Tuesday, September 04, 2007

Kardiogramma, Darezhan Omirbayev, 1995

Zhasulan wohnt mit seinen Eltern mitten im Kasachischen Nirgendwo und muss einen Generator anwerfen, wenn er nackte Frauen sehen möchte. Später genügt ihm ein Loch in der Dusche des Krankenhauses. Doch bevor es soweit ist, steht er mit seiner Mutter auf einer Steppe wie einst Cary Grant in North by Northwest. Darezhan blickt zum Horizont und die Kamera blickt in alle möglichen Richtungen. Doch diesmal kommt kein Flugzeug, sondern nur der Bus.
Eine Steppe sieht aus wie die andere. Auch die Gänge und Treppen im Krankenhaus wiederholen sich eher, als dass sie sich von einander unterscheiden würden. Und wohin sie jeweils führen, ist im einzelnen schwer zu sagen. Im Zweifelsfall zu weiteren Gängen oder Treppen, manchmal in die Dusche, in welcher Zhasulan nackte Frauen beobachten kann und manchmal in den Schlafsaal, in welchem er seltsame Dinge träumt. Seltener führen die Treppen und Gänge ins Freie. Wahrscheinlich führen sie überhaupt nirgends hin, sondern sind Teil eines Ortes, der für die meisten mehr Ziel als Weg ist und aus welchem man nur entkommt, wenn man wie Zhasulan am Ende die völlige Dunkelheit und Unsicherheit wählt.
Doch bevor es soweit ist, unterhält sich ein Arzt mit einer Krankenschwester über Fußball. Ob Pele ein besserer Spieler sei oder Maradona. Später, während Zhasulan sein Talent zum Tormann entdeckt, zeigt Kardiogramma dann, wie grausam und brutal Fußball sein kann. Jeder Schuss ein Schnitt.
Doch in Kardiogramma ist nicht nur Fußball potentiell brutal, sondern auch die Filmsprache selbst. Vor allem die Montage (und insbesondere POV): Jeder Schnitt ein Schuss.

Kardiogramma ist jetzt, auf einer DVD mit dem gleichfalls bezaubernden Kairat, im Videodrom entleihbar.

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