Nach der Berliner Preview des Borat-Streifens (jetzt scheint sich zusätzlich ein Bruno-Film anzukündigen...) war ich eigentlich der Überzeugung, dass sich die politischen Auseinandersetzungen um das Werk nach dessen Kenntnissnahme bald in Luft auflösen. Inzwischen bin ich diesbezüglich weit weniger sicher, die Diskussionen finden sich unter anderem bei Christian zusammengefasst.
Nun bin ich selbst in diesen Fragen nicht unbedingt auf Seiten der Cohen-Fans, zumindest kann ich durchaus verstehen, wenn das Zentrum für Antiziganismusforschung oder auch stinknormale Kasachen von dem Streifen nicht allzu angetan sind. Diese Gruppen befinden sich nunmal ganz real in einer extrem peripheren Position, sei es politisch-ökonomisch oder ganz allgemein kulturell. Und wenn beispielsweise Zigeuner, die seit Generationen mit Rassismus der übelsten Sorte konfrontiert werden (und selbst heute keine nennenswerte Lobby besitzen, was man an dem geringen Medienecho des Protests ablesen kann) nicht von der Medienmaschinerie - für welche Zwecke auch immer - instrumentalisiert werden wollen, ist das zumindest zu respektieren. Diesen Leuten dann Nachhilfeunterricht in Humorverständnis oder ähnliches zu geben, ist doch eher ekelhaft, vor allem wenn man selbst westeuropäischer white male Heterosexual ist und eine ähnlich periphere Position am eigenen Leibe höchstens spüren kann, wenn man sich der falschen Jugendbewegung anschließt oder den falschen Fußballverein unterstützt. Naja, verboten werden soll der Film natürlich auf keinen Fall, eigentlich ist er aus meiner Perspektive auch ziehmlich großartig, aber halt nur aus meiner, aus anderen vielleicht doch eher eine besonders perfide Abart der Minstrel-Shows.
Aber grundsätzlich erwarte ich dennoch, dass die Proteste nach dem tatsächlichen Filmstart doch bald nachlassen. Denn der Borat-Film entzieht Kritikern jeglicher Coleur - außer vielleicht den Untergang-des-Abendlandes-Propheten, die sich in so mancher Sequenz schröcklich erregen dürften - geschickt die Argumentationsgrundlage. Die Szenen in "Kasachstan" sind in der Tat dermaßen überzogen, dass ein Imageschaden des Landes wohl kaum zu befürchten steht (wobei man eventuell fragen könnte, warum Cohen seinem Fantasieland nicht gleich einen Fantasienamen gibt) die antisemitischen und antiziganistischen Klischees denunzieren sich praktisch automatisch und selbst die Amerikakritik fällt differenzierter aus, alsman es a) von Michael Moore gewöhnt ist und b) nach dem Trailer erwarten konnte. Natürlich gibt es einige Sequenzen, die eine eindeutige Schlagrichtung erkennen lassen - vor allem in der Rodeoarena, aber auch im Van oder in der vielleicht zweitbizarrsten Szene des Films in der von extatischen Mittelklassengläubigen mit Intelligent-Design-Affinität und ohne Rhythmusgefühl besetzten Kirche, ansonsten hält sich der Film diesbezüglich deutlich zurück, näheres bei Thomas, auch in den Kommentaren.
Vor allem funktioniert die Entpolitisierung jedoch auf stilistischer Ebene. Cohens Humor ist nicht nur anarchisch, sondern, was meiner Meinung nach mindestens genauso wichtig ist, handwerklich auf hohem Niveau. Cohen entstammt nicht umsonst dem britischen Fernsehen, Weltmarktführer in dieser Disziplin zumindest in qualitativer Hinsicht und kennt sich in Sachen Timing, Running Gags, Fallhöhe und ähnlichem bestens aus. In vieler Hinsicht geht Borat mit dem Roadmovie ähnlich um, wie das großartige Viva La Bam seinerzeit mit der guten alten Soap Opera. Sowohl Magera als auch Cohen codieren alte dramaturgische Muster radikal um. Viva La Bam vermählt die Familienserie mit Jackass, Borat altbekannte Strickmuster mit einer zeitgemäßen Verion des Verstehen sie Spass-Prinzips. Ganz an die Knoxville-Magera Liga kommt Cohen allerdings immer noch nicht heran (obwohl der Fortschritt seit Ali G in da House unverkennbar ist). Die Distanz zwischen Figur und der realen Person, im Falle der Magera-Familie schlichtweg nicht mehr vorhanden, bleibt immer noch etwas zu sehr im Vordergrund, gerade in einigen der besonders deutlich gescripteten Episoden, wie etwa in der Herberge des jüdischen Ehepaares. Aus diesem Grund erwarte ich mir hiervon dann insgesamt doch noch etwas mehr als vom natürlich dennoch ziehmlich grandiosen Borat.
