Formal auffällig ist zunächst die statische Kameraführung. In den einzigen Einstellungen, in welchen eine Rekadrierung stattfindet, wird diese durch die gleichzeitige Bewegung eines Fahrzeugs begründet. Außerdem wird eine Szene fast immer in einer einzigen Einstellung aufgelöst. Diese beiden technischen Charakteristiken verweisen auf asiatische, vor allem japanische Kinotraditionen: die „unbewegliche“ Kamera Ozus und die „eine Szene = eine Einstellung“ -Technik Mizoguchis. Hier setzt Tsai-Ming Liang dieses Verfahren ein, um präzise, pointierte Aussagen über die kulturellen Wechselwirkungen innerhalb Taiwans einerseits, und zwischen Taiwan und dem Rest der Welt andererseits, zu treffen und gleichzeitig die verschiedenen Möglichkeiten der einzelnen Individuen, mit diesen kulturellen und politischen Gegebenheiten in Beziehung zu treten, aufzuzeigen.
Tsai Ming-Liangs Film behandelt die kulturelle Differenz zwischen Frankreich und Taiwan mit unterschiedlichen Methoden. Nie jedoch wählt er den einfachen Vergleich, statt dessen finden sich stets leichte Verschiebungen: Beispielsweise trinkt Hsiao-Kang auf dem Hochhausdach in seinem imaginären Paris Wein, in der nächsten Einstellung übergibt sich Shiang-Chyi – allerdings weil sie zu viel Kaffee getrunken hat. Auch die drei sich parallel entwickelnden Sexszenen, die den Höhepunkt des Films bilden, entwickeln sich aus völlig unterschiedlichen Situationen heraus und lösen sich auf verschiedene Weise auf. What time Is It There betont die Differenz, nicht nur zwischen Taiwan und Frankreich, sondern auch zwischen Truffauts Frankreich und Tsai Ming-Liangs Frankreich, sowie eine Differenz innerhalb Thailands, die dich im Generationenkonflikt zwischen Hsiao-Kang und dessen Mutter ausdrückt. Gleichzeitig sind die verschiedenen Ebenen in ständiger Interaktion begriffen, teilen bestimmte Objekte (die Armbanduhr im Falle Hsiao-Kangs und Chiang-Chyis, das Aquarium im Falle Hsiao-Kangs und seiner Mutter) und Erinnerungen. Eine Interaktion, der allerdings die Ebene der Kommunikation verwehrt bleibt – deutlich wird dies vor allem in der Mutter-Sohn Beziehung, die keine gemeinsame Sprache mehr zuzulassen scheint.
Als Reaktion auf diese scheinbare Unmöglichkeit verschiebt Hsiao-Kang seinen eigenen kulturellen Diskurs. Die unterschiedlichen Uhrzeiten sind die symbolischen Repräsentationen einer tatsächlichen Differenz, die jedoch Vergleichbarkeit in einem Maße suggerieren, wie die Wirklichkeit sie, wie What Time Is It There eindrücklich zeigt, nicht einhalten kann. Ziemlich genau in der Mitte des Films befindet sich Hsiao-Kang in einem Raum, der die Beliebigkeit der symbolischen Produktion offenlegt und noch einmal auf den gundlegenden Wiederspruch zwischen Vergleichbarkeit versprechenden Zeichensystemen und ihrer Konfronatation mit einer auf unbeherrschabaren und unvorhersehbaren Differenzen aufgebauten physischen Welt verweisen. Alle Uhren in diesem Kontrollraum zeigen unterschiedliche Zeiten an, einige gar unlesbare oder unmögliche.
2 comments:
Hi Lukas
Im Mai sonntags schon was vor?
http://z-bar.de/zinema.htm (runterscrollen)
das ist doch was für uns, oder? :)
Na klar, da führt kein Weg dran vorbei...
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