Die liebevolle und technisch ausgezeichnete Grindhouse-Kino Emulation möchte zu keinem Zeitpunkt über die Differenz hinwegtäuschen, die sich zwischen den Originalen und der Hommage (die eine solche ohnehin nur als vielfach gebrochene zu bezeichnen ist) auftut. Ganz im Gegenteil, gerade die simulierten Fehler verweisen auf die Perfektion der Regie: Death Proof ist Tarantino in Höchstform und vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass der Film hierzulande nicht durch den in den USA vorangestellten Planet Terror des Berufskrachmachers Rodriguez kontaminiert werden kann (wobei: auch diesbezüglich lasse ich mich gerne eines besseren belehren).
Death Proof erschöpft sich nie auch nur annähernd in seinen Zitaten und die strikt binäre Struktur des Films ist vielleicht tatsächlich letzten Endes weniger postmodern als klassisch modernistisch. Ganz seltsame Dinge gelingen spielend leicht. Eine Barsequenz, die absolut nichts (oder zumindest nichts, was nicht auch in zwanzig Sekunden vermittelbar wäre) an Storyinformation liefert, streckt Tarantino über mehr als eine halbe Stunde, ohne dass auch nur eine Einstellung maniriert wirken würde und der gesamte zweite Filmabschnitt ist in all seiner Dynamik von einer durchkonzeotualisierten Sprödheit, Reduktion und Konsequenz, die in der grandiosen Schlusseinstellung ihren Höhepunkt findet.
Death Proof zeigt, anders als das überfrachtete Kill Bill-Projekt, warum Tarantino immer noch einer der besten amerikanischen Regisseure ist und in jedem Fall viel mehr als der prototypische Pomo-Filmer, als der er zumeist gehandelt wird. Denn in Death Proof scheint er mir von seinen eigenen Epigonen um einiges weiter entfernt zu sein als vom Hyperstrukturalismus eines Alain Resnais oder Tsai Ming Liangs.
Möglicherweise ist das viel zu weit hergeholt und letzten Endes nicht haltbar, aber: Würde Resnais seine Inspiration anstatt aus dem Boulevardtheater und der leichten Unterhaltungsliteratur aus den anrüchigeren Sektionen der Videotheken beziehen, könnte das Ergebnis in diesem Fall (natürlich ein gleich in mehrerer Hinsicht hypotetischer; Resnais Stil ist schließlich von seinem Sujet im Grunde nicht abzulösen) nicht zumindest tendeziell so aussehen wie Death Proof? Und ist Tsai Ming Liang nicht wenigstens hinsichtlich der Obsessivität mit der er letztlich völlig kontingente Zeichen wieder und wieder neu kombiniert mit einem Tarantino in Höchstform vergleichbar?
Natürlich unterscheidet sich Death Proof trotz seiner modernistischen Schlagseite deutlich von Tsai Ming Liang und Resnais. Tarantinos Film ist gleichzeitig mehr und weniger, vielleicht sogar aus verwandten Gründen. Denn zum einen lädt die betonte Verankerung des Films in der amerikanischen Gegenwart den Film mit einem realistischen Timbre auf, der Coeurs oder The Wayward Cloud selbstverständlich völlig fremd ist, andererseits scheint der Film stellenweise seinen Figuren und deren Obsessionen doch noch zu sehr verpflichtet zu sein. Beziehungsweise die Obsessionen der Figuren sind ein wenig zu eindeutig als die Obsessionen des Regisseurs lesbar. ... Andererseits ist natürlich gerade dies auch eine Stärke des Tarantino Kinos: Das immer schon problematische Identifikationsverhältnis zwischen Publikum, Figur und Regisseur, das jedoch stets auf der Möglichkeit eines solchen besteht, auf Kosten der Autonomie der einzelnen Sphären.
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