Jason Bourne rennt um die Welt und überall sieht es gleich aus. Denn Paul Greengrass lässt es überall gleich aussehen. Jede neue Stadt und damit jedes neue Handlungssegment (und es gibt viele, mein Überblick ging schon früh verloren) wird bis aufs Haar gleich eingeführt (zumindest fühlt es sich so an):
(1) Ein kurzer Pseudo-Establishing-Shot des Stadtpanoramas, sofort wieder verzerrt durch einen kurzen, harten Zoom, mal raus, mal rein, egal, wichtig ist die Bewegung und dass sich aber auch gar nichts dieser widersetzen kann.
(2) Anschließend geht es stets sofort rein in das Getümmel, irgendwo steht dann meistens ein Mensch und spricht in sein Handy.
(3) Und gewöhnlich wird dieser Mensch von einem zweiten Mensch beobachtet, allerdings bevorzugterweise nicht durch direkten Augenkontakt (der wenigstens den Anschein räumlicher Kontinuität bieten würde), sondern vermittelt durch eine technische Apparatur samt deren bildgebendem Verfahren (wird sich der moderne Actionfilm eines Tages vielleicht tatsächlich vollständig in den sich bewegenden blinkenden Markern auf LCD-Monitoren auflösen, die derzeit den Fluchtpunkt der gesamten Bildsprache dieses Genres darzustellen scheinen? The Bourne Ultimatum ist nicht der einzige Film der letzten Zeit, der dies nahe legt).
(4) Und nun beginnt sich entweder Mensch 1 oder Mensch 2 zu bewegen und löst dadurch eine Kettenreaktion anderer Bewegungen (Autos, Menschen, blinkende Marker auf LCD-Monitore, etc) aus.
The Bourne Ultimatum ist in seiner Bildsprache so schematisch (und manieriert) wie kaum ein anderer Genrebeitrag der letzten Jahre. Ironischerweise arbeitet Greengrass gleichzeitig mit den Mitteln des Dokumentarfilms und setzt insbesondere auf den Authentizitätsmarker Handkamera. Die hierdurch auftretenden Paradoxien hat Bordwell ausführlich dargelegt.
Der tonspur bleibt es auch hier vorbehalten, die diskontinuierliche Bildfolge wieder und in gewisser Weise neu zu synthetisieren. The Bourne Ultimatum setzt weniger auf die spätromantischen Melodiebögen a la John Williams als auf stärker rhythmusbetonte Electro-Soundteppiche. Nicht die Musik treibt die Bilder an. Im Gegenteil: Die Musik muss die wildgewordenen Bilder zähmen und macht sie dadurch zwar nicht wieder intellegibel, wohl aber konsumierbar. Die Warenform dringt über die Soundspur immer tiefer in die Bilder ein.
Virtuos gehen immer wieder Straßenlärm und Kampfgeräusche in Electrorhythmen über. Überhaupt ist vieles virtuos in The Bourne Ultimatum. Wirklich gut ist der Film jedoch nur in einzelnen Sequenzen. Während der mit Abstand gelungensten Actionsequenz (in Nordafrika) etwa, in welcher sich unterschiedliche Verfolgungsjagden und Überwachungssysteme überlagern und von der dynamischen Montage schließlich doch noch alle eingefangen werden. Oder während der obligatorischen hyperkinetischen Autoszene, die hier allerdings nicht auf einer Autobahnbrücke, sondern mitten im innerstädtischen Berufsverkehr stattfindet und dabei nur umso mehr knallt.
Ansonsten ist der Film denn doch eine recht zähe Angelegenheit, vor allem, wenn Storyentwicklung angesagt ist. Denn Interesse für die Vergangenheit ausgerechnet Matt Damons aufzubringen (oder für die auch hier wieder einmal völlig egale Julia Stiles), fällt mir doch recht schwer in einem Film, der selbst in seiner Gegenwart abgesehen von den unterschiedlichen Farben der blinkenden Marker auf den LCD-Monitoren kaum Unterscheidungsmerkmale anbietet in Bezug auf einzelne Menschen oder gar ganze Städte.
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