Die Kamera verweigert sich nie ganz den Darstellern. Die Figuren bleiben immer Bereich der größten Schärfe und manchmal folgen Schwenks den Bewegungen. Ganz selten werden Schnitte sogar durch Blicke oder Bewegungen motiviert. Allerdings gewinnen die Bilder stets einen starken Eigenwert jenseits der narrativen Motivation. Dies geschieht durch unterschiedliche Strategien, nicht nur durch die außergewöhnliche Länge der Einstellungen. Einerseits durch piktorale Anordnungen, die sich mit leichten Variationen wiederholen (vor allem Gebäude werden oft in ähnlicher Weise dargestellt), aber auch durch die Weigerung, zu rekadrieren wenn sich die Figurenanordnungen verschoben haben. Besonders deutlich wird diese Technik in einer Einstellung zu Beginn des Films: Zu sehen ist der Schulhof, die Geräusche entstammen jedoch dem Klassenzimmer. Erst der nächste Schnitt macht klar, dass die Einstellung wohl durch einen Blick motiviert war, aber ganz aufgelöst wird dies nicht.
Der Unterschied zwischen Berlin und Paris ist ein gradueller, kein qualitativer. Die Struktur der Städte – Berlin ist geprägt von viel freiem Raum zwischen den Häusern, von Grünflächen und Brachlandschaft, Paris dagegen von dicht bebauten Straßenzügen und Unmengen von Menschen in öffentlichen Verkehrsmitteln – scheint sich auf den Erzählstil auszuwirken: Die Episoden in Paris sind eher im klassischen Sinne elliptisch angelegt – wie die Filme Tsai Ming Liangs etwa –, zwar finden sich zahlreiche Auslassungen, jedoch ist es dem Zuschauer stets möglich, die Lücken in der Narration zu füllen. In Berlin dagegen funktioniert dies nicht mehr, eine zusammenhängende Erzählung will nie entstehen, Personen tauchen kurz auf und verschwinden wieder und oft kann man nicht einmal bestimmen, ob zwischen zwei Einstellungen eine Stunde, ein Tag oder eine Woche vergangen ist.
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