Schon gleich die erste Szene, in einer Bar, ist ein kleines Wunder, wie sie sich zusammensetzt aus musikalischen und erotischen Zeichen, die ständig im Fluss sind, eher Energien, die sich übertragen (oder an der Übertragung scheitern), als Identitätsbestimmungen; zum Beispiel, wenn am Ende der Szene plötzlich einer anfängt, das Lied, das im Hintergrund spielt, mitzusingen. Besonders toll sind die drei dirty old men (eher Hofbauer-Kommando als Brüderle & friends, würde ich sagen) am Tresen, die da erst entspannt vor sich hin geifern, dann langsam in Blödsinnsgespräche wegtriften: Es gibt Frauen, es gibt Damen und es gibt Weiber, erklärt der eine, aber kaum hat er sich auf den sexistischen Blödsinn eingeschossen, wird es auch schon wieder komplizierter, den die Übergänge sind fließend, von der Dame zur Frau, von der Frau zum Weib. Abgesehen haben sie es mit all dem auf die junge Frau hinter dem Tresen, die allerdings solche Avancen gewohnt ist (hier die Szene in ihrer ganzen, vor allem linguistischen Pracht). Als dann ein jüngerer Mann sich ihr nähert, nennt sie für den Tanz, um den er sie bittet, eine zunächst hohen Preis: Er müsse sie schon heiraten.
Das ist ihre Verschwörung. Die Verschwörung des jungen Mannes, der Sprössling einer degenerierten Industriellenfamilie ist, sieht so aus, dass er später, um sich im familieninternen Machtkampf Vorteile zu verschaffen, auf ihr Angebot zum Schein eingeht und sie also tatsächlich zum Tanz auffordert. Aus diesen beiden Verschwörungen heraus (und aus unverstellter sexueller Anziehung, wenn seine Hand,später im Film, über ihr Nachthemd wandert, wieder und wieder, fast manisch, ihre Rundungen abtastend) entsteht die Liebe. Über die Tanzfläche bewegen sie sich dann ganz alleine, was ihr zunächst peinlich ist; aber sie erkennt dann doch, dass die Liebe nicht zuletzt etwas ist, mit dessen Hilfe man sich vor der Welt exponieren kann, zum Subjekt wird.
Illusionen macht sich der Film bei all dem nicht. Schon der Kameraschwenk entlang des brutalistischen Fabrikgebäudes, in dem unsichtbar die Produktion weiterläuft, die die manifeste Handlung erst möglich macht, zeigt an, dass es um eine bruchlose Versöhnung von Hand und Hirn (Metropolis) nicht gehen kann. Die Szene mit der Aktionärsversammlung ist besonders hart: Minoritäre Interessen werden da mit einer wurstigen Bösartigkeit abgebügelt, mit der man auch problemlos die Demokratie abschaffen könnte. Nicht nur da wird der flüssig inszenierte, von großartigen Slapstick- und ethnic humour-Szenen durchsetzte Film von deutschtümelndem Mief heimgesucht; mit dem sich Joe May aber sehr deutlich nicht gemein macht. Eine in der historischen Rückschau gespenstische Szene ganz am Ende: Der größte Trottel des Films fährt, auf dem Rücksitzt eines Mopeds, aus dem Film heraus - in Richtung polnische Grenze.
Was 1931 im deutschen Kino alles möglich war, was diesem deutschen Kino alles verloren gegangen ist nach 1933: Das ist mir noch nie so klar geworden wie in Ihre Majestät die Liebe. Eigentlich kenne ich keinen einzigen anderen (und eben vor allem: keinen einzigen neueren) deutschen Film, der eine ähnliche erotische Leichtigkeit besitzt. Auf der Berlinale habe ich dieses Jahr Gerhard Lamprechts Einmal eine große Dame sein von 1933 gesehen, einen Film, der eine sehr ähnliche Geschichte erzählt, aber bereits in jeder einzelnen Szene den Geist des Nationalsozialismus atmet, in dem einen die Liebe nicht mehr befreit, sondern im Volkskörper aufgehen lässt. Methodologisch mag es nicht viel Sinn ergeben, aber für mich verkörpert sich in den beiden Filmen das ganze Übel des deutschen Films. Vielleicht als späte, schräge Errettung ein paar Filme aus den Sechzigern... Von Joe May zu May Spils (und dann möglicherweise zu den Melodramen Dominik Grafs)... Da sind es dann Vereinzelte, Außenseiter, Slacker, die sich gegen den Rest der Welt jene Freiheiten erkämpfen, die im deutschen Vorkriegskino noch im Gesellschaftsspiel selbst als Möglichkeit enthalten waren.
