Ich habe dieses Jahr eine Reihe von Popmusikfilmen gesehen - ein Genre (wenn es denn überhaupt eines ist), das für gewöhnlich wenig Aufmerksamkeit von der Kritik und Publikum erhält, das jedoch, in der einen oder anderen Form, seit Jahrzehnten kontinuierlich an den Kinokassen erfolgreich ist. Es ist nicht ganz einfach zu definieren: Es gibt Filme über Popmusik, es gibt Filme mit Popmusikern, und es gibt Filme, in denen beides zusammenfällt. Manche dieser Filme sind fast schon dokumentarisch (Abba - The Movie, Lasse Halström, 1978), andere erzählen wilde, hochgradig artifizielle Räuberpistolen (Drei gegen Drei, Dominik Graf, 1985). Viele haben einen komödiantischen, manche einen melodramatischen Tonfall. Es gibt Überschneidungen mit dem Biopic (Dalida, Lisa Azuelos, 2017) und dem Schlagerfilm (Gib Gas - ich will Spaß!, Wolfgang Büld, 1983). Überhaupt stellt sich die Frage, wo der Schlager aufhört und wo die Popmusik anfängt.
Schnell zeigt sich jedenfalls: Popmusikfilme sind genauso vielseitig und als Genre genauso amorph wie Popmusik selbst. Trotzdem beginnt mich eine Bildsorte zu interessieren, über die verschiedenen Filme hinweg: die Großaufnahme. In fast allen Popmusikfilmen tauchen zahlreiche Großaufnahmen auf - und vielleicht kann man sogar sagen: die Großaufnahmen sind das popmusikalische an den Popmusikfilmen. Denn das bevorzugte Objekt der Großaufnahme in Popmusikfilmen ist die Sängerin oder der Sänger im Moment des Singens. In gewisser Weise scheint die Großaufnahme eines singenden Gesichts die visuelle Entsprechung, beziehungsweise eine visuelle Übersetzung von Popmusik zu sein.
Besonders deutlich offenbart sich mir dieser Zusammenhang in Abba - The Movie. Der Film ist, von heute aus betrachtet, in erster Linie ein Zeitdokument, ein Fenster, das einen Blick auf eine auf harmlose Art groteske Welt ermöglicht. Das gilt für die rudimentäre Spielhandlung, die sich um einen Radioreporter dreht, der Abba auf deren Australientournee hinterherreist, in der Hoffnung, ein Interview führen zu können. Es gilt - vielleicht ganz besonders - für die dokumentarischen Passagen des Films, für die Interviews mit Fans. Immer wieder artikuliert sich da die Sehnsucht nach einer saubereren, einfacheren Welt - eine Projektion, die nie so recht passen will zur offensiven Künstlichkeit und der oft nicht allzu subtilen Obszönität des Produkts Abba. Es gilt nicht zuletzt für die Konzertszenen, für die alberne Stageshow der Band. Und zumindest in meinem Fall auch für die Musik selbst, die mir, mit wenigen Ausnahmen, nicht allzu gut gefällt (mit fehlt da, zugegeben, auch jeglicher nostalgische Bezug).
Es gilt jedoch nicht für die Großaufnahmen. In den Großaufnahmen verschwindet der historische Abstand zum Film und auch meine innere Distanz zur Musik bricht in sich zusammen. Erklären kann ich das nicht wirklich. Vielleicht hat es damit zu tun, dass die Musik in der Großaufnahme an einen einzelnen Körper zurückgebunden wird, dass aus einem gerade noch frei im popkulturellen und kommerziellen Raum umherschwirrenden Song plötzlich wieder ein Medium des Ausdrucks einer einzigen, distinkten Innerlichkeit wird. Dass diese Innerlichkeit selbst nur ein Effekt ist - ein doppelter Effekt: des Songwritings und der Kameraarbeit - kümmert mich für einen Moment überhaupt nicht.
Aber eben nur: für einen Moment. Der Effekt ist nicht nur nicht stabil, er hat darüber hinaus eine äußerst kurze Halbwertzeit. (Aber er ist erstaunlicherweise wiederholbar.) Lang darf die Großaufnahme nicht stehenbleiben. Sonst beginne ich mir Gedanken über die Technik zu machen. Und gerade das will ich beim Popmusikfilm nicht. Das ist auch, nebenbei bemerkt, ein wichtiger Unterschied zum Musical: Da bewundere ich gerade das Gemachte, die Maschinerie, die Choreographie, das perfekte Ineinandergreifen von Körper- und Studiotechnik. Deshalb vermutlich ist im Musical nicht die Großaufnahme, sondern die Totale das Entscheidende. Man könnte vielleicht sogar sagen: Das Musical ist idealerweise eine einzige Totale. Die Popmusik wiederum ist keine Totale, aber sie ist auch keine ewige Großaufnahme. Eher ist sie der immer wiederkehrende Schnitt auf eine Großaufnahme, die immerwährende Anrufung einer Emphase, die sich nicht in einem fixierten emotionalen Gehalt, sondern stets nur im Moment der Anrufung erfüllt.
