.
Die ersten zwei Drittel des Films bestehen aus einer Reihe längerer Szenen, in denen die Bahag Kings an verschiedenen öffentlichen Orten abhängen und Schabernack treiben: auf einer Wiese, in einem Schuhgeschäft, auf einer Promenade usw. Die Zwischentitel sorgen für Verwirrung: Im zweiten Ausschnitt etwa reisen die Bahag Kings laut Schrifteinblendung um die halbe Welt, bleiben aber dennoch immer auf demselben Schutthaufen zwischen zwei Häusern in einer philippinischen Großstadt. Ein anderer Zwischentitel lautet: "Throw Your Amputated Arms in the Air!" Zwischen den einzelnen Schauplätzen sieht man die Kings in einem SUV-artigen Fahrzeug, wie sie neuen Blödsinn aushecken. Perfekt abgestimmt ist der Film auf das Medium Youtube, da er sich sehr gut in fünf- bis siebenminütigen Segmente aufteilen lässt. Dazu beatlastige Musik und lange überhaupt keine Dialoge.
Wirklich interessant wird das Ganze im letzten Drittel: In einer Mall werden die Bahag Kings vom Security-Personal dingfest gemacht und verhört. Während des Verhörs bleibt die Kamera an. Natürlich ist es möglich, dass Khavn die entsprechenden Szenen mit Schauspielern nachgestellt hat, aber die entsprechenden Szenen sehen so echt aus, dass ich das kaum glauben kann. So oder so sind das tolle Bilder, die den vorherigen Film völlig aus den Angeln heben.
Die naheliegende politische Essenz des Ganzen - vormoderne philippinische Kleidung ist zwar kulturelles Erbe, aber in der modernen Großstadt eine Provokation, die das System nicht zulassen kann, ein Angriff der präkolonialen Vergangenheit auf die postkoloniale Gegenwart - ist in meinen Augen gar nicht so fürchterlich interessant, schließlich würden die Bahag Kings in einem Berliner Media Markt auch nicht viel freundlicher aufgenommen werden. Aber wie Polizisten und Vertreter der Ladenbesitzer das kommunizieren, wie sie angesichts der Asi-Avantgarde, mit der sie keine gemeinsame Sprache finden, aus dem Häußchen geraten und mit der Situation in jeder Hinsicht überfordert sind - das ist schon toll anzuschauen. Auf jeden Fall ist Bahag Kings ein sehr schönes Beispiel für die kreative Energie des neuen philippinischen Kinos. Eines Kinos, das sich manchmal - unter anderem hier - tatsächlich noch einmal ganz neu die Frage stellt, was man mit einer Kamera im sozialen Raum so alles anstellen kann. Hier Teil 1:
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