Das ist ihre Verschwörung. Die Verschwörung des jungen Mannes, der Sprössling einer degenerierten Industriellenfamilie ist, sieht so aus, dass er später, um sich im familieninternen Machtkampf Vorteile zu verschaffen, auf ihr Angebot zum Schein eingeht und sie also tatsächlich zum Tanz auffordert. Aus diesen beiden Verschwörungen heraus (und aus unverstellter sexueller Anziehung, wenn seine Hand,später im Film, über ihr Nachthemd wandert, wieder und wieder, fast manisch, ihre Rundungen abtastend) entsteht die Liebe. Über die Tanzfläche bewegen sie sich dann ganz alleine, was ihr zunächst peinlich ist; aber sie erkennt dann doch, dass die Liebe nicht zuletzt etwas ist, mit dessen Hilfe man sich vor der Welt exponieren kann, zum Subjekt wird.
Illusionen macht sich der Film bei all dem nicht. Schon der Kameraschwenk entlang des brutalistischen Fabrikgebäudes, in dem unsichtbar die Produktion weiterläuft, die die manifeste Handlung erst möglich macht, zeigt an, dass es um eine bruchlose Versöhnung von Hand und Hirn (Metropolis) nicht gehen kann. Die Szene mit der Aktionärsversammlung ist besonders hart: Minoritäre Interessen werden da mit einer wurstigen Bösartigkeit abgebügelt, mit der man auch problemlos die Demokratie abschaffen könnte. Nicht nur da wird der flüssig inszenierte, von großartigen Slapstick- und ethnic humour-Szenen durchsetzte Film von deutschtümelndem Mief heimgesucht; mit dem sich Joe May aber sehr deutlich nicht gemein macht. Eine in der historischen Rückschau gespenstische Szene ganz am Ende: Der größte Trottel des Films fährt, auf dem Rücksitzt eines Mopeds, aus dem Film heraus - in Richtung polnische Grenze.
Was 1931 im deutschen Kino alles möglich war, was diesem deutschen Kino alles verloren gegangen ist nach 1933: Das ist mir noch nie so klar geworden wie in Ihre Majestät die Liebe. Eigentlich kenne ich keinen einzigen anderen (und eben vor allem: keinen einzigen neueren) deutschen Film, der eine ähnliche erotische Leichtigkeit besitzt. Auf der Berlinale habe ich dieses Jahr Gerhard Lamprechts Einmal eine große Dame sein von 1933 gesehen, einen Film, der eine sehr ähnliche Geschichte erzählt, aber bereits in jeder einzelnen Szene den Geist des Nationalsozialismus atmet, in dem einen die Liebe nicht mehr befreit, sondern im Volkskörper aufgehen lässt. Methodologisch mag es nicht viel Sinn ergeben, aber für mich verkörpert sich in den beiden Filmen das ganze Übel des deutschen Films. Vielleicht als späte, schräge Errettung ein paar Filme aus den Sechzigern... Von Joe May zu May Spils (und dann möglicherweise zu den Melodramen Dominik Grafs)... Da sind es dann Vereinzelte, Außenseiter, Slacker, die sich gegen den Rest der Welt jene Freiheiten erkämpfen, die im deutschen Vorkriegskino noch im Gesellschaftsspiel selbst als Möglichkeit enthalten waren.