In den frühen 40er Jahren hat Dwan scheint mir, ein eigenes Genre begründet, in Windeseile zur Blüte gebracht, und dann wieder fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel. Dwamericanas könnte man diese Filme nennen, die eine höchst synthetische Art von Volkstümlichkeit zum Thema haben und allesamt in einem Zwischenbereich von Showbusiness und Kleinstadtamerika angesiedelt sind. Und in allen Filmen wirken in zentralen Rollen Stars mit, deren Popularität sich nicht auf das Kino begrenzt: Der Kinderstar Shirley Temple in Young People (1940), die multimedial aktiven Comedians Jack Oakie und Milton Berle in Rise and Shine (1941), die Radiostars Edgar Bergen, Jim Jordan / Fibber McGee, Marian Jordan / Molly und Harold Peary / Gildersleeve erst in Look Who's Laughing (1941) und dann noch einmal in Here We Go Again (1942), schließlich eine ganze Horde von Entertainern in Around the World (1943), der freilich nur noch halb in die Reihe passt, weil er sich ganz auf die Seite des Showbusiness schlägt.
Dwan versucht gerade nicht, die Stars ins Kino zurück zu holen, oder sie dort dingfest zu machen; Ihn interessiert an ihnen gerade die Aspekte, die das Kino aufsprengen. Das dabei aber nicht kaputt gemacht, sondern lediglich neu, anders zusammen gebaut wird. Look Who's Laughing stellt die Frage: Wie bekommt man eine Geschichte um einen professionellen Bauchredner, der die Hochzeit seiner Assistentin verhindern will, mit einer anderen Geschichte zusammen, in der ein schusseliger Ehemann (der jedesmal, wenn er die Treppe zum Wohnzimmer herunter- oder heraufläuft, den Knauf des Treppengeländers umstöpselt, um seiner Frau anzuzeigen, wo er sich gerade befindet) in seiner Heimatstadt eine Fabrik bauen will? Antwort: mithilfe einer ausufernden, aeronautischen Actionsequenz, in deren Verlauf der Bauchredner im freien Flug von einem Flugzeug ins andere klettert.
Alle genannten Filme haben selbst für Dwan-Verhältnisse ausgesprochen durchgeknallte Plots. Der Höhepunkt dieser kleinen Serie ist Rise and Shine (1941). Da ergibt endgültig gar nichts mehr auch nur den geringsten Sinn - und doch passt alles zusammen. Das lose und gründlich hohle, aber gleichzeitig quicklebendige Zentrum bildet ein College-Footballstar (Oakie), der eine Geschichtsprüfung bestehen muss, um weiter an der Uni und damit im Footballteam bleiben zu können - und der dabei von der gesamten Kleinstadt, in der er wohnt, unterstützt wird. In einer Szene rückt tatsächlich die ganze Stadt an, um sich vor seinem Fenster aufzustellen und ihm ein Ständchen zu singen, wie der Minnesänger seiner Angebeteten. Eine Liebesgeschichte zwischen einer Stadt und einem wohlgenährten, kognitiv nicht allzu fitten Sportstar (der sich nicht einmal das Jahr merken kann, in dem Amerika entdeckt wurde und der ohne irgendeine Rechtfertigung panische Angst vor Staudämmen hat).
"They're serenading Boley, when he should be sleeping", jammert Linda Darnell, die eifersüchtige Cheerleaderin, die Oakie gerne für sich alleine haben würde. Aber vielleicht eher als ein Spielzeug oder einen Teddybären denn als einen Liebhaber. Darnell ist ihrerseits fantastisch und eine der Hauptenergiequellen dieses durch und durch manischen Films. Ihre Cheerleaderroutinen treiben nicht einfach einen einzelnen Spieler oder ein Team an, sondern die gesamte Stadt, den gesamten Film. Der Titel, Rise and Shine, meint: Auch Du hast heute die Chance, Dich zum Affen zu machen. Und wie sie das machen! In Abwesenheit einer strukturierenden, hierarchisierenden narrativen Ursache-Wirkungs-Logik müssen die Figuren ihre Anwesenheit anderweitig rechtfertigen. Jeder trägt seine eigene Marotte in den Film, beziehungsweise in die ihrerseits ganz und gar nicht chaotischen Einstellungen hinein. Hinten links ist noch ein Platz frei. Oft hat man den Eindruck: Je unwahrscheinlicher die Marotte einer Figur und je konsequenter die Ausprägung der Marotte, desto mehr Respekt bringen ihr die anderen Figuren entgegen. Am allerkonsequentesten ist dann doch Oakie selbst, der ganz am Ende auf dem Footballfeld Staudammbrüche zu halluzinieren beginnt.