Schnell zeigt sich jedenfalls: Popmusikfilme sind genauso vielseitig und als Genre genauso amorph wie Popmusik selbst. Trotzdem beginnt mich eine Bildsorte zu interessieren, über die verschiedenen Filme hinweg: die Großaufnahme. In fast allen Popmusikfilmen tauchen zahlreiche Großaufnahmen auf - und vielleicht kann man sogar sagen: die Großaufnahmen sind das popmusikalische an den Popmusikfilmen. Denn das bevorzugte Objekt der Großaufnahme in Popmusikfilmen ist die Sängerin oder der Sänger im Moment des Singens. In gewisser Weise scheint die Großaufnahme eines singenden Gesichts die visuelle Entsprechung, beziehungsweise eine visuelle Übersetzung von Popmusik zu sein.
Besonders deutlich offenbart sich mir dieser Zusammenhang in Abba - The Movie. Der Film ist, von heute aus betrachtet, in erster Linie ein Zeitdokument, ein Fenster, das einen Blick auf eine auf harmlose Art groteske Welt ermöglicht. Das gilt für die rudimentäre Spielhandlung, die sich um einen Radioreporter dreht, der Abba auf deren Australientournee hinterherreist, in der Hoffnung, ein Interview führen zu können. Es gilt - vielleicht ganz besonders - für die dokumentarischen Passagen des Films, für die Interviews mit Fans. Immer wieder artikuliert sich da die Sehnsucht nach einer saubereren, einfacheren Welt - eine Projektion, die nie so recht passen will zur offensiven Künstlichkeit und der oft nicht allzu subtilen Obszönität des Produkts Abba. Es gilt nicht zuletzt für die Konzertszenen, für die alberne Stageshow der Band. Und zumindest in meinem Fall auch für die Musik selbst, die mir, mit wenigen Ausnahmen, nicht allzu gut gefällt (mit fehlt da, zugegeben, auch jeglicher nostalgische Bezug).
Es gilt jedoch nicht für die Großaufnahmen. In den Großaufnahmen verschwindet der historische Abstand zum Film und auch meine innere Distanz zur Musik bricht in sich zusammen. Erklären kann ich das nicht wirklich. Vielleicht hat es damit zu tun, dass die Musik in der Großaufnahme an einen einzelnen Körper zurückgebunden wird, dass aus einem gerade noch frei im popkulturellen und kommerziellen Raum umherschwirrenden Song plötzlich wieder ein Medium des Ausdrucks einer einzigen, distinkten Innerlichkeit wird. Dass diese Innerlichkeit selbst nur ein Effekt ist - ein doppelter Effekt: des Songwritings und der Kameraarbeit - kümmert mich für einen Moment überhaupt nicht.
Aber eben nur: für einen Moment. Der Effekt ist nicht nur nicht stabil, er hat darüber hinaus eine äußerst kurze Halbwertzeit. (Aber er ist erstaunlicherweise wiederholbar.) Lang darf die Großaufnahme nicht stehenbleiben. Sonst beginne ich mir Gedanken über die Technik zu machen. Und gerade das will ich beim Popmusikfilm nicht. Das ist auch, nebenbei bemerkt, ein wichtiger Unterschied zum Musical: Da bewundere ich gerade das Gemachte, die Maschinerie, die Choreographie, das perfekte Ineinandergreifen von Körper- und Studiotechnik. Deshalb vermutlich ist im Musical nicht die Großaufnahme, sondern die Totale das Entscheidende. Man könnte vielleicht sogar sagen: Das Musical ist idealerweise eine einzige Totale. Die Popmusik wiederum ist keine Totale, aber sie ist auch keine ewige Großaufnahme. Eher ist sie der immer wiederkehrende Schnitt auf eine Großaufnahme, die immerwährende Anrufung einer Emphase, die sich nicht in einem fixierten emotionalen Gehalt, sondern stets nur im Moment der Anrufung erfüllt.