Tuesday, December 25, 2012
Monday, December 24, 2012
Unter Geiern, Alfred Vohrer, 1964
Ein bildgewaltiger Abenteuerfilm voller Gewaltbilder wie Reinls Winnetou-Kracher will der Film schon auch sein, in der Wasserfallszene zum Beispiel (wo wurde die gedreht?), viel aber bleibt Routine. Zu sich kommt er eher in den Innenszenen (und die Außenszenen werden zu Innenszenen, weil sich da zum Beispiel alle im Kreis aufstellen und sich so in die Einstellung drängen - der erste Halbkreis mit den Stars im Vorder-, der zweite mit den jugoslawischen Statisten im Hintergrund; sehr deutsch sieht der Film vor allem in diesen außen externalisierten Innenszenen aus). Das schnelle hin und her in den Salons und Farmhäusern, die Aktionen, die sich über mehrere Figuren verteilen, von einer zur anderen wandern, Szenen, in denen sich zwei Gruppen von Menschen gegenseitig belauern, das ist Vohrers Ding mehr als das Western-Pathos.
Auch das mit der Gewalt: Die ist immer eingebunden in Kommunikation, selbst noch im Finale, das aus sehr viel Personenherumgeschiebe besteht und sehr wenig Leidensdruck aufbaut - muss ja auch nicht immer sein. Unter Geiern ist, anders als zumindest die ersten beiden Winnetous von Reinl, kein großer Film, aber doch ein schöner Film über Gewehre und Pistolen. Die sind allgegenwärtig, aber die Waffe ist in Unter Geiern nicht nur Werkzeug, sondern auch - vielleicht: noch mehr - Ausdrucksmittel. Es gibt zwei Typen von Schüssen in dem Film: solche, die einen Zweck haben und solche, die etwas ausdrücken wollen. Ich habe mir sogar eingebildet, dass sich die beide unterschiedlich anhören. Und in jedem Fall interessiert sich Vohrer weit mehr für den zweiten Typ.
Viele eher so nebenbei abgefeuerte Freudenschüsse, einmal wird ohne rechte Motivation eine komplette Bar zerballert, auch gleich mehrere "unwillkürliche" Schüsse, einmal feuert Old Shurehand (Stewart Granger) seine Waffe, als Annie Dillman (Elke Sommer, sie und Granger sind super, ohne die beiden wäre der Film eine Nullnummer) ihn umarmt. Doch Annie lässt sich von dieser unzweideutigen Metapher nicht beeindrucken, sie schießt zurück, später, mehrmals: eine Glocke von der Veranda, einen Hut vom Kopf, zwei weitere Kugeln einem Gangster vor die Füße. Später, in der Wagenburg hantiert sie linkisch, aber begeistert mit einem ihr eigentlich zu großen Gewehr. Wen kümmert da noch, ob sie jemanden killt.
Viele eher so nebenbei abgefeuerte Freudenschüsse, einmal wird ohne rechte Motivation eine komplette Bar zerballert, auch gleich mehrere "unwillkürliche" Schüsse, einmal feuert Old Shurehand (Stewart Granger) seine Waffe, als Annie Dillman (Elke Sommer, sie und Granger sind super, ohne die beiden wäre der Film eine Nullnummer) ihn umarmt. Doch Annie lässt sich von dieser unzweideutigen Metapher nicht beeindrucken, sie schießt zurück, später, mehrmals: eine Glocke von der Veranda, einen Hut vom Kopf, zwei weitere Kugeln einem Gangster vor die Füße. Später, in der Wagenburg hantiert sie linkisch, aber begeistert mit einem ihr eigentlich zu großen Gewehr. Wen kümmert da noch, ob sie jemanden killt.
Winnetou hat dagegen nicht viel zu melden. Seine Silberbüchse wacht souverän, aber auch ein wenig autistisch über dem Geschehen, hält den Plot abstrakt in Schach, bekommt einmal sogar eine eigene Subjektive, tritt aber nie ein in das Spiel aus Schuss und Gegenschuss; bzw wenn sie beendet es in dem Moment, in dem sie es doch tut.
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Tuesday, December 18, 2012
Eine Serie von Niederlagen
Nachfolgend mein Teil eines kurzen Vortrags über die Ästhetik der Sitcom, den Nikolaus Perneczky und ich gestern in nichtöffentlichem Rahmen gehalten haben.
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Eine der herausragenden Eigenschaften der Sitcom ist ihre scheinbare Gleichförmigkeit, ihr Widerstand gegen Veränderung. Auch das lässt sich an die Produktionswirklichkeit zurückbinden: Sitcoms werden zumeist, aus ökonomischen Gründen, auf einer beschränkten Anzahl an immer wiederkehrdenden sets gedreht, haben ein verhältnismäßig kleines Ensemble, typische Variationsmomente anderer televisueller Formate wie die wöchentlich wechselnden Ermittlungen in Krimiserien fehlen ebenfalls. Der Eindruck der Stasis wird verstärkt durch sprachliche Widerholungsstrukturen (catch phrases) und eine Tendenz zur Passivität vieler Sitcomfiguren, die sich zum Beispiel schon darin äußert, dass sehr viele Sitcomsets von einer Couch dominiert werden.
Die Sitcom ist keine welterschließende, expansive, sondern eine intime, in mancher Hinsicht exklusorische Form, die am Ende jeder Zwanzigminutenfolge die Ausgangssituation wieder herstellen muss. Mehr als die meisten anderen Formen der fiktionalen Fernseherzählung ist sie dabei geprägt von strengen Wiederholungsmustern. Das gilt zunächst für (fast) alle Sitcoms. Bei genauerem Hinsehen kann man jedoch einige Unterscheidungen einführen.
“Die schönste Serie, die es überhaupt gibt, ist die Serie der gelebten Tage”, hat Rainald Goetz vor kurzem in anderem Zusammenhang gesagt. Und so kann man sich zum Beispiel fragen, wie sich in den verschiedenen Sitcoms Wiederholung und Alltag zueinander verhalten. In den klassischen Formen der Sitcom, wie sie sich in den 1950er-Jahren ausgebildet haben, hat die Tendenz zur Wiederholung eine Entsprechung in den Formen der sozialen Beziehungen, von und in denen sie spricht: Vor allem ist dies die hierarchisch-patriarchalisch organisierte Familie, später auch der meist etwas weniger hierarchisch gedachte Arbeitsplatz. Die Wiederholungsmuster sind in diesen Fällen einerseits eingeschrieben in implizite oder explizite, jedenfalls selbsterklärende soziale Verträge: es bedarf keiner weiteren Rechtfertigung, warum Dick van Dyke in der nach ihm benannten Serie Tag für Tag seinen Arbeitsplatz als Autor einer Comedyshow aufsucht und noch weniger, warum er Abend für Abend zu seiner Frau Laura zurückkehrt. Andererseits kann man diese Formen der unproblematischen Wiederholung als ein Bild nehmen für gesamtgesellschaftliche Reproduktionsprozesse im Sinne von Marx / Althusser: Produktionsverhältnisse und Produktivkräfte müssen erneuert werden - und sei es vor dem Fernseher.