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Dwan versucht gerade nicht, die Stars ins Kino zurück zu holen, oder sie dort dingfest zu machen; Ihn interessiert an ihnen gerade die Aspekte, die das Kino aufsprengen. Das dabei aber nicht kaputt gemacht, sondern lediglich neu, anders zusammen gebaut wird. Look Who's Laughing stellt die Frage: Wie bekommt man eine Geschichte um einen professionellen Bauchredner, der die Hochzeit seiner Assistentin verhindern will, mit einer anderen Geschichte zusammen, in der ein schusseliger Ehemann (der jedesmal, wenn er die Treppe zum Wohnzimmer herunter- oder heraufläuft, den Knauf des Treppengeländers umstöpselt, um seiner Frau anzuzeigen, wo er sich gerade befindet) in seiner Heimatstadt eine Fabrik bauen will? Antwort: mithilfe einer ausufernden, aeronautischen Actionsequenz, in deren Verlauf der Bauchredner im freien Flug von einem Flugzeug ins andere klettert.
Alle genannten Filme haben selbst für Dwan-Verhältnisse ausgesprochen durchgeknallte Plots. Der Höhepunkt dieser kleinen Serie ist Rise and Shine (1941). Da ergibt endgültig gar nichts mehr auch nur den geringsten Sinn - und doch passt alles zusammen. Das lose und gründlich hohle, aber gleichzeitig quicklebendige Zentrum bildet ein College-Footballstar (Oakie), der eine Geschichtsprüfung bestehen muss, um weiter an der Uni und damit im Footballteam bleiben zu können - und der dabei von der gesamten Kleinstadt, in der er wohnt, unterstützt wird. In einer Szene rückt tatsächlich die ganze Stadt an, um sich vor seinem Fenster aufzustellen und ihm ein Ständchen zu singen, wie der Minnesänger seiner Angebeteten. Eine Liebesgeschichte zwischen einer Stadt und einem wohlgenährten, kognitiv nicht allzu fitten Sportstar (der sich nicht einmal das Jahr merken kann, in dem Amerika entdeckt wurde und der ohne irgendeine Rechtfertigung panische Angst vor Staudämmen hat).
"They're serenading Boley, when he should be sleeping", jammert Linda Darnell, die eifersüchtige Cheerleaderin, die Oakie gerne für sich alleine haben würde. Aber vielleicht eher als ein Spielzeug oder einen Teddybären denn als einen Liebhaber. Darnell ist ihrerseits fantastisch und eine der Hauptenergiequellen dieses durch und durch manischen Films. Ihre Cheerleaderroutinen treiben nicht einfach einen einzelnen Spieler oder ein Team an, sondern die gesamte Stadt, den gesamten Film. Der Titel, Rise and Shine, meint: Auch Du hast heute die Chance, Dich zum Affen zu machen. Und wie sie das machen! In Abwesenheit einer strukturierenden, hierarchisierenden narrativen Ursache-Wirkungs-Logik müssen die Figuren ihre Anwesenheit anderweitig rechtfertigen. Jeder trägt seine eigene Marotte in den Film, beziehungsweise in die ihrerseits ganz und gar nicht chaotischen Einstellungen hinein. Hinten links ist noch ein Platz frei. Oft hat man den Eindruck: Je unwahrscheinlicher die Marotte einer Figur und je konsequenter die Ausprägung der Marotte, desto mehr Respekt bringen ihr die anderen Figuren entgegen. Am allerkonsequentesten ist dann doch Oakie selbst, der ganz am Ende auf dem Footballfeld Staudammbrüche zu halluzinieren beginnt.
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