Wednesday, June 28, 2006

Dong / The Hole, Tsai Ming-liang, 1998

Das unglaublich schöne, in charmantester Weise campige Musical The Hole ist die logische Weiterentwicklung Tsai Ming-liangs vorheriger Filme. Waren Wasser und andere Flüssigkeiten in Vive L'Amour noch sparsam und gezielt eingesetzt, dass eine allegorisch bzw. symbolische Lesart möglich schien - obwohl eine genaue Analyse wohl bereits hier die Schwierigkeiten eines solchen Ansatzes offenlegen würde - zeigte bereits The River, dass Tsais Wasserobsession mit Formeln wie "bedeutet" oder "steht für" nicht mehr beizukommen sein wird; Zu deutlich rückt das flüssige Element in den Mittelpunkt aller Beziehungen und der filmischen Mise-en-scene. The Hole schließlich macht endgültig alles nass. Bereits anfangs regnet es immer und überall, das Wasser denkt gar nicht daran, vor Wänden oder Decken halt zu machen, dringt in jede Pore des Hauses, in dem die beiden Hauptfiguren ihre absonderliche Beziehung pflegen und alsbald auch in jeden Bildkader. Das Wasser erobert immer mehr Raum, dringt schließlich auch in die zuerst hermetisch von der Handlung abgeriegelten - und deshalb trockenen - Musicalsequenzen und erobert innerhalb der Diegese Zimmer um Zimmer.
Keine Allegorien, keine Metaphern, sondern Funktionen. Kuei Mei-yang sitzt auf der Toilette und fängt gleichzeitig in einer Wanne, die sie über ihrem Kopf festhält, das Wasser, welches durch die Decke tropft. Kang Sheng-lee erweitert das Loch zwischen seiner und Kueis Wohnung mithilfe iner Konstruktion, die einem Buster Keaton Film entsprungen zu sein scheint. Wundersame Transaktionen zwischen Flüssigkeiten, Körpern und Löchern allenthalben. Symbole braucht hier wirklich keiner mehr.
Stattdessen verwandelt sich das gesamte Arrangement im Laufe der Zeit in eine Art abstrakten Porno. Die meisten der Filme Tsai Ming-liangs finden ihren Höhepunkt in einer Sexszene. The Hole ist ein einziger Geschlechtsakt. Das einzige, was man daran aussetzen kann, ist, dass die Frau die ganze Zeit unten liegt. 95 Minuten Missionarstellung. Ganz am Ende wird jedoch auch für dieses Problem eine Lösung gefunden.

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