Eine derart schematische Darstellung wird auch den frühen Formen der Sitcom nicht in jeder Hinsicht gerecht. Hier soll sie nur auf diese Weise zugespitzt werden, um zu zeigen, dass mit der Wiederholung etwas passiert, sobald die Sitcom sich von hierarchisch organisierten Formen der Vergesellschaftung abwendet. Ab den Achtziger Jahren entstehen eine Reihe von Sitcoms, die informeller organisierte soziale Beziehungen ins Zentrum stellen: In Cheers formiert sich diese neue Form der Gemeinschaft in einer Feierabendkneipe, in Seinfeld, Friends und auch in neueren Serien wie The Big Bang Theory stehen Gruppen von Freunden im Zentrum, lose organisierte Gemeinschaften, die höchstens von informellen Kategorien wie einem gemeinsamen Milieu oder einem geteilten Habitus zusammengehalten werden.
Die Wiederholung erhält in diesen Serien eine andere Bedeutung, verwandelt sich in ein offen regressives, manchmal (Seinfeld) regelrecht asoziales Moment: nicht mehr wird Folge für Folge ein Gesellschaftsvertrag erneuert, eher geht es um eine Verstetigung des Aufschubs der Unterzeichnung. Diese Serien nisten sich ein in einer Art zweiten Adoleszenz, die dem endgültigen Eintritt ins Erwachsenen- und Familienleben vorausgeht, ihn Folge für Folge hinauszögert. Eine erfolgreiche Sozialisation würde gleichzeitig das Ende der Serie bedeuten.
Die vom Format vorgegebene Wiederholung, die in früheren Formen der Sitcom schon im Material angelegt ist, muss jetzt anders gewährleistet werden, wird zum Problem und oft genug selbst zum Thema. Die Serien müssen ihre Fortsetzbarkeit nun auf andere Art und Weise generieren. Man könnte das mit einer Analogie aus der Systemtheorie fassen: Die erfolgreiche Fortsetzung des kommunikativen Akts, der eine Serie ist, wird zunehmend unwahrscheinlicher. Die Serien antworten auf dieses Problem mit einer Komplexitätssteigerung. Genauer gesagt tun sie das, das wäre die These, die genauer zu belegen in dieser kurzen Zeit nicht möglich ist, durch ein Autonomwerden ihrer Kommunikation, durch verschiedene Formen von Ironisierung, Paradoxisierung und Reflexivität.
Um zu zeigen, was damit gemeint sein könnte, sollen hier kurz zwei in dieser Hinsicht besonders interessante Sitcom-Figuren vorgestellt werden. Zunächst ein aktuelles Beispiel: Die derzeit erfolgreichste Sitcom ist The Big Bang Theory, eine Serie über eine Gruppe befreundeter Naturwissenschaftler. Hauptattraktion der Show ist der Physiker Sheldon Cooper, der auf die Herausforderungen einer sozialen Umgebung, der diverse Selbstverständlichkeiten abhanden gekommen sind, reagiert, indem er seine sozialen Beziehungen mithilfe rigider Regelwerke kanalisiert und sein Alltagsleben einem unbedingten Wiederholungszwang unterwirft: “Wednesday is comic book night”. Insofern ist Sheldon so etwas wie der perfekte Sitcomcharakter: Die Aversion gegen Veränderung und Entwicklung, die das Genre als Ganzes ebenso prägt wie (fast) jede einzelne Serie, ist ihm zur zweiten Natur geworden. Und wird gleichzeitig als neurotisch gebranntmarkt. Das setzt sich bis ins gestische Repertoire fort.
Gleichzeitig kümmert sich Sheldon um die Fortsetzbarkeit der Serie. Im Folgenden kurzen Ausschnitt geht es darum, dass ein Mitglied des Freundeskreises, das momentan verhindert ist, durch ein anderes ersetzt werden soll. Möglichst ohne dass sich auch nur irgendetwas ändert. Sheldon überprüft das recasting (ab 1:52).
Sheldon bemöchtigt sich selbst der Verfügungsmacht über die Wiederholung und deren Voraussetzungen.
Ein komplizierterer Fall ist George Costanza aus Seinfeld. Seinfeld ist im Ganzen eine Serie über das Nichtselbstverständlichwerden des Alltäglichen, über idiosynkratische Regelwerke, die eine gewissermaßen asoziale Wiederholungsstruktur hervorbringen. An George Costanza, der in gewisser Weise radikalsten Figur der Serie, kann man die psychischen Kosten einer derartig reflexiv gewordenen Wiederholungsstruktur ablesen.
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Eine der herausragenden Eigenschaften der Sitcom ist ihre scheinbare Gleichförmigkeit, ihr Widerstand gegen Veränderung. Auch das lässt sich an die Produktionswirklichkeit zurückbinden: Sitcoms werden zumeist, aus ökonomischen Gründen, auf einer beschränkten Anzahl an immer wiederkehrdenden sets gedreht, haben ein verhältnismäßig kleines Ensemble, typische Variationsmomente anderer televisueller Formate wie die wöchentlich wechselnden Ermittlungen in Krimiserien fehlen ebenfalls. Der Eindruck der Stasis wird verstärkt durch sprachliche Widerholungsstrukturen (catch phrases) und eine Tendenz zur Passivität vieler Sitcomfiguren, die sich zum Beispiel schon darin äußert, dass sehr viele Sitcomsets von einer Couch dominiert werden.
Die Sitcom ist keine welterschließende, expansive, sondern eine intime, in mancher Hinsicht exklusorische Form, die am Ende jeder Zwanzigminutenfolge die Ausgangssituation wieder herstellen muss. Mehr als die meisten anderen Formen der fiktionalen Fernseherzählung ist sie dabei geprägt von strengen Wiederholungsmustern. Das gilt zunächst für (fast) alle Sitcoms. Bei genauerem Hinsehen kann man jedoch einige Unterscheidungen einführen.