Monday, October 30, 2006
Friday, October 27, 2006
The Spook Who Sat by the Door, Ivan Dixon, 1973
Die beiden Blaxpoitationfilme, die Ivan Dixon anfang der Siebziger Jahre drehte, sind heute beide fast der Vergessenheit anheim gefallen. Und dass, obwohl der erste, Trouble Man, über einen der großartigsten Originalsoundtracks aller Zeiten verfügt (Marvin Gaye auf der Höhe seiner Kunst) und der zweite, The Spook Who Sat by the Door, gehört zu den ganz wenigen Genrevertretern, die eine offen politische Agenda besitzen, welche über einige wenige gutmenschelnde Ghettoklischees und "böser Polizist, gutes Polizeirevier" hinausreichen. The Spook Who Sat by the Door ist ein unzweideutiger Aufruf zum bewaffneten Kampf und vollzieht die Militarisierung der Black Power Bewegung in vollem Umfang nach - auch die Afrikanisierung der Bewegung lässt sich im Film deutlich ablesen.
In dieser Hinsicht ist Dixons Streifen höchstens mit Melvin van Peebles legendärem Sweet Sweetback's Baadasssss Song zu vergleichen. Dieser freilich nutzt die Form des Undergroundfilms, ist seines Selbstverständnisses nach Ausdruck und Aufschrei eines einzelnen Individuums, das noch weit entfernt von jeglicher Organsisationsstruktur versucht, das eigene Leben zu retten. Erst das letzte Bild verspricht einen Kampf, der von der Defensive zur Offensive übergeht. Und in der Tat kann der mithilfe von Spenden aus der schwarzen Community im Guerillastil gedrehte The Spook Who Sat by the Door als eine Art Fortsetzung des Werkes van Peebles gesehen werden, Sweetback hat seine Lektion gelernt und macht sich daran, dieselbe zu verbreiten.
Allerdings transformiert der Schritt in die Organisation die gesamte Stilistik. Die isiosynkratische Decoupage weicht einer strengen Ästhetik, die die Form des Genrefilms benutzt, sich jedoch in vielen Sequenzen fast einem Essayfilm in Sachen politischem Widerstand annähert: Dixon zeigt mit minutiöser Genauigkeit, wie die Waffen des Feindes gegen ihn selbst verwendet werden müssen, wie Verräter in den eigenen Reihen ausgeschaltet werden, welche Hilfsmittel man benutzen kann und auf welche man lieber verzichtet.
Dixon hält sich nicht auf damit, die Ungerechtigkeit des Systems zu zeigen und den Beweis zu führen, welche Gruppe Schuld daran trägt. Auch findet keine wirkliche Diskussion über die bestmögliche Taktik des Widerstands statt. Die Notwendigkeit zum bewaffneten Kampf wird vorausgesetzt, entscheidend ist nur noch die genaue Durchführung. Dass Ivan Dixon nach diesem militanten, formal erstaunlich konsequenten Traktat bis in die Neunziger Jahre hinein seine Karriere als Fernsehregisseur fortsetzen konnte, kann als kleines Wunder gelten.
