Anmerkung zu hier:
Selbstverständlich kolonisieren weder Toy Story 3, noch Pixar, noch Hollywood, noch "die Amis" irgendwelche Fantasien oder gar das Unterbewusste (die Textüberschrift stammt nicht von mir). Auf Ideen wie die mit der Unterbewusstseinskolonialisation können sowieso nur linkskonservative Mystiker wie Wim Wenders kommen. Es geht nicht um den territorialen Übergriff, die verräumlichte Machtausübung eines kolonialen Systems, auch nicht um die Fremdbestimmung eines kolonisierten Subjekts. Sondern um die Projektion eines sorgfältig vorstrukturierten Subjekts, das gar nicht kolonisiert zu werden braucht, weil es mit sich selbst und der Welt von Anfang an völlig identisch ist. Es geht, anders ausgedrückt, um einen Mangel an Fantasie auf Seiten des Films. Die Fantasie des Zuschauers dagegen wird nicht vom Film im Moment der Vorführung kolonialisiert, sie wird von ihm von Anfang an als eine verdinglichte vorausgesetzt. Als Filmkritiker möchte ich der Projektion keine Zauberkräfte andichten, sondern sie lieber so gut wie möglich beschreiben.
3 comments:
Ha, das mit der Kolonialisierung stammte von mir. Ich sehe, einerseits, Deinen Punkt. Es ist, andererseits, halt ein Teasertext und damit sowieso Shorthand und wird durch den eigentlichen Text dann differenziert. Und es scheint mir, drittens, sehr deutlich, dass der Begriff der Kolonialisierung darin in einem übertragenen Sinn verwendet ist - da kann man sich wie bei jeder Metapher dann natürlich immer genau die Aspekte raussuchen, die nicht wirklich passen.
Aber: Es geht doch sehr wohl um ökonomische Machtverhältnisse zwischen einer Bewusstseinsindustrie (weiterer verteidigbarer Begriff, finde ich) und ihren Konsumenten (und damit um Konsumentenformierung ebenso wie Konsumentenbindung). Von einem "Siegeszug" schreibst Du selbst.
Darum würde ich, trotz der Wenderskeule, doch darauf beharren, dass an der Idee der Kolonialisierung etwas stimmt. Was genau ist psychostrukturell falsch daran zu sagen, dass Fantasien und libidinöse Energien von einer kulturindustriellen Weltmacht wie Pixar in einem bestimmten Sinn "besetzt" werden. Nein, es marschiert keine Pixararmee aus Toy Soldiers ein (eh eine andere Baustelle), aber: Indem die Pixar-Filme pixar-spezifische Subjektstrukturen und voraussetzen bzw. implizit zelebrieren, *tun* sie doch *aktiv* etwas mit der Fantasie derjenigen, die diese Filme und ihre Figuren etc. ihrerseits mit ihren libidinösen Energien besetzen. Alls das nicht nur, aber durchaus auch im Moment der Vorführung. Das sind keine Zauberkräfte, es geht da um ganz materielle Verhältnisse des Fantasie- und Seelenlebens. Kolonialismus ist ja umgekehrt auch keine Sache von Geisterhänden.
Ich habe jedes Verständnis dafür, wenn man sagt: "So einfach ist das aber nicht, meine liebe plump antikapitalistisch-antiamerikanische Linke." Die Idee der Kolonialisierung dann aber zugunsten der Vorstellung einer "Projektion eines sorgfältig vorstrukturierten Subjekts" aufzugeben: das leuchtet mir erst mal nicht ein. Bzw. den Satz musst Du mir, glaube ich, ohnehin noch mal erklären. Ich verstehe daran nicht so genau, wer da was wann und wie projiziert und vorstrukturiert.
Lieber Ekkehard, diese "Anmerkung" hier ist nicht als Richtigstellung gedacht, sondern eher ein Versuch der Präzisierung mehr oder weniger für mich selbst. Der Teaser im Perlentaucher war nur ein Aufhänger, der mir auch deshalb gelegen kam, weil diese Kolonialismusmetapher ja tatsächlich nahe liegt und weil mir dieses Wenderszitat, während ich den Text geschrieben habe, im Kopf herumgeschwirrt ist und ich erst hinterher erkannt habe, was mir an ihm genau missfällt.
Und missfallen tut es mir, weil es weder auf Seiten des Films, noch auf der des Zuschauers wirklich etwas zu fassen bekommt, imo.
Selbst den Begriff "Kulturimperialismus", von dem ich auch wenig halte, würde ich noch eher verteidigen, zumindest in der Hinsicht, dass es Lobbyarbeit und aus ihr resultierenden Protektionismus natürlich auch im Bereich der Kulturindustrie gibt. Insofern vertritt die Regierung der USA natürlich auch die Interessen der amerikanischen (wobei: natürlich längst internationalisierten) Kulturindustrie, wenn es zB um Urheberrechte geht.
Aber das heißt doch eben noch nicht, dass die Filme selbst (als Texte) mitkolonisieren. Da wüsste ich dann doch gerne genauer, wie so etwas funktionieren soll. Ich glaube einfach auch, dass der Kapitalismus wirkungsvollere Werkzeuge besitzt, Subjekte zu strukturieren. Und dass Filme (auf dieser sehr abstrakten Ebene; dass sie in Bezug auf konkretere Fragen auch "ideologisch" sein können und oft sind, will ich nicht bestreiten) ganz im Gegenteil eher ein selbstreflexives Potential besitzen. Und an den Pixar-Filmen kritisiere ich dann eher, dass sie dieses Potential nicht aufrufen.
Die Spielzeugsoldaten, die in den ersten beiden Teilen der Serie noch eine wichtige Rolle spielen, sind im dritten, nebenbei bemerkt, nicht mehr mit von der Partie, die seilen sich schon ganz am Anfang ab. Sind wahrscheinlich nicht mehr notwendig...
Notwendigkeit zu uberprufen:)
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