“Die schönste Serie, die es überhaupt gibt, ist die Serie der gelebten Tage”, hat Rainald Goetz vor kurzem in anderem Zusammenhang gesagt. Und so kann man sich zum Beispiel fragen, wie sich in den verschiedenen Sitcoms Wiederholung und Alltag zueinander verhalten. In den klassischen Formen der Sitcom, wie sie sich in den 1950er-Jahren ausgebildet haben, hat die Tendenz zur Wiederholung eine Entsprechung in den Formen der sozialen Beziehungen, von und in denen sie spricht: Vor allem ist dies die hierarchisch-patriarchalisch organisierte Familie, später auch der meist etwas weniger hierarchisch gedachte Arbeitsplatz. Die Wiederholungsmuster sind in diesen Fällen einerseits eingeschrieben in implizite oder explizite, jedenfalls selbsterklärende soziale Verträge: es bedarf keiner weiteren Rechtfertigung, warum Dick van Dyke in der nach ihm benannten Serie Tag für Tag seinen Arbeitsplatz als Autor einer Comedyshow aufsucht und noch weniger, warum er Abend für Abend zu seiner Frau Laura zurückkehrt. Andererseits kann man diese Formen der unproblematischen Wiederholung als ein Bild nehmen für gesamtgesellschaftliche Reproduktionsprozesse im Sinne von Marx / Althusser: Produktionsverhältnisse und Produktivkräfte müssen erneuert werden - und sei es vor dem Fernseher.
Eine derart schematische Darstellung wird auch den frühen Formen der Sitcom nicht in jeder Hinsicht gerecht. Hier soll sie nur auf diese Weise zugespitzt werden, um zu zeigen, dass mit der Wiederholung etwas passiert, sobald die Sitcom sich von hierarchisch organisierten Formen der Vergesellschaftung abwendet. Ab den Achtziger Jahren entstehen eine Reihe von Sitcoms, die informeller organisierte soziale Beziehungen ins Zentrum stellen: In Cheers formiert sich diese neue Form der Gemeinschaft in einer Feierabendkneipe, in Seinfeld, Friends und auch in neueren Serien wie The Big Bang Theory stehen Gruppen von Freunden im Zentrum, lose organisierte Gemeinschaften, die höchstens von informellen Kategorien wie einem gemeinsamen Milieu oder einem geteilten Habitus zusammengehalten werden.
Die Wiederholung erhält in diesen Serien eine andere Bedeutung, verwandelt sich in ein offen regressives, manchmal (Seinfeld) regelrecht asoziales Moment: nicht mehr wird Folge für Folge ein Gesellschaftsvertrag erneuert, eher geht es um eine Verstetigung des Aufschubs der Unterzeichnung. Diese Serien nisten sich ein in einer Art zweiten Adoleszenz, die dem endgültigen Eintritt ins Erwachsenen- und Familienleben vorausgeht, ihn Folge für Folge hinauszögert. Eine erfolgreiche Sozialisation würde gleichzeitig das Ende der Serie bedeuten.
Die vom Format vorgegebene Wiederholung, die in früheren Formen der Sitcom schon im Material angelegt ist, muss jetzt anders gewährleistet werden, wird zum Problem und oft genug selbst zum Thema. Die Serien müssen ihre Fortsetzbarkeit nun auf andere Art und Weise generieren. Man könnte das mit einer Analogie aus der Systemtheorie fassen: Die erfolgreiche Fortsetzung des kommunikativen Akts, der eine Serie ist, wird zunehmend unwahrscheinlicher. Die Serien antworten auf dieses Problem mit einer Komplexitätssteigerung. Genauer gesagt tun sie das, das wäre die These, die genauer zu belegen in dieser kurzen Zeit nicht möglich ist, durch ein Autonomwerden ihrer Kommunikation, durch verschiedene Formen von Ironisierung, Paradoxisierung und Reflexivität.
Um zu zeigen, was damit gemeint sein könnte, sollen hier kurz zwei in dieser Hinsicht besonders interessante Sitcom-Figuren vorgestellt werden. Zunächst ein aktuelles Beispiel: Die derzeit erfolgreichste Sitcom ist The Big Bang Theory, eine Serie über eine Gruppe befreundeter Naturwissenschaftler. Hauptattraktion der Show ist der Physiker Sheldon Cooper, der auf die Herausforderungen einer sozialen Umgebung, der diverse Selbstverständlichkeiten abhanden gekommen sind, reagiert, indem er seine sozialen Beziehungen mithilfe rigider Regelwerke kanalisiert und sein Alltagsleben einem unbedingten Wiederholungszwang unterwirft: “Wednesday is comic book night”. Insofern ist Sheldon so etwas wie der perfekte Sitcomcharakter: Die Aversion gegen Veränderung und Entwicklung, die das Genre als Ganzes ebenso prägt wie (fast) jede einzelne Serie, ist ihm zur zweiten Natur geworden. Und wird gleichzeitig als neurotisch gebranntmarkt. Das setzt sich bis ins gestische Repertoire fort.
Gleichzeitig kümmert sich Sheldon um die Fortsetzbarkeit der Serie. Im Folgenden kurzen Ausschnitt geht es darum, dass ein Mitglied des Freundeskreises, das momentan verhindert ist, durch ein anderes ersetzt werden soll. Möglichst ohne dass sich auch nur irgendetwas ändert. Sheldon überprüft das recasting (ab 1:52).
Sheldon bemöchtigt sich selbst der Verfügungsmacht über die Wiederholung und deren Voraussetzungen.
Ein komplizierterer Fall ist George Costanza aus Seinfeld. Seinfeld ist im Ganzen eine Serie über das Nichtselbstverständlichwerden des Alltäglichen, über idiosynkratische Regelwerke, die eine gewissermaßen asoziale Wiederholungsstruktur hervorbringen. An George Costanza, der in gewisser Weise radikalsten Figur der Serie, kann man die psychischen Kosten einer derartig reflexiv gewordenen Wiederholungsstruktur ablesen.