In dieser Hinsicht ist Dixons Streifen höchstens mit Melvin van Peebles legendärem Sweet Sweetback's Baadasssss Song zu vergleichen. Dieser freilich nutzt die Form des Undergroundfilms, ist seines Selbstverständnisses nach Ausdruck und Aufschrei eines einzelnen Individuums, das noch weit entfernt von jeglicher Organsisationsstruktur versucht, das eigene Leben zu retten. Erst das letzte Bild verspricht einen Kampf, der von der Defensive zur Offensive übergeht. Und in der Tat kann der mithilfe von Spenden aus der schwarzen Community im Guerillastil gedrehte The Spook Who Sat by the Door als eine Art Fortsetzung des Werkes van Peebles gesehen werden, Sweetback hat seine Lektion gelernt und macht sich daran, dieselbe zu verbreiten.
Allerdings transformiert der Schritt in die Organisation die gesamte Stilistik. Die isiosynkratische Decoupage weicht einer strengen Ästhetik, die die Form des Genrefilms benutzt, sich jedoch in vielen Sequenzen fast einem Essayfilm in Sachen politischem Widerstand annähert: Dixon zeigt mit minutiöser Genauigkeit, wie die Waffen des Feindes gegen ihn selbst verwendet werden müssen, wie Verräter in den eigenen Reihen ausgeschaltet werden, welche Hilfsmittel man benutzen kann und auf welche man lieber verzichtet.
Dixon hält sich nicht auf damit, die Ungerechtigkeit des Systems zu zeigen und den Beweis zu führen, welche Gruppe Schuld daran trägt. Auch findet keine wirkliche Diskussion über die bestmögliche Taktik des Widerstands statt. Die Notwendigkeit zum bewaffneten Kampf wird vorausgesetzt, entscheidend ist nur noch die genaue Durchführung. Dass Ivan Dixon nach diesem militanten, formal erstaunlich konsequenten Traktat bis in die Neunziger Jahre hinein seine Karriere als Fernsehregisseur fortsetzen konnte, kann als kleines Wunder gelten.
Wednesday, October 18, 2006
When Worlds Collide, Rudolph Mathe, 1951
When Worlds Collide gehört sicherlich zu den respektableren Science-Fiction Filmen der Fünfziger Jahre, betrachtet man ihm im historischen Kontext. Das Genre war zu dieser Zeit im Allgemeinen von trashigen Rieseninsekten, hölzern agierenden "Wissenschaftlern" und deren hoch intellektuellen Diskursen sowie allgemein von extrem kleinen Budgets bestimmt. Klar, auch When Worlds Collide ist kein Ben Hur, die Schauspieler sind ausnahmslos B-Movie-Veteranen und die Special Effects sind zwar niedlich aber doch weit unter Harryhausen-Niveau. Insgesamt jedoch gelingt Mathe ein solider und im Vergleich zur Konkurrenz nicht einmal allzu spekulativer Endzeit-Streifen, der Fans klassischer Technicolor-Spektakel viel Freude bereiten wird.
Blendet man jedoch philologische Überlegungen aus, entsteht ein ganz anderes Bild und der Film entpuppt sich als ein noch viel unglaublicheres Werk als all die Invasions-Parnoia Streifen desselben Jahrzehnts.
Der ebenso rassistische wie puritanische Geist, der den gesamten Film durchzieht, ist nicht zu übersehen, zeitgeschichtlich bedingt und findet sich in zahllosen weiteren Werken dieser Epoche. Dass die Besatzung der amerikanischen Rakete ausschließlich aus jungen, knackigen, Windhund-Kruppstahl-tauglichen WASPs besteht, dass Männlein und Weiblein die Reisevorbereitungen -und ihr übriges Leben ebenso - strikt getrennt voneinander zustande bringen, dass das wichtigste Buch an Bord die Bibel ist und die gesammelten Werke Shakespeares eher schamhaft am hinteren ende des Regals stehen, dass die Humanismus-versus-böses-Profitstreben-Debatte des Films verlogen bis dorthinaus ist, all dies hebt den Film, beziehungsweise dessen Camp-Potential, noch nicht über das der Konkurrenz hinaus.
