Tuesday, March 12, 2013

The Good Fairy aka Zemma, Keisuke Kinoshita, 1951


Die richtig weirden Kinoshita-Filme... gegen The Good Fairie sind alle anderen harmlos. Es geht, scheint es zuerst, um Boulevardjournalismus und die moralischen Zwickmühlen, in die der einen jungen Mann mit ungestümer Frisur manövrieren kann. Aber der junge Mann erhebt sich bald über alle Zwickmühlen, sein moralischer Extremismus unterwirft nicht sich der, sondern sich die Wirklichkeit.

Er bekommt den Auftrag, eine Frau zu suchen, die ihren Mann, einen bekannten Industriellen, verlassen hat. Schnell findet er diese Frau, während einer von vielen wunderschön gefilmten Reisen des Films (in denen sich der sonst oft in geschäftigen Redaktionsräumen und beengten familiären Wohnzimmern gefangene Film stets für eine kurze Einstellungsfolge öffnet, die dabei aber etwas Mechanisches behalten, stets zielgerichtet sind), in einem Haus, das direkt auf den Fuji blickt, der den Film leitmotivisch begleitet. Es entwickelt dann ein romantisches Viereck, dem noch die Schwester der abtrünnigen Frau und der Chef des jungen Mannes zugehören.

Der Wahnsinn, der in diesem Film steckt, schleicht sich langsam an - und es ist gewissermaßen ein aufgeklärter Wahnsinn. Einer, der sich gegen die und außerhalb der Gesellschaft formt, durch ein Übermaß an Reflexion der eigenen gleichfalls übermäßigen Gefühle, die sich nicht mehr kanalisieren lassen in die von der Tradition vorgegebenen Paarbildungen. Alles muss echten, unmittelbaren, moralischen Sinn ergeben, besprochen werden, rechtfertigt werden können (das setzt sich in die Filmsprache fort: Rückblenden sind nicht nur Erinnerungsbilder, sondern Argumente). Und zumindest einer, eben jener junge Mann mit der ungestümen Frisur, übertreibt es irgendwann mit der Selbstreflexion, wird vom empfindsamen Moralisten zum Gefühlsterroristen, der, wie seine Leidensgefährten erkennen, mit der "Stimme des Bösen" spricht.

Eigentlich möchte er sein Mädchen glücklich machen, um jeden Preis; und sie deshalb heiraten, bevor sie, die eine schwache Konstitution hat, ihren letzten Atemzug macht. Und als sie dann doch schon vorher stirbt, heiratet er sie eben trotzdem, nach ihrem Tod. Eine durchaus - auch optisch - ähnliche Figur wie der verbiesterte Burakumin in Apostasy (dazu passend veranstaltet die flächige Musik wieder einigen Terror auf der Tonspur), allerdings eine, die anders als dort nicht unwidersprochen bleibt in ihrer nach Außen gewendeten Todessehnsucht. Am Ende zwei Optionen: angesichts der neugewonnen (auch filmischen) Freiheit wählt das eine Paar die nekrophile, radikale Erfüllung, das andere den unreinen Kompromiss des vorläufigen Verzichts. Eigentlich beides fast gleich wenig anziehend, trotzdem ist das Ende nicht wirklich tragisch, nicht einmal unhappy; denn sicher ist nur, dass nichts sicher ist, die Zukunft bleibt ungestaltet und offen, bereit für den nächsten Versuch.


Ein Gefühlsterrorist


Was steckt hinter diesem Blick?

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