Monday, September 25, 2006

Milchwald, Christoph Hochhäusler, 2003

Christoph Hochhäuslers Debut ist in vieler Hinsicht ein typischer Filmhochschul-Abschlussfilm mit all den Schwächen die dieser Gattung anhaften - zumindest soweit ich dies zu beurteilen vermag, im Allgemeinen vermeide ich solche Filme. Zu viele heterogene Ideen stehen nebeneinander, werden viel zu selten hierarchisiert, einzelne hervorragende Montagesequenzen stehen eine ganze Reihe betulich inszenierte, die Handlung vorantreibende Passagen gegenüber. Dadurch fallen einige stilistische Eigenwilligkeiten umso mehr auf, stehen nie im Dienst der Handlung oder eines konsequenten, produktiven ästhetischen Programms. Vor allem die Musik drängt sich immer wieder ungebührlich in den Vordergrund und verweist doch vor allem auf ein grundlegendes Missverhältnis zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Auch die flachen, strengen Einstellungen, die sich immer wieder in die Fernsehoptik einschleichen, sind für sich selbst zwar oft gelungen, verweisen aber innerhalb de Gesamtwerkes weniger auf Bresson als auf jemand, der zu oft Bresson gesehen hat - oder zu selten.
Trotz allem hat der Film seinen Reiz und bei näherem Hinsehen lässt sich der Keim dessen erkennen, was in Falscher Bekenner nur zwei Jahre später - die Entwicklung zwischen den beiden Werken ist in der tat gigantisch - zur Büte kommen wird: ein gewisses stures Beharren (oder eine beharrende Sturheit? whatever...) der Figuren, das sich in mehreren Serien kleiner Beobachtungen ausdrückt, in kleinen Variationen, die in sich recht arbiträr sind und sich in die unterschiedlichsten Richtungen ausbreiten können (in Milchwald etwa die Schuhe und die Uhr des Jungen). Ein wirkliches Ziel hat niemand, oder wenn doch, wird man eben durch obige Sturheit am erreichen desselben gehindert. Aber das Eigenbrödlerische, auf etwas lethargische Weise Irrationale eröffnet Möglichkeiten, die zielstrebiges Handeln übersehen würde.
In Falscher Bekenner passt Hochhäusler - anders als in Milchwald - auch den Stil dieser Anarchie im Kleinen, die einem auf den ersten Blick wohlgeordneten Alltag von Innen auszuhöhlen versteht, an. Auch Framing und Montagelogik werden variabler, bilden unterschiedliche Serien, durchdringen den kleinstädtischen Raum in einer Weise, die der in ihn eingeschriebenen Wertkonservativen Moral nicht offen widerspricht, sondern sie der Absurdität preisgibt.

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