Vielmehr ensteht dasselbe durch ein spezifisches Produktionsdesign. Begonnen bei der UN-Versammlung, die den Erkenntnissen der amerikanischen Wissenschaftler über die baldige Vernichgtung der Erde keinen Glauben schenken mag: die dort versammelten ausländischen Vertreter bedienen rassistische Stereotype auf perfekte Weise dergestalt, dass nicht nur Hautfarbe, Kleidung, Sprache, Verhalten etc exaktdarauf ausgerichtet sind, die richtige Mischung aus harmlosem Exotizismus und verschiedenen, nicht zu offenkundigen Formen des Untermenschentums zu evozieren, sondern auch die Sitzordnung im Gremium eine genaue Einordnung der jeweiligen Geisteshaltung in minimalen Abstufungen erlaubt.
Eine perfekt herbeifantasierte UN, die sich in wunderbarer Weise in einen Film fügt, der von Anfang bis Ende eine artifizielle Kunstwelt aufbaut, die in einzelnen filmischen Anordnungen (wie etwa auch dem oben erwähnten Bücherregal) die ideologische Ausrichtung des Films potenziert (besser als es jede faschistoide Plotvolte vermag) und letztlich derart übersteigert, dass sie letzten Endes vollkommen in sich zusammenfällt. Denn die neue Welt, die die amerikanische Arche Noah erreicht, erlaubt keinerlei Befreiung aus dem puritanisch-paranoiden Korsett: der Planet Zyra, auf welchem die Überlebenden landen, ist dann tatsächlich nur noch Kullisse; Endlich ist wirklich alles gemalt.
Fragt sich nur, welche Sekte hinter diesem Werk steckt.
Blendet man jedoch philologische Überlegungen aus, entsteht ein ganz anderes Bild und der Film entpuppt sich als ein noch viel unglaublicheres Werk als all die Invasions-Parnoia Streifen desselben Jahrzehnts.
Der ebenso rassistische wie puritanische Geist, der den gesamten Film durchzieht, ist nicht zu übersehen, zeitgeschichtlich bedingt und findet sich in zahllosen weiteren Werken dieser Epoche. Dass die Besatzung der amerikanischen Rakete ausschließlich aus jungen, knackigen, Windhund-Kruppstahl-tauglichen WASPs besteht, dass Männlein und Weiblein die Reisevorbereitungen -und ihr übriges Leben ebenso - strikt getrennt voneinander zustande bringen, dass das wichtigste Buch an Bord die Bibel ist und die gesammelten Werke Shakespeares eher schamhaft am hinteren ende des Regals stehen, dass die Humanismus-versus-böses-Profitstreben-Debatte des Films verlogen bis dorthinaus ist, all dies hebt den Film, beziehungsweise dessen Camp-Potential, noch nicht über das der Konkurrenz hinaus.
Vielmehr ensteht dasselbe durch ein spezifisches Produktionsdesign. Begonnen bei der UN-Versammlung, die den Erkenntnissen der amerikanischen Wissenschaftler über die baldige Vernichgtung der Erde keinen Glauben schenken mag: die dort versammelten ausländischen Vertreter bedienen rassistische Stereotype auf perfekte Weise dergestalt, dass nicht nur Hautfarbe, Kleidung, Sprache, Verhalten etc exaktdarauf ausgerichtet sind, die richtige Mischung aus harmlosem Exotizismus und verschiedenen, nicht zu offenkundigen Formen des Untermenschentums zu evozieren, sondern auch die Sitzordnung im Gremium eine genaue Einordnung der jeweiligen Geisteshaltung in minimalen Abstufungen erlaubt.
Eine perfekt herbeifantasierte UN, die sich in wunderbarer Weise in einen Film fügt, der von Anfang bis Ende eine artifizielle Kunstwelt aufbaut, die in einzelnen filmischen Anordnungen (wie etwa auch dem oben erwähnten Bücherregal) die ideologische Ausrichtung des Films potenziert (besser als es jede faschistoide Plotvolte vermag) und letztlich derart übersteigert, dass sie letzten Endes vollkommen in sich zusammenfällt. Denn die neue Welt, die die amerikanische Arche Noah erreicht, erlaubt keinerlei Befreiung aus dem puritanisch-paranoiden Korsett: der Planet Zyra, auf welchem die Überlebenden landen, ist dann tatsächlich nur noch Kullisse; Endlich ist wirklich alles gemalt.
Fragt sich nur, welche Sekte hinter diesem Werk steckt.
