Tuesday, September 27, 2011

Drei Filme aus Nordkorea

Lighthouse, Kim Chun-sik

An Unattached Unit, Kang Jung-mo

A Forrest Is Swaying, Jang Yong-bok

Ein Lied in An Unattached Unit beginnt (ungefähr) mit folgender Zeile: "Jeder liebt das Vaterland. Aber es ist nicht leicht, das Vaterland wirklich zu lieben." In den beiden anderen Filmen kommen praktisch identische Dialogzeilen gleich mehrmals vor. Anfang und Ende aller drei Filme besteht darin: in der Beschwörung eines unbändigen Patriotismus, der kein Opfer und keine Entbehrung scheut. Die Filme sind Staatspropaganda in Reinform, es gibt kaum "sekundäre Ideologien" neben der alles dominierenden von der Vaterlandsliebe.
Lighthouse und A Forrest Is Swaying haben praktisch denselben Plot: Ein ehrenhafter Mann, gesellschaftlich betrachtet eher ein Außenseiter, richtet sein gesamtes Leben an einer einzigen, patriotisch vorbildlichen Aufgabe aus. Der Held in Lighthouse verbringt 30 Jahre auf einer einsamen Insel und bedient einen Leuchtturm, erst in Kriegs-, später auch in Friedenszeiten. Der in A Forrest Is Swaying pflanzt Bäume auf kargen Bergkuppeln. Das Drama entzündet sich in beiden Fällen daran, dass das soziale Umfeld der Männer im Allgemeinen und die eine, ihm zur Eheschließúng bestimmte Frau im Besonderen, zuerst nicht so recht einsehen mögen, warum das das richtige Leben sein soll. Natürlich sehen sie es eher früher als später ebenfalls ein und beginnen mit der Co-Selbstaufopferung. Dialektik, selbst noch deren simplifizierte Variante aus dem DEFA-Kino, ist den Filmen zutiefst fremd.
An Unattached Unit unterscheidet sich von den beiden anderen Filmen, weil der Film seiner Grundkonstellation nach ein klassisches combat movie ist: Während des Koreakriegs kämpfen einige, vom Hauptteil des Herres abgeschnittene Soldaten gegen feindliche Falschirmspringer und Panzer. Es gibt einige typische Kriegsfilmsituationen (allerdings ohne die zugehörigen Konflikte, die sich an Hierarchie entzünden), aber am Ende triumphiert wieder die Logik des nordkoreanischen Metagenres Opferfilm: Ein Sprengkörper, der einen feindlichen Panzer in die Luft jagen soll, explodiert nicht, weil das Leitungskabel gerissen ist. Daraufhin opfert sich nicht nur die männliche Hauptfigur, sondern gleich auch noch die weibliche. Er greift das eine Ende der Leitung, sie das andere, in einer bedingungslos pathetischen Großaufnahme vor einer am Horizont aufscheinenden roten Sonne reichen sie sich die Hände, werden selbst zur vaterländischen Leitung und der Panzer ist hinüber.
Die Filme ähneln sich auch in technischer Hinsicht, es scheint da, zumindest bis in die Neunziger hinein, einen gut geölten Produktionsapparat und eine eng definierte Formel gegeben zu haben. Es dominieren satte Farben und einfache, aber unter wirkungsästhetischen Gesichtspunkten sehr gelungene Kompositionen, die ideologisch wichtigen Momente der Selbstaufgabe und des Durchhaltens werden oft markiert durch Zooms auf Gesichter. Die Kamera ist gelgentlich überraschend agil, in An Unattached Unit gibt es einige durchaus eindrucksvolle Momente der Desorientierung auf dem Schlachtfeld, in A Forrest Is Swaying stimmungsvolle Handkamerapassagen. Mehrmals sind mir Szenen aufgefallen, in denen die Kamera aus einem recht engen framing elegant zurückfährt in eine Totale, die meist darauf angelegt ist, die Figuren in eine harmonisch gedachte, pittoreske Natur einzuschreiben. Manchmal gelingen den Regisseuren sehr schöne Szenen, zum Beispiel in The Lighthouse: da steht der Held vor einem Fenster, das Licht aus dem Haus färbt sein Gesicht und er hört, wie die Handarbeit seiner Stiefmutter sich in eine rhythmische Musik wandelt. Musikalisch dominieren ansonsten die ewig gleichen breiten, pathetischen Streichermelodien, jeder Film enthält außerdem zwei bis drei Lieder mit patriotischem Inhalt.
Ein schon fast komplett durchtotalisiertes Kino ist das von außen, denen sich nichts widersetzt außer dem Eigensinn einiger Mimiken und Bewegungen. Man kann sich natürlich fragen, ob Nordkoreaner mehr und andere Dinge sehen in den Filmen, ob sich die einzelnen Filme da stärker ausdifferenzieren. Am besten gefallen von den drei Filmen hat mir A Forrest Is Swaying, vielleicht aufgrund der offensichtlichen Sinnlosigkeit der Selbstopferung: Ob die abgelegenen Bergwipfel bewachsen sind oder nicht, kümmert niemanden wirklich, im Zweifelsfall nicht einmal die Partei. Unser Held hält trotzdem durch, Patriotismus muss von innen kommen, nicht von außen.

2 comments:

Maxi said...

Toller Post! Wo kann man diese Filme sehen? Ich vermute nicht auf DVD...

Lukas Foerster said...

Im Kino Babylon Mitte in Berlin läuft zur Zeit eine Nordkoreareihe:
http://www.babylonberlin.de/nordkorea.htm
Die Filme werden als DVD-Projektion gezeigt, aber ich weiß nicht, ob und wie man die DVDs privat kaufen kann.