In der Episode "The Comeback" verfängt sich George in einem Netz aus korrumpierten Wiederholungen: Bei einer Arbeitsbesprechung wird ein Witz auf seine Kosten gemacht, auf den er zunächst keine Antwort, kein “comeback” parat hat. Als ihm wenig später ein solches “comeback” einfällt, versucht er verzweifelt, eine Situation herbeizuführen, die eine Fortsetzbarkeit in seinem Sinne herstellen würde. Er fliegt seinem Gesprächspartner bis nach Ohio hinterher, aber es hilft alles nichts. George gelingt es nicht, die Kontrolle über die Bedingungen der Wiederholungsschleifen zu gewinnen, in die er eingespannt ist. Die ewige Wiederkehr des unselbstverständlich gewordenen Alltags erlebt er als eine Serie von Niederlagen. (Hier die gesamte, nicht einbettbare Szenenfolge)
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Wednesday, December 12, 2012
in passing (American Eighties 25)
Road House, Rowdy Herrington, 1989
A Fine Mess, Blake Edwards, 1986
---
Wäre Road House von Rowdy Herrington (schon der Name!) noch ein wenig besser (schlecht ist er beileibe nicht) und ein bisschen weniger cheesy (Swayzes Tai-Chi-Übungen am Flussufer), dann wäre er perfekt als hinterer Teil einer Klammer um die Achtziger. Der vordere Teil wäre dann James Bridges' Urban Cowboy. Bei Bridges kommt ein Niemand aus dem Dorf in die Stadt und betritt dort eine Bar so, wie in anderen Filmen Abenteurer den Urwald betreten; er durchläuft dort einen Bildungsroman unter den Vorzeichen der unbedingten Brutalisierung. Bei Herrington zieht eine andere Art von Niemand durch die Städte und diszipliniert urwaldartige Bars, die allerdings in der Inszenierung schon vorgezähmt sind. Patrick Sawyzes Dalton, ein Drifter, der seinen Frieden mit dem System gemacht hat, der Jim Harrison liest und Kaffee trinkt, während sich neben ihm die Plebs ins Nirvana schießt, ist eine der sonderbarsten unter den vielen Yuppie-Figuren des Spätachtzigerkinos. Er hat eine Vorliebe für Regelwerke und für klare Verhältnisse, trotzdem ist er wurzellos, steht ein für eine individualistische Gleichschaltung mit blutrünstigem, knochenbrecherischem (die Kampfszenen in Totalen, das ist sehr schön) Unterton. Die Bar, die er in Tampa, Florida befriedet, ist am Ende franchisetauglich, die Bedienung uniformiert, der fun vielleicht ein Stahlbad, aber immerhin unblutig. Vielleicht ist Road House der letzte Western der Filmgeschichte.
Wade Garrett, Daltons Helfer, hat sogar einen Westernnamen und sieht so aus, wie man sich die Travoltafigur aus Urban Cowboy dreißig Jahre später vorstellen könnte. Einen blinden Gitarristen gibt es auch noch, einige bärtige Kumpels und einige eher unbärtige, aber trotzdem gerade richtig überzeichnete Bösewichter. Toll, wie breit ein straighter Prügelfilm 1989 noch aufgestellt sein konnte.
---
Auch schön: A Fine Mess von Blake Edwards, das "Drehbuch" wurde vermutlich an einem Nachmittag zwischen zwei anderen meetings auf die Rückseite eines Bierdeckels geschmiert, dann stellt man Ted Danson und ein paar alternde (und einige sehr früh gealterte) Slapstickhandwerker, die beim allerletzten Three-Stooges-Recasting zumindest die vorletzte Runde erreicht hätten, vor die Kamera und schaut, wie man die verschiedenen Türen auf dem set möglichst effektiv auf und zu schlagen kann.
Man kann das alles kaum anders als zerstreut anschauen. Ich habe mich bei einer frühen Szene gefragt, ob Danson sich jetzt gerade auf einer Pferderennbahn oder auf einem Filmset befindet. Dass es um ein Filmset geht, das eine Pferderennbahn darstellt, habe ich tatsächlich erst nach dem Ende (die schludrigste Western-Parodie der Kinogeschichte) begriffen. Ein wunderbar entspannter, gleichzeitig schlafwandlerisch souveräner und vermutlich komplett vom Golfplatz aus "hineintelefonierter" ("phoned in", das geht leider nicht so recht auf deutsch) Film. Nur die Musik, die ist leider ganz fürchterlich.
A Fine Mess, Blake Edwards, 1986
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Wäre Road House von Rowdy Herrington (schon der Name!) noch ein wenig besser (schlecht ist er beileibe nicht) und ein bisschen weniger cheesy (Swayzes Tai-Chi-Übungen am Flussufer), dann wäre er perfekt als hinterer Teil einer Klammer um die Achtziger. Der vordere Teil wäre dann James Bridges' Urban Cowboy. Bei Bridges kommt ein Niemand aus dem Dorf in die Stadt und betritt dort eine Bar so, wie in anderen Filmen Abenteurer den Urwald betreten; er durchläuft dort einen Bildungsroman unter den Vorzeichen der unbedingten Brutalisierung. Bei Herrington zieht eine andere Art von Niemand durch die Städte und diszipliniert urwaldartige Bars, die allerdings in der Inszenierung schon vorgezähmt sind. Patrick Sawyzes Dalton, ein Drifter, der seinen Frieden mit dem System gemacht hat, der Jim Harrison liest und Kaffee trinkt, während sich neben ihm die Plebs ins Nirvana schießt, ist eine der sonderbarsten unter den vielen Yuppie-Figuren des Spätachtzigerkinos. Er hat eine Vorliebe für Regelwerke und für klare Verhältnisse, trotzdem ist er wurzellos, steht ein für eine individualistische Gleichschaltung mit blutrünstigem, knochenbrecherischem (die Kampfszenen in Totalen, das ist sehr schön) Unterton. Die Bar, die er in Tampa, Florida befriedet, ist am Ende franchisetauglich, die Bedienung uniformiert, der fun vielleicht ein Stahlbad, aber immerhin unblutig. Vielleicht ist Road House der letzte Western der Filmgeschichte.
Wade Garrett, Daltons Helfer, hat sogar einen Westernnamen und sieht so aus, wie man sich die Travoltafigur aus Urban Cowboy dreißig Jahre später vorstellen könnte. Einen blinden Gitarristen gibt es auch noch, einige bärtige Kumpels und einige eher unbärtige, aber trotzdem gerade richtig überzeichnete Bösewichter. Toll, wie breit ein straighter Prügelfilm 1989 noch aufgestellt sein konnte.