Friday, October 13, 2006
The Undertaker and His Pals, T.L.P. Swicegood, 1966
Einem gewissen T.L.P. Swicegood, beziehungsweise demjenigen, der sich hinter diesem abstrusen Namen verbirgt, ist 1966 ein erstaunlich origineller B-Horrorfilm im Herschell Gordon Lewis-Stil gelungen. Jahrzehnte vor Braindead versucht sich Swicegood an einer Symbiose aus Splatter und Slapstick, allerdings keiner, die auf eine homogene Zusammenarbeit der beiden Genres zielt. Ganz im Gegenteil: In The Undertaker and His Pals stehen die einzelnen Momente strikt nebeneinander und scheinen aus gehöriger Entfernung miteinander zu kommunizieren.
Swicegood schreckt, was die Stummfilmkomikreminiszenzen angeht, vor nichts zurück, weder vor der Sahnetorte im Gesicht, noch vor einem Skateboard, das zufällig dem Bösewicht vor die Füße rollt. Besonders großartig ist jedoch die musikalische Untermalung, die eher an Laurel & Hardy Tonfilme erinnert als an Chaplin und Keaton. In absurdester Micky-Mousing Manier begleiten dämliche Soundeffekte die Figuren auf Schritt und Tritt. Höhepunkt ist eine Sequenz, in der der titelgebende Undertaker das Love Interest des Helden auf einer Hochhaustreppe verfolgt. Die Frau wird von einem Stummfilmpiano begleitet, der Mann von bedrohlichen Orgelklängen. Die Szene zieht sich über gefühlte fünf Minuten.
Wie überhaupt anzumerken ist, dass der Film trotz seiner geringen Laufzeit (knapp über eine Stunde) und einem eigentlich verhältnismäßig originellen Drehbuch gelegentlich Schwierigkeiten hat, die lange Zeit zwischen Vor- und Abspann zu überbrücken. Aber das ist ja beim guten Herschell Gordon Lewis auch nicht anders.
Swicegood schreckt, was die Stummfilmkomikreminiszenzen angeht, vor nichts zurück, weder vor der Sahnetorte im Gesicht, noch vor einem Skateboard, das zufällig dem Bösewicht vor die Füße rollt. Besonders großartig ist jedoch die musikalische Untermalung, die eher an Laurel & Hardy Tonfilme erinnert als an Chaplin und Keaton. In absurdester Micky-Mousing Manier begleiten dämliche Soundeffekte die Figuren auf Schritt und Tritt. Höhepunkt ist eine Sequenz, in der der titelgebende Undertaker das Love Interest des Helden auf einer Hochhaustreppe verfolgt. Die Frau wird von einem Stummfilmpiano begleitet, der Mann von bedrohlichen Orgelklängen. Die Szene zieht sich über gefühlte fünf Minuten.
Wie überhaupt anzumerken ist, dass der Film trotz seiner geringen Laufzeit (knapp über eine Stunde) und einem eigentlich verhältnismäßig originellen Drehbuch gelegentlich Schwierigkeiten hat, die lange Zeit zwischen Vor- und Abspann zu überbrücken. Aber das ist ja beim guten Herschell Gordon Lewis auch nicht anders.
Tuesday, October 10, 2006
Zwei Mädchen aus Istanbul / Iki genç kiz, Kutlug Ataman, 2005
Iki genç kiz bedeutet wörtlich übersetzt "Zwei Mädchen". Der deutsche Verleih fügt diesem etwas lapidaren aber im Prinzip vollkommen ausreichenden Titel zwei Worte hinzu: "aus Istanbul". Und schon wird aus einem banalen Exploitationfilm waschechte Türksploitation. Denn nun ist ja klar, was das Publikum erwarten darf: restriktives, islamisches Patriarchat trifft auf jungen, weiblichen Lebenswillen und bleibt natürlich Sieger. Istanbul, Stadt zwischen Tradition und Moderne, Kampf der Kulturen usw.
