An dieser Stelle ab sofort wöchentlich ein Streifzug durch die On- und vor allem Off-Kinos Berlins. Vollständigkeit wird natürlich ebensowenig angestrebt wie auch nur Vorselektion, vielmehr möchte ich (nicht zuletzt auch mir selbst) einen Einstieg bieten, das reichhaltige, aber auf unterschiedlichste Spielstätten verteilte Filmprogramm so zu explorieren, wie es dies verdient hat. Denn ohne Publikum verkümmert auch die großartigste Kinolandschaft.
Selbstverständlich übernehme ich keine Garantie, dass die Filme in den korrekten Sprach- und Schnittfassungen und in ansprechenden Kopien laufen. Im Allgemeinen konzentriere ich mich auf Zelluloid-Vorführungen, DVD-Projektionen berücksichtige ich nur in Ausnahmefällen und weise dementsprechend darauf hin. Aber auch diesbezüglich kann mir natürlich der eine oder andere Fehler unterlaufen.
Die aktuellen Neustarts versprechen diese Woche nicht allzuviel. Evan Almighty beispielsweise kann zwar den großartigen und allgegenwärtigen Steve Carrell aufbieten, tendiert nach allem was ich gehört habe allerdings dennoch etwas zu stark in Richtung harmlose Familienunterhaltung. Francois Ozons Angel gegenüber bin ich rein instinktiv gar noch ein wenig skeptischer (siehe auch Ekkehard Knörers Verriss). Sehr empfehlen kann Knörer dagegen Ten Canoes (der deutsche Vereihtitel ist beträchtlich länger). Zu sehen im Arthaus-Kino Ihres Vertrauens.
Das cinephile Highlight der nächsten Wochen ist ohne Zweifel die Hou Hsiao Hsien Retrospektive im Babylon Mitte. Gezeigt werden alle Filme mit Ausnahme des kommerziellen Frühwerks, des Omnibusfilms The Sandwich Man und dem neuesten Werk Le voyage de ballon rouge. Speziell zu empfehlen sind die hierzulande äußerst selten gezeigten und auf DVD nicht greifbaren Werke aus den 80er Jahren, insbesondere der traumhafte A Time to Live and a Time To Die. Außerdem nich zu verpassen ist der unglaublich sublime Millenium Mambo, gegen den selbst Wong Kar-Wais beste Filme sich wie holpriges Handwerk ausmachen sowie HHHs vorletztes Masterpiece Three Times, welcher auch einen guten Einstieg in das Werk des Taiwanesen darstellen könnte.
Nachtrag: Außerdem findet ein Revolver-Werkstattgespräch mit "Asia's greatest living master" (Jonathan Rosenbaum; diskutabel ist hier höchstens das "Asian's") statt. (Wann allerdings genau, konnte ich nicht wirklich ausmachen, zur Auswahl stehen Freitag 20:15 (Kino Babylon), Freitag 22:00 (Michael Baute, new filmkritik) und Samstag 20:15 (hier). Diese verwirrende Informationslage wird hoffentlich noch rechtzeitig behoben. )
Nachtrag 2: Der korrekte Termin ist Freitag, 22:00, Dank an Michael Baute.
Auch ansonsten ist das Babylon Mitte diese Woche eine gute Anlaufstelle. Unter anderem laufen Filme von Bergman, Fassbinder und Haneke, sowie aus Bollywood.
Bereits seit dem 6.8. veranstaltet das b-ware Netzwerk das Festival Ausgezeichneter Sommer in der Bar 25 und auf dem Badeschiff. Meines Wissens werden ausschließlich DVD-Projektionen gezeigt. Unter anderem gibt es dort eine Retrospektive Wenzel Storchs, des letzten deutschen Autorenfilmers und Heimwerkers, zu bewundern. Nächste Woche läuft in diesem Zusammenhang sein zweites Werk Sommer der Liebe. Gesehen habe ich dieses Meisterwerk noch nicht, aber das hier spricht wol für sich selbst...
Sogar bereits seit dem 2.8. läuft im Central eine Grindhouse Reihe, die wir mit Sicherheit dem Tarantino/Rodriguez Projekt zu verdanken haben. Und tatsächlich wird unter anderem Planet Terror nächsten Mittwoch (20:00) als Preview gezeigt. Ansonsten setzt die Reihe allerdings auf 70ies Klassiker der derberen Sorte und wer immer schon mal das schwer zu empfehlende Sleaze-Epos Ilsa - She-Wolf of the SS auf der großen Leinwand sehen wollte, kommt auf seine Kosten. Auch ansonsten schreckt die alles in allem wirklich großartig programmierte Reihe vor nichts zurück, weder vor Doris Wishman, noch vor Lucio Fulci und nicht einmal vor dem guten alten Joe D'Amato, dessen Laura Gemser Vehikel Emanuelle e gli ultimi cannibali in Berlin auch nicht gerade jede Woche zur Aufführung gelangt.
Die von mir mit Abstand am häufigsten frequentierte Filmreihe Berlins, Die Freunde des schrägen Films im Babylon Mitte wagt sich ungewöhnlich weit in Richtung Kunstkino vor und zeigt den genial-deliranten El Topo, zu dem wohl weitere Kommentare überflüssig sind.
Eine weitere gute Anlaufstelle für Filme der etwas anderen Art (und wie bei den Freunden wird hier alles auf Zelluloid gezeigt) ist das Z-Inema in der Z-Bar. Am 11.08. wird dort um 21:00 Kiss My Blood aufgeführt, bei dem ich mir allerdings überhaupt nicht sicher bin, ob man ihn auch nur halbwegs empfehlen kann (schließlich handelt es sich um einen deutschen (!) Vampirfilm und dann auch noch um einen aus dem Jahr 1998). Vertrauen kann man nur auf den üblicherweise sicheren Filmgeschmack der Veranstalter.
Das Arsenal, mit Abstand das wichtigste und großartigste Kino Berlins, hat derzeit wie jeden Sommer ein etwas zurückgefahrenes Programm. Dennoch finden sich auch diese Woche zahlreiche Perlen, neben Klassikern von Tarkovsky und Dreyer unter anderem Valeska Griesebachs großartiger Sehnsucht sowie vor allem Frederic Wisemans beeindruckende Auseinandersetzung mit den demokratischen Institutionen des US-Bundesstaates Idaho State Legislature (hier eine begeisterte Kritik von Thomas).
Und schließlich startet noch am 15.08. die gute alte Nerd-Abzocke Fantasy Filmfest. Zum Auftakt wird unter anderem The Banquet gezeigt, ein Flattertuchfilm mit Zhang Ziyi, der dem Genre nach den Tiefschlägen Wu Ji und Curse of the Golden Flower vielleicht wieder neues Leben einhauchen kann.
2 comments:
Die Veranstaltung mit HHH im Babylon Mitte war zunächst für Samstag, 20:15, angekündigt. Wegen der Beerdigung von Edward Yang wird HHH aber früher abreisen. Deswegen die Terminänderung.
Freitag, 10.8.2007, 22:00, nach 3 TIMES, wurde eben als Termin via revolver-newsletter ausgegeben.
alles klar, vielen Dank für den Hinweis
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