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Auch schön: A Fine Mess von Blake Edwards, das "Drehbuch" wurde vermutlich an einem Nachmittag zwischen zwei anderen meetings auf die Rückseite eines Bierdeckels geschmiert, dann stellt man Ted Danson und ein paar alternde (und einige sehr früh gealterte) Slapstickhandwerker, die beim allerletzten Three-Stooges-Recasting zumindest die vorletzte Runde erreicht hätten, vor die Kamera und schaut, wie man die verschiedenen Türen auf dem set möglichst effektiv auf und zu schlagen kann.
Man kann das alles kaum anders als zerstreut anschauen. Ich habe mich bei einer frühen Szene gefragt, ob Danson sich jetzt gerade auf einer Pferderennbahn oder auf einem Filmset befindet. Dass es um ein Filmset geht, das eine Pferderennbahn darstellt, habe ich tatsächlich erst nach dem Ende (die schludrigste Western-Parodie der Kinogeschichte) begriffen. Ein wunderbar entspannter, gleichzeitig schlafwandlerisch souveräner und vermutlich komplett vom Golfplatz aus "hineintelefonierter" ("phoned in", das geht leider nicht so recht auf deutsch) Film. Nur die Musik, die ist leider ganz fürchterlich.
Friday, December 07, 2012
Hofbauerkongress: ratings und Kurzkommentare
***** Monarch, Johannes Flütsch / Manfred Stelzer, 1980
(Sinnvolleres als hier steht hier). Von Kneipe zu Kneipe mit dem Monarch, Gurken fegen, die der Geier vorher ausfindig gemacht hat. Kneipengespräche, die meisten Gäste feuern ihn - den einen, der es geschafft hat, das System nach dessen eigenen Maßstäben zu besiegen - an. Die Wirte sind sauer ("Jetzt ist aber mal Schluss"), vielleicht, weil sie, wenn sie dem Monarchen begegnen, erkennen, dass sie Teil des Systems sind. Jedes Bild trifft ins Herz der Bundesrepublik der späten Siebziger Jahre; analoge, warm vibrierende Bilder, analoge Spielautomaten. Ein Film über einen, der gleichzeitig ganz außen, außerhalb jeder sozialen Beziehung, zumindest außerhalb jeder konventionellen sozialen Beziehung (die nicht ihr eigenes Vokabular ausbildet, so sonderbar ist sie), steht und mitten im Morast steckt, im stickigen Inneren der Gesellschaft, da, wo die Biere besonders schal, die Schmalzbrote besonders widerwärtig und die Tresengespenster besonders aufdringlich sind.
Gewohnt habe ich in Nürnberg in einem anderen Relikt der alten Bundesrepublik, einer "Griechsichen Taverne mit Kegelbahn" und mit, ja, doch, "Fremdenzimmern". Seit den Siebzigern, seit der Monarch seine Runden drehte, hat sich da wenig bis nichts verändert, nehme ich an. Im Hinterhaus, hinter der vergleichsweise lebhaften Taverne, befinden sich die Zimmer, zugänglich über dunkle, aber saubere Gänge. In der Dusche roch es trotzdem seltsam, die Teppiche waren speckig, die Betten durchgelegen. Das passt nicht nur zum Monarchen (oder vielleicht eher: zu seinem Geier, der Monarch selbst würde sicher edler absteigen), sondern auch zu anderen Filmen, die ich in den drei langen Nächten gesehen haben. Ein Vorsatz fürs nächste Mal: weniger persönliche Mimikry ans Kongressprogramm.
***** Mädchen in der Sauna, Gunther Wolf, 1967
***** 48 Hrs, Walter Hill, 1982
Die Eröffnungssequenz, so ziemlich das großartigste, was das Hollywoodkino in den Achtzigern hervorgebracht hat, in ihrer Binnendramaturgie vielleicht der letzte große Western der Filmgeschichte: die Pferde, die Spiegelbrille des Gefängnisaufsehers, die Straße, über die der Indianer kommt, um seinen Kumpel zu befreien und die dann, in derselben Einstellung noch einmal aufgegriffen wird, nach der Flucht. Als zweite große Szene: das Finale, in dem sich der Himmel immer ergreifender verfärbt.
Ansonsten: Vorfreude auf Wien, ab 08.05.2013, viele, viele Achtzigerjahrefilme auf 35mm. Und dann auch, da kann ich nicht aus meiner Haut, in Originalfassungen.
***** Il merlo maschio, Pasquale Festa Campanile, 1971
Eine großartige Komödie über eine heißlaufende Neurose, die sich an immer mehr Objekte gleichzeitig bindet: an eine Frau, an ein Cello, an Fotografien, an Gnocchi und die sich doch immer nur, wie auch die Welt des Films vor der Kamera, im Kreis dreht. Ein Musiker fühlt sich vom Orchesterchef und eigentlich von der gesamten Welt übergangen und glaubt, die Welt nur wiedergewinnen zu können, wenn er seine Frau mit ihr teilt. Eine der vielen Fehlleistungen, die den Film antreiben (und gleichzeitig Woody Allens Fehlleistungen reichlich alt aussehen lassen), lässt Frau und Cello in eins fallen. Ich muss mehr italienische Komödien sehen
***** Tanja - Die Nackte von der Teufelsinsel, Julius Hofherr, 1967
Lief zusammen mit Mädchen in der Sauna, ein grandioses double feature über Frauen mit Missionen. Tanja will auf die Teufelsinsel, Tiere beobachten, nachdem ein freundlicher, aber bestimmter Mann sie erst angehalten und dann in die Geheimnisse der Tierbeobachtung eingewiesen hat. Er drängt sich nicht ihr, sondern ihr die Tiere auf. Und sie lässt es mit sich geschehen. Schon da dringen nicht nur Tierbilder (die von echtem Interesse an der Tierfotografie zeugen) in den Film ein, sondern auch Tiergeräusche, die sich schnell zu einem Klangteppich verdichten, der dem Film eine ganz eigenartige akustische Textur verleiht. Tanja landet dann auf der Insel und zieht sich aus, was ja schon der Titel versprochen hatte. Nackt beobachtet sie ein Tier nach dem anderen, übernachtet in einem Zelt, stellt Spekulationen über das Teuflische der Insel an und klettert vor allem oft auf Bäume: fragil wirken diese Szenen, sie wagt sich, ohne mit der Wimper zu zucken, auf dünnste Äste, nur um einen Blick auf eine besondere Reiherart, oder auch auf gefährliche Wildschweine zu erhaschen.
