Eugenie (Historia de una perversion) / Lolita am Scheideweg, Jess Franco, 1980
Eine De-Sade-Verflimung, vermutlich sehr frei, die Handlung verschwindet allerdings eh völlig zwischen den Totalen der bizarren Architektur, in der Franco seine Frauen platziert und der Haut ohne Rahmung dazwischen. Das Mittlere, die Körper, die sich nicht mehr zur Kamera oder zueinander, sondern zu einer Geschichte verhalten, interessiert den Film kein bisschen.
Sandfiguren am Strand: nackte Frauen in Posen, die gleichzeitig aufreizend und entspannt wirken und die vom Film hernach "eingeholt" werden müssen: am Strand haben die Frauen schon die richtige Art schlaftrunkener Eleganz, die echten Frauen müssen erst noch dazu gebracht werden. Dass eine der echten Frauen die Sandfrauen am Ende kaputt macht, passt natürlich nicht so ganz zu einer solchen Lesart, aber einerseits ist das halt die wundervolle Franco-Inkonsequenz; andererseits stellen die fleischlichen Frauen vielleicht mit diesem Ende ihre Unabhängigkeit wieder her: Projektionsfläche und Fetischobjekt zu sein ist ja okay, was aber nicht geht, ist, diese Projektionen und Fetische stillzustellen, einzumauern.
Denn in Franco-Filmen haben die Frauen nichts Statueskes (die Männer manchmal schon, wenn sie sonnenbebrillt in die Ferne blicken), sie sind ständig unterwegs, kommen näher, entziehen sich wieder. Erst recht in Eugenie, einem der schönsten Franco-Filme, die ich bisher gesehen habe: Da kommt ihnen die Kamera oft extrem nahe, fokussiert auf ein sich bewegendes Schulterblatt, das sich hinter der Haut abzeichnet, auf einen Mund, der sich öffnet. Fetischobjekte, die sich von pornografischen Fixiderungen lösen, Haut ohne Rahmung, aber deshalb noch lange nicht bloße Natur, mal behängt Franco die Haut mit silbernem Schmuck, mal drapiert er vor ihr Vorhänge; jede Frau ein eigener Bildraum, ein eigenes ästhetisches System.
Les avaleuses / Entfesselte Begierde, Jess Franco, 1973
Den zweiten Franco-Film des Kongresses kannte ich schon, ich mochte ihn beim ersten Ansehen überhaupt nicht, beim zweiten nicht viel mehr. Wieder fühlte ich mich regelrecht angegangen von Lina Romays Vagina, erschlagen außerdem von einem Bettpfosten, der in einer der Romay-Betträkelszene eine zentrale Rolle spielt und der in meiner Erinnerung die Hälfte des ganzen Films eingenommen hatte, was natürlich Blödsinn ist - die entsrechende Szene dauert kaum fünf Minuten. Vielleicht liegt es daran, dass die Kamera in Les avaleuses die Frauen immer ganz besitzen möchte, aus einer Entfernung, die Kontrolle verspricht: leicht von oben blickt sie auf die Betten, wenn sie ihnen näher auf den Leib rückt, dann nur, indem sie ihnen direkt zwischen die Beine zoomt. Aggressiv fühlt sich das nicht an, aber doch etwas fantasielos.
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