Friday, August 12, 2005

Tsui Hark Triple Feature

Als Einstimmung auf Seven Swords, der hoffentlich bald Deutschland erreichen wird, habe ich mir drei Filme des Altmeisters zu Gemüte geführt, die mir noch unbekannt waren.
Der erste Film, das frühe Jet Li Vehikel The Master ist eine echte Katastrophe. Tsui Hark macht hier alles falsch was man nur falsch machen kann, vom Casting über die ziellos mäandernde Story hin zu den meist unmotiviert geschnittenen Kampfszenen. Als Lis Gegenspieler "brilliert" die B-Action Dutzendware Jerry Trimble mit einem 1A Fokuhila in ihrer ersten Rolle und der Rest des Cast ist (ausgenommen Jet Li) fast noch schrecklicher. Das Los Angeles welches Tsui Hark erschafft erscheint als eine einzige Ansammlung von kampfsportbesessener Knallchargen und asexuellen, dumme Sprüche klopfender Frauen. The Master ist der erste einer Reihe von Versuchen des Regisseurs, in den USA Fuss zu fassen. Zwar ist er wohl nie so vollständig gescheitert wie hier, doch macht dieser Film deutlich, dass Tsui Hark grundsätzliche Probleme hat, die amerikanische Lebensart zu adaptieren.
Viel wohler fühle ich mich in seinem Frühwerk All the Wrong Clues, welches eine Arbeit in seinem Lieblingsgenre (oder zumindest in dem, in welchem er am fähigsten ist) darstellt, nämlich in der Screwballkomödie. Mit unglaublicher Leichtigkeit zeigt er auch dem gut zwei Jahrzehnte später entstandenen, ästhetisch wie thematisch ähnlichen Kung Fu Hustle wo der Hammer hängt. Zwar ist der Film deutlicher als The Master vom amerikanischen Kino beeinflusst, allerdings stellt Tsui Hark die zahlreichen Film Noir und Gangster Klischees in einer Weise dar, die 100% Hong-Kong Kino ist. Denn auch wenn die Figur des zwergwüchsigen Inspektor an Groucho Marx und die des tollpatschigen Detektivs von fern an Jerry Lewis erinnert, bleibt festzuhalten: eine so perfekte und dynamische Mischung aus vulgärem Humor und Genreparodie hat Hollywood auch zu seinen besten Zeiten nicht erschaffen. Gemeinsam mit dem noch ein wenig genialeren Shanghai Blues und dem Wuxia Klassiker Zu stellt All the Wrong Clues das Kernstück Tsui Harks früher Arbeit im populären Film dar. So gut wie in diesen Filmen aus der ersten Hälfte der 80ern war er nie wieder.
Time and Tide schliesslich war ein kommerziell nicht allzu erfolgreicher Versuch, einen High-Profile Film mit den Mitteln der Hong-Kong Bildsprache zu drehen, der sich mit den aktuellen Hollywood Blockbustern messen kann. Gescheitert ist der Film wohl weniger an den Amerikanern als an der lokalen Konkurrenz durch Infernal Affairs, dem lokalen Topseller des Jahres 2000, der freilich im rückblickenden Vergleich in ästhetischer Hinsicht Tsui Harks Werk deutlich unterlegen ist. Infernal Affairs ist eines jener Werke, die den Formeln der erfolgreichen Filmen aus den späten 80ern und frühen 90ern misstrauen und eher auf Amerika schielen (ein Trend der eventuell 1996 mit Big Bullet begann), wobei der Film natürlich nicht schlecht ist. Aber wie alle diese auf Charakterentwicklung zentrierten, logisch aufgebauten Werke tendiert auch hier der Inhalt dazu, die Form einzuengen, der Überschuss an Kinetik, der das Hong-Kong Kino in seiner Blütezeit auszeichnet, ist nicht mehr im selben Maße spürbar. So ist ein US Remake dieses Tsui Hark Werkes kaum vorstellbar, schon gar nicht von einem Dinosaurier wie Scorsese. Time and Tide ist anders. Der Stil verschlingt sowohl die Story als auch deren Auflösung, die zirkuläre Handlung findet fast nur zwischen den Bildern statt und erreicht dennoch stellenweise eine fieberhafte Intensität, die man im traditionellen Erzählkino vergeblich sucht. Der Film ist in seiner Ästhetik seiner Zeit dermaßen weit voraus, dass man daran zweifeln kann, ob er jemals eingeholt wird. So ist er vielleicht eher als avantgardistisches Experiment zu würdigen denn als Revolution des Erzählkinos. In jedem Fall beweißt er, dass mit Tsui Hark auch in diesem Jahrtausend zu rechnen sein wird.

1 comment:

Anonymous said...
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