Tanja und die Tiere sind nicht im selben Raum, das kann der Film nicht verbergen. Vermutlich gab es die Tieraufnahmen vorher, Tanja wurde später hinzugefügt, musste sich also zu vorhergehenden Bildern verhalten. Manchmal gibt es direkte Parallelen, dann planscht sie im Wasser wie die Vögel, säubert sich wie die Kleintiere. Wie auch immer dieser komplett merkwürdige Film zustande gekommen ist: Es hat etwas Rührendes, wie Tanja durch Mischwälder eilt, sogar gelegentlich ins Wasser steigen muss, naiven Blödsinn erzählt (gar nicht anfangen möchte ich von einer Männerstimme, die sich auch hier - wie in Mädchen in der Sauna - einmischt und gar schreckliche Gedichte vorträgt), schließlich sogar noch Gesellschaft von zwei anderen, alsbald nackten, Mädchen erhält, nur, damit Julius Hofherr uns ein paar tolle Steinbockaufnahmen präsentieren kann.
Tanjas Kommentarstimme erwähnt auch einmal Brehms Tierleben, ein Buch, das ich von meinen Großeltern kenne und in dem ich früher viele Lieblingstiere hatte; komischerweise kann ich mich heute nur noch (und auch das nur dunkel) an eine Otter erinnern. Darin würde ich auch wieder einmal gerne blättern, nach diesem schönen Film.
**** Drei Schwedinnen auf der Reeperbahn, Walter Boos, 1980
Von allen Hofbauerkommando-Kernkompetenzfilmen (vermutlich darf man so etwas gar nicht sagen) war mir dieser der liebste; weil er der menschenfreundlichste ist; weil er tatsächlich ein wenig von Liebe erzählt, von den Schwierigkeiten der Liebe sogar; weil Sex wenigstens ein wenig softcore-gloss haben kann (anstatt, dass da die Typen mit Juckpulver traktiert werden und ihnen Ratten über den Hinterkopf laufen - wobei, auch bei Boos ist die Vergewaltigung stets nur ein, zwei Schnitte entfernt); weil in ihm Jungs auftauchen, die auch in Dominik Grafs Treffer passen würden. Es scheint auch ein Interesse durch in dem Film daran, wie Hamburg aussieht, in diesem historischen Moment, auch, wie die Stadt funktioniert, was das horny Proletenehepaar mit dem "Senator" und dessen Gattin im Nachbarhaus zu tun haben könnte. Die hardcore-Sequenz im Club ist sonderbar, da scheint einfach live eine Sex-Show abgefilmt worden zu sein, mehrere Sachen passieren gleichzeitig im Bild, so, als ob die Kamera überfordert wäre von dem ganzen Unheil, das sich da vor ihr ausbreitet, so, als wolle sie da lieber erst einmal eine möglichst neutrale Position einnehmen.
**** (sehr vorläufige Bewertung) Sünde mit Rabatt, Rudolf Lubowski, 1968
Völlig unmöglich, über diesenWahnwitz etwas halbwegs kohärentes zu schreiben, schon gar nicht nach dem ersten Ansehen. Völlig unmöglich momentan allerdings auch, mir auszumalen, was geschehen würde, wenn ich ihn noch einmal sehen müsste. Trash-Performance-Expoitation-Kriminaldrama in den Pappkulissenbordellen und auf den Dächern von Aachen und Umgebung. Jede Einstellung auf einem anderen Dach, glaube ich. Die Kullissen für die Performances bleiben dafür umso erdrückender gleich. Eine Bühne, vorne einige Tische, hinten eine Ballustrade, hinter der wiederum einige Männer platziert werden, die, ohne mit der Wimper zu zucken, die unglaublichsten Vorgänge über sich ergehen lassen. Zwischen unbeholfenem, fast schon pantomimeartigen Overacting kleine Momente der Eleganz. Kein zynisch am Markt platziertes Produkt, sondern ein handgefertigtes Werk der Liebe, kein Zweifel.
**** Io, Emmanuelle, Cesare Canevari, 1969
Ein angenehmes Gleiten durch verschiedene Erregungszustände, maximal abstrahiert vom schon noch zugrundeliegenden Narrativ (einmal wird Marcuse gekocht, das fand ich eher albern), am besten gefallen hat mir allerdings gleich (fast) die erste Einstellung, als die Kamera die Knie der Hauptdarstellerin fixiert und umkreist, so als wären ihre Beine zwei Türme, vielleicht die des World Trade Center. Ich war allerdings auch müde und die digitale Kopie gab nur eine leise Ahnung davon, wie schön der Film vermutlich auf 35mm ausschaut.
*** I fantastici 3 $upermen, Gianfranco Parolini, 1967
Schön, die Falltüren und das Trampolin. Auch da war ich ziemlich müde.
*** Lehrmädchenreport, Ernst Hofbauer, 1973
Glücklicherweise werden die anfangs einfach nur finsteren Episoden (siehe oben: die Ratten, das Juckpulver und das ist noch nicht einmal eine der allerfinstersten Szenen) mit der Zeit immer durchgeknallter. Gut aussehen tut er, der Film, auf eine comicstripartige Weise. Bekehrt bin ich aber noch lange nicht, erst recht nicht hinsichtlich:
** Intime Stunden auf der Schulbank, mashup version, Jürgen Enz, 1981
* Hvor ligger Painful City?, Lasse Spang Olsen, 1992
* First Love, Hans Billian, 1979
Meine Güte (1)
* Porno mit John Holmes, ????, ????
Meine Güte (2; in diesem Fall vor allem die Synchro) - aber alles nichts gegen:
* André schafft sie alle, Peter Fratzscher, 1985
(Sinnvolleres als hier steht hier). Von Kneipe zu Kneipe mit dem Monarch, Gurken fegen, die der Geier vorher ausfindig gemacht hat. Kneipengespräche, die meisten Gäste feuern ihn - den einen, der es geschafft hat, das System nach dessen eigenen Maßstäben zu besiegen - an. Die Wirte sind sauer ("Jetzt ist aber mal Schluss"), vielleicht, weil sie, wenn sie dem Monarchen begegnen, erkennen, dass sie Teil des Systems sind. Jedes Bild trifft ins Herz der Bundesrepublik der späten Siebziger Jahre; analoge, warm vibrierende Bilder, analoge Spielautomaten. Ein Film über einen, der gleichzeitig ganz außen, außerhalb jeder sozialen Beziehung, zumindest außerhalb jeder konventionellen sozialen Beziehung (die nicht ihr eigenes Vokabular ausbildet, so sonderbar ist sie), steht und mitten im Morast steckt, im stickigen Inneren der Gesellschaft, da, wo die Biere besonders schal, die Schmalzbrote besonders widerwärtig und die Tresengespenster besonders aufdringlich sind.