Tatsächlich werden die kulturalistischen Klischees, die der Verleihtitel bedienen möchte, vom Film dann eher weniger eingehalten, obwohl die Grundprämisse tatsächlich stimmt, den nicht vorhandenen Religionsdiskurs ausgenommen. In der Tat geht es um chauvinistische Unterdrückung und den Versuch zweier Mädchen, jeweils unterschiedlicher Formen derselben zu entkommen. Aber insgesamt ist der Film - kein Festivalklino, sonder "junges, urbanes türkisches Kino", was immer das heißen mag - eher schlecht als dumm.
Zwei Mädchen aus Istanbul ist in mancher Hinsicht Larry Clark light. Will heißen, Ataman inszeniert stellenweise fast so dynamisch wie der Amerikaner, zu großen Teilen jedoch in derselben Möchtegern-Dogma Ästhetik, die das Europäische Kino der letzten Jahre mit unschöner regelmäßigkeit heimsucht und die Exploitation-tauglichen Sequenzen beschränken sich auf einen Blowjob im Auto, eine Vergewaltigung und Mißbrauch von - nein, nicht Crack, sondern - Schlaftabletten. Ach ja, ganz sanft wird noch eine lesbische Beziehung angedeutet aber das wars dann auch schon.
Zwei Mädchen aus Istanbul ist, wie mir aus glaubwürdiger Quelle mitgeteilt wurde, die Verfilmung eines sehr schlechten Romans. Der Film umschifft zwar die meisten Peinlichkeiten, die dem Stoff eigen sind, mehr oder weniger souverän, kann allerdings nicht über dessen aufdringliche Konstruiertheit hinweg täuschen. Und ein Film über Istanbul ist er natürlich schon gleich gar nicht, sondern nur ein überambitioniertes Kammerspiel mit einem Geltungsanspruch, den es in keinem Augenblick einlösen kann. Wenn der hochdekorierte Film etwas über die Türkei aussagt, dann nur eines: Auch am Bosporus gewinnen manchmal die falschen Filme die Preise.
Tatsächlich werden die kulturalistischen Klischees, die der Verleihtitel bedienen möchte, vom Film dann eher weniger eingehalten, obwohl die Grundprämisse tatsächlich stimmt, den nicht vorhandenen Religionsdiskurs ausgenommen. In der Tat geht es um chauvinistische Unterdrückung und den Versuch zweier Mädchen, jeweils unterschiedlicher Formen derselben zu entkommen. Aber insgesamt ist der Film - kein Festivalklino, sonder "junges, urbanes türkisches Kino", was immer das heißen mag - eher schlecht als dumm.
Zwei Mädchen aus Istanbul ist in mancher Hinsicht Larry Clark light. Will heißen, Ataman inszeniert stellenweise fast so dynamisch wie der Amerikaner, zu großen Teilen jedoch in derselben Möchtegern-Dogma Ästhetik, die das Europäische Kino der letzten Jahre mit unschöner regelmäßigkeit heimsucht und die Exploitation-tauglichen Sequenzen beschränken sich auf einen Blowjob im Auto, eine Vergewaltigung und Mißbrauch von - nein, nicht Crack, sondern - Schlaftabletten. Ach ja, ganz sanft wird noch eine lesbische Beziehung angedeutet aber das wars dann auch schon.
Zwei Mädchen aus Istanbul ist, wie mir aus glaubwürdiger Quelle mitgeteilt wurde, die Verfilmung eines sehr schlechten Romans. Der Film umschifft zwar die meisten Peinlichkeiten, die dem Stoff eigen sind, mehr oder weniger souverän, kann allerdings nicht über dessen aufdringliche Konstruiertheit hinweg täuschen. Und ein Film über Istanbul ist er natürlich schon gleich gar nicht, sondern nur ein überambitioniertes Kammerspiel mit einem Geltungsanspruch, den es in keinem Augenblick einlösen kann. Wenn der hochdekorierte Film etwas über die Türkei aussagt, dann nur eines: Auch am Bosporus gewinnen manchmal die falschen Filme die Preise.
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Friday, October 06, 2006
Les Avaleuses / Entfesselte Begierde, Jess Franco, 1973
Les Avaleuses ist ein Film, der laut imdb in mindestens zwei sehr unterschiedlichen Fassungen existiert, einer blutigen und einer ohne Kleider. Leider lief im Babylon Berlin die letztere. Nicht, dass ich blutgeil wäre oder etwas gegen nackte Frauen hätte, aber was Franco hier anstellt, ist fast kriminell.
