Friday, June 23, 2006

The World, Jia Zhang-Ke, 2005

The World etabliert ein stilistisches Konzept, das in mancher Hinsicht von Jia Zhang-Kes vorherigen Filmen abweicht. Die Kamera ist mehr in Bewegung, in einigen Sequenzen sind die Schwenks und Fahrten sehr dynamisch und wirken weit weniger kalkuliert als etwa in Unknown Pleasures. Wirklich subjektivierend wird die Kamera selten eingesetzt, doch einige Einstellungen bleiben in einem Schwebezustand oder wechseln fließend zwischen subjektivem und objektiven Blick, wenn etwa ein Schwenk durch einen Blick motiviert wird, die Kamera aber anschließend nicht mehr zum Blicksursprung zurückkehrt, oder ein Auto, das lange in der Mitte der Leinwand auf einer Strasse fahrend gezeigt wird, plötzlich links aus dem Bild gedrängt wird. Dieser heterogene Stil wirkt jedoch nicht irritierend, im Sinne einer Sichtbarmachung des Apparats, sondern trägt konstitutiv zu der beeindruckenden sinnlichen Erfahrung des Filmes bei, da die Abweichungen von der „objektiven“ Norm nie deutlich ausgestellt werden, sondern sich mit anderen Elementen des Films verbinden.
Zu obigem sinnlichen Erleben trägt auch die Soundspur bei. Die Melodie des diegetisch begründeten Karaokeliedes etwa springt über in den nichtdiegetische Soundtrack. Immer wieder werden einzelne Motive, visuell oder akustisch, aus ihrem Zusammenhang gelöst und tauchen an anderer Stelle wieder auf; besonders deutlich wird dies in den handygetriggerten Animationssequenzen.
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Der Park, in dem die Protagonisten leben und arbeiten, stellt in vieler Hinsicht den Traum aller Globalisierungseuphoriker dar, die das globale Dorf herbeireden und alle zeitlichen und räumlichen Grenzen aufzuheben können glauben. Die Schwebebahn, die die einzelnen Attraktionen verbindet wird zum eigentlichen Ort dieser Utopie, doch sobald die Menschen dieses Gefährt jenseits der Geschichte verlassen, treten sie wieder in den sozialen Zusammenhang und problematisieren damit den Traum vom Ende aller Differenz. Die Gespräche der Angestellten des Parks, die stets lokal spezifisch bleiben, lassen die europäischen und amerikanischen Monumente lächerlich wirken. Noch deutlicher bricht diese Utopie in sich zusammen, wenn reale Differenzen, etwa sprachlicher Natur mit den Versprechen des Parks konfrontiert werden.
Das Ende des Films führt weg aus dem Weltpark und in ein Fabrikgelände, welches den beiden Hauptfiguren möglicherweise die Gelegenheit für einen Neuanfang bietet. Ein Neuanfang an der Städte der realen Produktion, die an ihrem eigentlichen Arbeitsplatz so gut versteckt zu sein schien, sich aber im Laufe des Films immer deutlicher zu Wort meldet.

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