Gewohnt habe ich in Nürnberg in einem anderen Relikt der alten Bundesrepublik, einer "Griechsichen Taverne mit Kegelbahn" und mit, ja, doch, "Fremdenzimmern". Seit den Siebzigern, seit der Monarch seine Runden drehte, hat sich da wenig bis nichts verändert, nehme ich an. Im Hinterhaus, hinter der vergleichsweise lebhaften Taverne, befinden sich die Zimmer, zugänglich über dunkle, aber saubere Gänge. In der Dusche roch es trotzdem seltsam, die Teppiche waren speckig, die Betten durchgelegen. Das passt nicht nur zum Monarchen (oder vielleicht eher: zu seinem Geier, der Monarch selbst würde sicher edler absteigen), sondern auch zu anderen Filmen, die ich in den drei langen Nächten gesehen haben. Ein Vorsatz fürs nächste Mal: weniger persönliche Mimikry ans Kongressprogramm.
***** Mädchen in der Sauna, Gunther Wolf, 1967
***** 48 Hrs, Walter Hill, 1982
Die Eröffnungssequenz, so ziemlich das großartigste, was das Hollywoodkino in den Achtzigern hervorgebracht hat, in ihrer Binnendramaturgie vielleicht der letzte große Western der Filmgeschichte: die Pferde, die Spiegelbrille des Gefängnisaufsehers, die Straße, über die der Indianer kommt, um seinen Kumpel zu befreien und die dann, in derselben Einstellung noch einmal aufgegriffen wird, nach der Flucht. Als zweite große Szene: das Finale, in dem sich der Himmel immer ergreifender verfärbt.
Ansonsten: Vorfreude auf Wien, ab 08.05.2013, viele, viele Achtzigerjahrefilme auf 35mm. Und dann auch, da kann ich nicht aus meiner Haut, in Originalfassungen.
***** Il merlo maschio, Pasquale Festa Campanile, 1971
Eine großartige Komödie über eine heißlaufende Neurose, die sich an immer mehr Objekte gleichzeitig bindet: an eine Frau, an ein Cello, an Fotografien, an Gnocchi und die sich doch immer nur, wie auch die Welt des Films vor der Kamera, im Kreis dreht. Ein Musiker fühlt sich vom Orchesterchef und eigentlich von der gesamten Welt übergangen und glaubt, die Welt nur wiedergewinnen zu können, wenn er seine Frau mit ihr teilt. Eine der vielen Fehlleistungen, die den Film antreiben (und gleichzeitig Woody Allens Fehlleistungen reichlich alt aussehen lassen), lässt Frau und Cello in eins fallen. Ich muss mehr italienische Komödien sehen
***** Tanja - Die Nackte von der Teufelsinsel, Julius Hofherr, 1967
Lief zusammen mit Mädchen in der Sauna, ein grandioses double feature über Frauen mit Missionen. Tanja will auf die Teufelsinsel, Tiere beobachten, nachdem ein freundlicher, aber bestimmter Mann sie erst angehalten und dann in die Geheimnisse der Tierbeobachtung eingewiesen hat. Er drängt sich nicht ihr, sondern ihr die Tiere auf. Und sie lässt es mit sich geschehen. Schon da dringen nicht nur Tierbilder (die von echtem Interesse an der Tierfotografie zeugen) in den Film ein, sondern auch Tiergeräusche, die sich schnell zu einem Klangteppich verdichten, der dem Film eine ganz eigenartige akustische Textur verleiht. Tanja landet dann auf der Insel und zieht sich aus, was ja schon der Titel versprochen hatte. Nackt beobachtet sie ein Tier nach dem anderen, übernachtet in einem Zelt, stellt Spekulationen über das Teuflische der Insel an und klettert vor allem oft auf Bäume: fragil wirken diese Szenen, sie wagt sich, ohne mit der Wimper zu zucken, auf dünnste Äste, nur um einen Blick auf eine besondere Reiherart, oder auch auf gefährliche Wildschweine zu erhaschen.
Tanja und die Tiere sind nicht im selben Raum, das kann der Film nicht verbergen. Vermutlich gab es die Tieraufnahmen vorher, Tanja wurde später hinzugefügt, musste sich also zu vorhergehenden Bildern verhalten. Manchmal gibt es direkte Parallelen, dann planscht sie im Wasser wie die Vögel, säubert sich wie die Kleintiere. Wie auch immer dieser komplett merkwürdige Film zustande gekommen ist: Es hat etwas Rührendes, wie Tanja durch Mischwälder eilt, sogar gelegentlich ins Wasser steigen muss, naiven Blödsinn erzählt (gar nicht anfangen möchte ich von einer Männerstimme, die sich auch hier - wie in Mädchen in der Sauna - einmischt und gar schreckliche Gedichte vorträgt), schließlich sogar noch Gesellschaft von zwei anderen, alsbald nackten, Mädchen erhält, nur, damit Julius Hofherr uns ein paar tolle Steinbockaufnahmen präsentieren kann.
Tanjas Kommentarstimme erwähnt auch einmal Brehms Tierleben, ein Buch, das ich von meinen Großeltern kenne und in dem ich früher viele Lieblingstiere hatte; komischerweise kann ich mich heute nur noch (und auch das nur dunkel) an eine Otter erinnern. Darin würde ich auch wieder einmal gerne blättern, nach diesem schönen Film.