Dass Hardcore-Pornos parallel auch in einer softeren, Fernsehkompatiblen Version produziert werden, ist durchaus üblich. Franco versucht es hier andersherum: einen Softpornostoff durch ebenso konsequentes wie sinnloses Herumzoomen, hektische Kamerabewegungen und einer extrem derangiert agierenden Lina Romay irgendwie über die Schamlippengrenze zu wuchten. Ein ausgewachsener Porno wird dann zum Glück doch nicht daraus, aber die dahingehenden Versuche werden in abenteuerlich räudigen, scheinbar gar nicht enden wollenden Einstellungen präsentiert (Montage findet sowieso fast gar nicht mehr statt). Die Romay windet sich, die Kamera zommt ins Nichts, die meiste Zeit ist das Ganze auch noch unscharf und dazu ertönt der übliche Idiotenfunk (wenn ich irgendwann einmal ein Foltergefängnis baue, wird die Höchststrafe in mehrtägiger Dauerberieselung mit Franco-Soundtracks bestehen - das hält niemand durch). Die Sequenzen werden außerdem scheinbar nach dem Zufallsprinzip angeordnet, in der Tat würde es wahrscheinlich niemand auffallen, wenn die Filmrollen in der falschen Reihenfolge abgespielt würden.
Dazwischen finden sich immer mal wieder Überreste dessen, was die paar anderen Franco-Filme, die ich kenne, auszeichnet: nette Schärfeverlagerungen, stylischer 70ies Schick, trottelige Dialoge und, jaja, Landschaftsaufnahmen. Und immerhin bringt es Franco fertig, diesem Nichts von einem Film ein - kein Scheiss - Shakespeare-Zitat voranzustellen.
Ansonsten ist Les Avaleuses, zumindest in dieser Version jedoch nur dazu geeignet, einen Blick in die ganz tiefen Untiefen der Siebziger Jahre Eurotrash-Produktion zu werfen. Viel tiefer geht's wirklich nicht mehr.
Dass Hardcore-Pornos parallel auch in einer softeren, Fernsehkompatiblen Version produziert werden, ist durchaus üblich. Franco versucht es hier andersherum: einen Softpornostoff durch ebenso konsequentes wie sinnloses Herumzoomen, hektische Kamerabewegungen und einer extrem derangiert agierenden Lina Romay irgendwie über die Schamlippengrenze zu wuchten. Ein ausgewachsener Porno wird dann zum Glück doch nicht daraus, aber die dahingehenden Versuche werden in abenteuerlich räudigen, scheinbar gar nicht enden wollenden Einstellungen präsentiert (Montage findet sowieso fast gar nicht mehr statt). Die Romay windet sich, die Kamera zommt ins Nichts, die meiste Zeit ist das Ganze auch noch unscharf und dazu ertönt der übliche Idiotenfunk (wenn ich irgendwann einmal ein Foltergefängnis baue, wird die Höchststrafe in mehrtägiger Dauerberieselung mit Franco-Soundtracks bestehen - das hält niemand durch). Die Sequenzen werden außerdem scheinbar nach dem Zufallsprinzip angeordnet, in der Tat würde es wahrscheinlich niemand auffallen, wenn die Filmrollen in der falschen Reihenfolge abgespielt würden.
Dazwischen finden sich immer mal wieder Überreste dessen, was die paar anderen Franco-Filme, die ich kenne, auszeichnet: nette Schärfeverlagerungen, stylischer 70ies Schick, trottelige Dialoge und, jaja, Landschaftsaufnahmen. Und immerhin bringt es Franco fertig, diesem Nichts von einem Film ein - kein Scheiss - Shakespeare-Zitat voranzustellen.
Ansonsten ist Les Avaleuses, zumindest in dieser Version jedoch nur dazu geeignet, einen Blick in die ganz tiefen Untiefen der Siebziger Jahre Eurotrash-Produktion zu werfen. Viel tiefer geht's wirklich nicht mehr.
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