Gleich zu Beginn macht Baker klar, wo der Hammer hängt: die lüsterne Vampirfrau stürzt sich auf den verängstigten und völlig überforderten Vampirjäger und kann nur besiegt werden, weil ihre - na klar - nackte Brust auf ein Kreuz an dessen Hals trifft.
Ende der Sechziger Jahre waren die Hammer-Studios, nach mehr als einem Jahrzehnt solider und zwischendrin auch immer wieder großartiger Genrefilmerei reif für einige Neuerungen im inzwischen, dank Blood Feast et al fast vollständig transformierten Horror-Genre. Und Baker geht zumindest streckenweise wirklich in die Vollen. Zwar gelingen ihm nur wenige Szenen so hervorragend wie die eingangssequenz, doch auch danach, lässt er tendenziell keinen Stein auf dem anderen im - natürlich bereits durch Terence Fisher grundlegend reformierten - Vampirgenre. Alleine die Filmform ist meilenweit von der kostümintensiven klassischen Hammerperiode entfernt, deren Montagekonzept meist reichlich traditionalistisch erscheint und pft genug von staren Kamerapositionen und einer fast Griffithschen Szenenauflösung geprägt ist: die Totalen werden durch vignetteartige, oft nachkolorierte Großaufnahmen unterbrochen, die Handlung entwickelt sich aus einer Abfolge solcher Set-Pieces.
Bei Baker dagegen wird die Kamera radikal aktiviert, vollzieht nicht nur Figurenbewegungen nach, sondern auch Gedankensprünge, fungiert als Stichwortgeber und agiert erstaunlich modern, ihrer Zeit tendenziell eher zwei als nur ein Jahrzehnt voraus. Das offensichtlich extrem kleine Budget wird durch indexikalisch aufgebaute Schauplätze (die Kneipe besteht nur aus einem rotnasigen Wirt und ein paar Schnapsgläsern), die in hartem Kontrast zu den ausstatungsintensiven Hammer-Klassikern stehen, sowie durch seltsame Postkartenaufnahmen reichlich beliebiger Schlösser (nie im Leben könnte jemand auf dem Gedanken kommen, dass die Innenszenen wirklich in diesen Gemäuern spielen) überspielt.
Noch deutlicher wird die Reformierung des Hammerfilms jedoch durch eine Geschlechterinversion: Nicht nur die Haupt-, sondern zumindest in den ersten beiden Filmdritteln auch ein Großteil der Nebenfiguren sind weiblich. Die Frauen, allen voran die alles dominierende Ingrid Pitt, bringen die wohlgeordnete Hammerwelt an allen Ecken und enden durcheinander: die sonst schön ineninander verschachtelten Subplots verlaufen hier oft im Sand oder kommen sich gegenseitig in die Quere, die Morde werden zunehmend willkürlicher und bizarrer, selbst die Räumlichkeiten innerhalb der Schlösser wollen sich nicht mehr Recht zu einer glaubhaften oder realistischen Diegese zusammenfügen. Dominiert wird der Film von einem größtenteils ungerichteten und ziellosen Begehren, welches sich oft in lesbischer Liebe, teilweise jedoch auch auf ganz andere Art (auch Tiere kommen vor...) äußert. So ganz scheint Baker nicht zu wissen, was er mit diesem Überschuss an Weiblichkeit anfangen soll, doch genau aus dieser seltsamen Beliebigkeit macht den reiz des Films aus: als Triebobjekt ist grundsätzlich alles denkbar, probieren geht über studieren und wenn frau dann irgendwann doch gepfählt wird hat sie wenigstens ihren Spass gehabt.
Im letzten Filmdrittel lässt der Streifen dann leider etwas nach, was vor allem daran liegt, dass die Männer wieder das Kommando übernehmen. Diese sind - zumindest im Vergleich zu Pitt und Co - höchst anachronistisch gezeichnet: Peter Cushing als Schatten und Klischee seiner selbst hat eine kleine Rolle, ein lächerliuczher Arzt wird zum Glück dann doch noch Opfer der Pitt und zu allem Überfluss gibt es auch noch einen absolut nichtssagenden romantischen Helden. Auch die Intrige nimmt leider wieder Fahrt auf, in der letzten Viertelstunde scheint der Film alle Genreklischees, die im vorherigen Teil in anarchischer Triebhaftigkeit verloren gegangen waren, nachholen zu wollen und selbst die szenische Auflösung nähert sich wieder den Hammerstandarts an (die ich natürlich sehr gerne habe, aber nicht in diesem Film). Aber macht nichts, zumindest bis kurz vor Schluss gibt Gruft der Vampire Anlass zu jeder Menge Euphorie...
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