**** Drei Schwedinnen auf der Reeperbahn, Walter Boos, 1980
Von allen Hofbauerkommando-Kernkompetenzfilmen (vermutlich darf man so etwas gar nicht sagen) war mir dieser der liebste; weil er der menschenfreundlichste ist; weil er tatsächlich ein wenig von Liebe erzählt, von den Schwierigkeiten der Liebe sogar; weil Sex wenigstens ein wenig softcore-gloss haben kann (anstatt, dass da die Typen mit Juckpulver traktiert werden und ihnen Ratten über den Hinterkopf laufen - wobei, auch bei Boos ist die Vergewaltigung stets nur ein, zwei Schnitte entfernt); weil in ihm Jungs auftauchen, die auch in Dominik Grafs Treffer passen würden. Es scheint auch ein Interesse durch in dem Film daran, wie Hamburg aussieht, in diesem historischen Moment, auch, wie die Stadt funktioniert, was das horny Proletenehepaar mit dem "Senator" und dessen Gattin im Nachbarhaus zu tun haben könnte. Die hardcore-Sequenz im Club ist sonderbar, da scheint einfach live eine Sex-Show abgefilmt worden zu sein, mehrere Sachen passieren gleichzeitig im Bild, so, als ob die Kamera überfordert wäre von dem ganzen Unheil, das sich da vor ihr ausbreitet, so, als wolle sie da lieber erst einmal eine möglichst neutrale Position einnehmen.
**** (sehr vorläufige Bewertung) Sünde mit Rabatt, Rudolf Lubowski, 1968
Völlig unmöglich, über diesenWahnwitz etwas halbwegs kohärentes zu schreiben, schon gar nicht nach dem ersten Ansehen. Völlig unmöglich momentan allerdings auch, mir auszumalen, was geschehen würde, wenn ich ihn noch einmal sehen müsste. Trash-Performance-Expoitation-Kriminaldrama in den Pappkulissenbordellen und auf den Dächern von Aachen und Umgebung. Jede Einstellung auf einem anderen Dach, glaube ich. Die Kullissen für die Performances bleiben dafür umso erdrückender gleich. Eine Bühne, vorne einige Tische, hinten eine Ballustrade, hinter der wiederum einige Männer platziert werden, die, ohne mit der Wimper zu zucken, die unglaublichsten Vorgänge über sich ergehen lassen. Zwischen unbeholfenem, fast schon pantomimeartigen Overacting kleine Momente der Eleganz. Kein zynisch am Markt platziertes Produkt, sondern ein handgefertigtes Werk der Liebe, kein Zweifel.
**** Io, Emmanuelle, Cesare Canevari, 1969
Ein angenehmes Gleiten durch verschiedene Erregungszustände, maximal abstrahiert vom schon noch zugrundeliegenden Narrativ (einmal wird Marcuse gekocht, das fand ich eher albern), am besten gefallen hat mir allerdings gleich (fast) die erste Einstellung, als die Kamera die Knie der Hauptdarstellerin fixiert und umkreist, so als wären ihre Beine zwei Türme, vielleicht die des World Trade Center. Ich war allerdings auch müde und die digitale Kopie gab nur eine leise Ahnung davon, wie schön der Film vermutlich auf 35mm ausschaut.
*** I fantastici 3 $upermen, Gianfranco Parolini, 1967
Schön, die Falltüren und das Trampolin. Auch da war ich ziemlich müde.
*** Lehrmädchenreport, Ernst Hofbauer, 1973
Glücklicherweise werden die anfangs einfach nur finsteren Episoden (siehe oben: die Ratten, das Juckpulver und das ist noch nicht einmal eine der allerfinstersten Szenen) mit der Zeit immer durchgeknallter. Gut aussehen tut er, der Film, auf eine comicstripartige Weise. Bekehrt bin ich aber noch lange nicht, erst recht nicht hinsichtlich:
** Intime Stunden auf der Schulbank, mashup version, Jürgen Enz, 1981
* Hvor ligger Painful City?, Lasse Spang Olsen, 1992
* First Love, Hans Billian, 1979
Meine Güte (1)
* Porno mit John Holmes, ????, ????
Meine Güte (2; in diesem Fall vor allem die Synchro) - aber alles nichts gegen:
* André schafft sie alle, Peter Fratzscher, 1985
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Monday, December 03, 2012
Hofbauerkongress: Mädchen in der Sauna, Gunther Wolf, 1967
Die junge Frau schaut aus dem Fenster des Flugzeugs. “Finnair” steht auf dem Flügel. Sie fliegt, lernt man anschließend, nach Finnland, um eine Reportage über die finnischen Saunas zu schreiben. Weil sie das von zu Hause aus nicht kann. Der Film behauptet das nicht einfach nur, er zeigt es: Sie hat ein Blatt Papier in die Schreibmaschine eingespannt, sitzt ernsthaft vor ihrem Arbeitstisch, aber mehr als die Überschrift bekommt sie nicht hin. Also setzt sie sich, nachdem sie einige anderen Informationen über ihr Reiseziel eingeholt hat, in ein Flugzeug, schaut wieder, genauso ernsthaft, aus dem Fenster und fliegt los, nach Helsinki. Da trifft sie einen blonden jungen Mann, der sie bei der Besichtigung der Saunen begleitet. Der Ablauf eines Saunabesuchs wird vorgestellt: Schwitzen, sich Massieren lassen, Abkühlung im Eisbad. Die junge Frau vollzieht das für die Zuschauer mehrmals nach. Sie zieht sich aus und sitzt friedlich neben einer anderen jungen Frau, einer blonden (sie selbst ist brünett) mit großen Brüsten, lässt sich von einer älteren Frau seifig einschäumen, ins Eisbad traut sie sich vorerst noch nicht. Dafür blickt sie - blickt die Kamera - durchs Saunafenster auf den Steg, wenn die anderen ins Wasser springen. Später traut sie sich doch. Mehrmals wird Wasser auf heiße Steine gegossen, zweimal wird eine Saunawurst gebraten.
Der Film, der mit jeder Einstellung etwas eigenes, besonderes ausprobiert und der von zwei voice-over-Stimmen (ihrer und der eines Mannes, ihr gehören die schöneren Sätze) begleitet wird, hält sich strikt an den Arbeitsprozess der jungen Frau. Am Ende ist der Report fertig - er umfasst sechs Schreibmaschinenseiten und auch einen Vergleich mit der deutschen Saunapraxis. Da sind mehrere Frauen auf einmal im Bild, es gibt zwei verbale Spitzen gegen zu dicke Frauen. Dabei ist keine der Frauen im Bild wirklich dick. Aber es passt zur deutschen Sauna, in der alles ein wenig aggressiver ist als in der finnischen, auch der Filmschnitt. In der man nicht eingeseift, sondern durchgeknetet wird. Doch das soll nicht heißen, dass die junge Frau die deutschen Saunen nicht mag. Sie registriert lediglich ein paar Unterschiede, ihrem professionell gezügelten Enthusiasmus schadet das nicht. Saunawurst gibt es keine in Deutschland.
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